18.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Amtsgericht München Urteil07.02.2013

Erhebliche Mangel­haf­tigkeit einer Ware berechtigt zum Rücktritt vom VertragIm einzelnen betrachtete zahlreiche unerhebliche Mängel können bei Gesamtschau als erhebliche Mängel eingestuft werden und zum Rücktritt berechtigen

Mängel einer Werkleistung, die einzeln gesehen nicht erheblich sind, können zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen, wenn sie in der Gesamtschau als nicht unerheblich anzusehen sind. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts München hervor.

Im zugrunde liegenden Fall bestellte der spätere Kläger Anfang Juni 2010 eine Aluminium-Haustür. Diese wurde im September 2010 montiert und mit 5.485,90 Euro abgerechnet. Der Besteller zahlte darauf die Hälfte, also 2.742,95 Euro. Bei näherer Überprüfung stellte er schließlich einige Mängel fest und monierte sie bei dem Werkunternehmer.

Gutachter stellt zahlreiche Mängel an der neu eingebauten Haustür fest

Dieser lehnte eine Nachbesserung ab. Daraufhin erholte der Auftraggeber ein Gutachten. Der Gutachter stellte folgende Mängel fest: Undichtigkeit der Tür im Sockelbereich auf Grund einer fehlerhaften Installation/Einpassung der Haustüre; kein Einbau eines Standard-Profi-Zylinder mit Not- und Gefah­ren­funktion; keine Einpassung der Verbin­dungsnähte des linken Seitenteils der Haustür mittels der vom Profil­sys­tem­lie­fe­ranten Schüco vorge­schriebenen Fräsung; die Abdeckrosette beim Schlüsselloch befindet sich nicht genau mittig auf der Ausfräsung, da die Ausfräsung für den Profilzylinder im Profil und die Bohrung in der äußersten Profilwandung nicht exakt übereinander liegen; die Höhe des Edelstahl­so­ckelblechs ist 5 cm höher als die Oberkante des Sockelprofils des Festfeldes.

Türhersteller verneint Recht des Kunden zum Rücktritt vom Werkvertrag

Daraufhin trat der Besteller vom Werkvertrag zurück und verlangte seine 2.742,95 Euro wieder. Der Türhersteller weigerte sich zu bezahlen. Die Mängel seien nicht wesentlich, teilweise nur optisch und würden zum Rücktritt nicht berechtigen.

Kunde hat Anspruch auf Rückzahlung des Werklohns Zug um Zug gegen Rückgabe der Haustüre

Der Auftraggeber erhob Klage vor dem Amtsgericht München. Die zuständige Richterin gab ihm Recht. Der Kläger habe in berechtigter Weise den Rücktritt vom Werkvertrag erklärt. Es stehe ihm daher der Anspruch auf Rückzahlung des bereits hälftig gezahlten Werklohns Zug um Zug gegen Rückgabe der Haustüre zu.

Mängel sind zusam­men­ge­nommen betrachtet von nicht unerheblicher Natur

Die eingebaute Haustüre sei, wie der Sachverständige ausgeführt habe, nicht frei von Sachmängeln. Diese Mängel berechtigten den Kläger zum Rücktritt, da sie alle zusam­men­ge­nommen nicht unerheblicher Natur seien. Bei der Beurteilung dieser Frage müsse eine umfassende Inter­es­se­n­ab­wägung vorgenommen werden. Dabei sei der für eine Mängel­be­sei­tigung vorzunehmende Aufwand, die technische und ästhetische Beein­träch­tigung sowie ein mögliches Mitverschulden eines Bestellers zu berücksichtigen. Von einer Erheblichkeit eines Mangels könne im Allgemeinen gesprochen werden, wenn die Kosten der Beseitigung des Mangels 10 % der vereinbarten Gegenleistung ausmachten.

Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten belaufen sich laut Sachver­ständigen auf fast 1/5 der Gesamtkosten der Haustür

Der Sachverständige halte in seinem Gutachten Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten bezüglich des ersten Mangels in Höhe von 90 Euro, bezüglich des zweiten Mangels in Höhe von 72,50 Euro für erforderlich. Daher würden diese Mängelpunkte für sich allein gesehen einen Rücktritt mangels Erheblichkeit nicht rechtfertigen. Für den dritten Mangelpunkt - Verfüllung der offenen Fuge am stumpfen Stoß des Sockelprofils mit Dichtstoff - setze der Sachverständige hingegen Nettokosten in Höhe von 760 Euro bis 1.000 Euro an, mithin brutto zwischen 904,40 Euro und 1.190 Euro, da das Sockelprofil ausgetauscht werden müsse. Es handele sich auch nicht nur um einen optischen Mangel, der kaum sichtbar und damit unerheblich sei. Die Verfüllungen mit Dichtstoff seien klar zu erkennen. Bei einer ordnungsgemäßen Verarbeitung wäre die offene, klaffende Fuge nicht entstanden, die sodann nicht mit Dichtstoff ausgefüllt werden hätte müssen. Die Mängel­be­sei­ti­gungs­kosten belaufen sich auf fast 1/5 der Gesamtkosten der Haustür, so dass auch aus wirtschaft­licher Sicht ein nicht unerheblicher Mangel gegeben sei.

Mängel an Abdeckrosette beim Schlüsselloch würde für sich allein betrachtet keinen Rücktritt rechtfertigen

Hinsichtlich des vierten Mangels - nicht mittige Abdeckrosette beim Schlüsselloch sei festzuhalten, dass dieser Mangel für sich allein betrachtet einen Rücktritt nicht rechtfertigen könnte: der Schlüssel könne entsprechend den Feststellungen des Sachver­ständigen infolge Nachbesserung der Beklagten zwischen­zeitlich mit normalen Kraftaufwand gedreht werden. Die Abdeckrosette könne auch nicht mittig angebracht werden, da die Bohrung auf dem Haustürblatt für die Abdeckrosette nicht exakt der Ausfräsung für den Profilzylinder im Profil selbst entspräche. Diese Versetzung nach links könnte auch durch eine etwas größere Abdeckrosette behoben werden.

Gesamtschau zeigt erhebliche Mangel­haf­tigkeit, die zum Rücktritt vom Vertrag berechtigen

Hinsichtlich des fünften Mangels sei die Entfernung des Edelstahl­so­ckelblechs nicht sinnvoll, da es zu einer Beschädigung der Lackierung kommen könnte. Es müsste daher entweder eine neue Haustüre angefertigt werden oder ein Blend­rah­men­so­ckel­profil in entsprechender Höhen­an­fer­tigung zum Edelstahl­so­ckelblech besorgt werden, soweit es ein Blend­rah­men­so­ckel­profil in unter­schied­lichen Höhen herstel­ler­bedingt überhaupt gäbe. Dies würde erhebliche Kosten verursachen. Damit sei aber auch dieser Mangel nicht unerheblich.

Damit läge in der Gesamtschau eine erhebliche Mangel­haf­tigkeit vor, die zum Rücktritt berechtigte.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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