18.10.2024
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Sie sehen einen Teil eines Daches, welches durch einen Sturm stark beschädigt wurde.
ergänzende Informationen

Amtsgericht München Urteil22.03.2007

Parkplatz­be­treiber haften nicht immer bei Schrankenunfall

Eine Verkehrs­si­cherung, die jeden Unfall ausschließt, ist nicht erreichbar, deshalb muss nicht für alle auch nur entfernt möglichen Schaden­s­ein­tritte Vorsorge getroffen werden. Es genügen Vorkehrungen, die nach den konkreten Umständen erforderlich und zumutbar sind.

Die spätere Beklagte ist die Betreiberin eines Parkgeländes in einem Einkaufszentrum. Der Ehemann der späteren Klägerin beabsichtigte im September 2005 das Parkgelände zu verlassen. Dies ist nur möglich, wenn man eine Schranke mit einem Parkticket öffnet, welches man zuvor bezahlt hat. An der Schrankenanlage befinden sich Induk­ti­o­ns­schleifen. Die erste überfährt man, wenn man sich dem Schalter nähert, in den das Ticket zu stecken ist. Durchfährt man die geöffnete Schranke, überfährt man eine weitere, im Boden eingelassene Induk­ti­o­ns­schleife direkt unterhalb des Schrankenbaums. Sobald das Fahrzeug diese zweite Schleife verlässt, wird der Schließvorgang ausgelöst. Der Schließimpuls wird durch eine Magnet­fel­d­än­derung ausgelöst, wodurch erreicht wird, dass sich die Schranke nach jeder Durchfahrt schließt.

Hinweisschild:" Achtung, Schranke schließt nach jeder Durchfahrt automatisch"

Auf der linken Seite unmittelbar vor dem Schrankenbaum ist ein gelbes Hinweisschild angebracht, auf dem es heißt:“ Achtung, Schranke schließt nach jeder Durchfahrt automatisch“. Rechts neben der Schranke befand sich eine Art Leitplanke. Des Weiteren waren auf dem Gelände Hinweisschilder zur Geltung der Straßen­ver­kehrs­ordnung angebracht. Insbesondere weist die Beschilderung aus, dass sich Fahrradfahrer und Fußgänger den Gehweg des Parkgeländes zu teilen haben.

Der Ehemann der Klägerin fuhr nun mit dem Fahrzeug an die Schranke heran und steckte das Ticket in den Automaten. Daraufhin öffnete sich die Schranke. Noch bevor der Ehemann anfahren konnte, fuhr ein Radfahrer rechts am Fahrzeug vorbei und unter der geöffneten Schranke hindurch. Der Ehemann der Klägerin folgte dem Radfahrer. Während sich der PKW noch in dem Schran­ken­bereich befand, schloss sich die Schranke, da der Radfahrer die zweite Induk­ti­o­ns­schleife ausgelöst hatte, schlug auf der Frontscheibe auf und beschädigte noch das Dach.

Die Klägerin forderte von der Beklagten den Ersatz des Schadens in Höhe von 1235 Euro, schließlich habe sie ihre Verkehrssicherungspflicht verletzt, in dem sie es unterlassen habe, den Radfahrern und Fußgängern einen anderen Durchgang zu bieten. Die Beklagte hätte damit rechnen müssen, dass die Schrankenanlage verkehrswidrig als Abkürzung benutzt würde. Die Induk­ti­o­ns­schleifen seien zu empfindlich eingestellt, so dass auch Radfahrer sie auslösen könnten. Die Beklagte hätte dafür Sorgen müssen, dass sich die Schranke nicht schließt, wenn sich ein Fahrzeug unter ihr befindet.

Die Beklagte weigerte sich zu zahlen, die Schrankenanlage entspreche dem Stand der Technik. Das Fehlverhalten des Radfahrers könne ihr nicht vorgeworfen werden. Der zuständige Richter am Amtsgericht München gab der Beklagten Recht:

Keine Verletzung einer Verkehrs­si­che­rungs­pflicht

Eine Verkehrs­si­che­rungs­pflicht­ver­letzung liege nicht vor. Zwar habe jeder, der eine Gefahrenlage für Dritte schaffe, alle Vorkehrungen zu treffen, die zur Beseitigung von Gefahren erforderlich und zumutbar sind. Erforderlich seien allerdings nur Maßnahmen, die ein umsichtiger und verständiger, in vernünftigen Grenzen vorsichtiger Angehöriger des betroffenen Personenkreises für notwendig und ausreichend halten würde. Der Dritte ist nur vor Gefahren zu schützen, die er selbst bei Anwendung der zu erwartenden Sorgfalt nicht oder nicht rechtzeitig erkennen und vermeiden kann. Die Beklagte verstoße nicht gegen die Verkehrs­si­che­rungs­pflicht, wenn sie eine Schrankenanlage betreibe, deren Induk­ti­o­ns­schleifen so eingestellt sind, dass sich der Schrankenbaum bei Überfahren und Verlassen der letzten Induk­ti­o­ns­schleife senke, auch wenn sich ein Fahrzeug unmittelbar nachfolgend oder immer noch unterhalb des Schrankenbaums befinde. Wäre dies nicht der Fall, könnten ganze Kolonnen von Fahrzeugen die Durchfahrt passieren, ohne zu bezahlen. Um den besonderen Anforderungen eines stark frequentierten Parkgeländes gerecht zu werden, muss die Schrankenanlage so konzipiert werden. Die Beklagte weise auf die Funktionsweise der Schrankenanlage durch ein Warnschild auch hin.

Die Beklagte habe auch die Radfahrer darauf hingewiesen, dass diese die Gehwege zu benutzen hätten. Das sich diese im Einzelfall nicht daran halten, sei für die Beklagte nicht verhinderbar. Ein derartiges grob verkehrs­wi­driges Verhalten sei auch dann nicht ausschließbar, wenn andere Verkehrswege zur Verfügung stünden. Die Schließanlage entspräche auch dem Stand der Technik, sie müsse insbesondere auch für leichtere Motorräder konzipiert werden, so dass eine empfindlichere Einstellung der Induk­ti­o­ns­schleifen geboten sei.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des AG München vom 14.01.2008

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