23.11.2024
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Amtsgericht München Urteil30.09.2015

Veröf­fent­lichung des Geburtsjahres in einem Online-Lexikon rechtensKeine erhebliche Beein­träch­tigung durch Veröf­fent­lichung im Internet

Persön­lich­keits­in­teressen müssen regelmäßig hinter der Meinungs­freiheit zurücktreten, wenn die Äußerung wahre Tatsachen betrifft und die Folgen der Äußerung für die Persön­lich­keits­ent­faltung nicht schwerwiegend sind. Dies hat das Amtsgericht München entschieden.

Im hier zugrun­de­lie­genden Streitfall ist die Klägerin eine Drehbuchautorin und Regisseurin in München. Ihr Geburtsdatum wurde von einem Online-Lexikon veröffentlicht. Als Einzelnachweis für das Geburtsdatum führt das Online-Lexikon die Dissertation der Regisseurin an, in der das Geburtsdatum genannt wird.

Klägerin befürchtet Nachteile in Veröf­fent­lichung sowie Verletzung des Persön­lich­keits­rechts

Die Regisseurin verlangt von dem Online-Lexikon, dass die Nennung ihres Geburtsdatums unterbleibt. Sie ist der Ansicht, dass sie dadurch in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt wird. Sie sei keine prominente Person. Die Tatsache, dass sie an Arbeiten mitgewirkt habe, die öffentliche Aufmerksamkeit erfahren haben, mache sie nicht zu einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens. Durch die Veröffentlichung ihres Alters habe sie Nachteile, da die Branche der Medien­schaf­fenden sehr stark von deutlich jüngeren Menschen geprägt werde. Die Altersangabe sei im Hinblick auf Fernsehsender problematisch, da dort die Vorgabe des Intendanten laute, junge Regisseure zu engagieren, um junges Publikum zu gewinnen.

Online-Lexikon verweigert Löschung der Daten

Das Online-Lexikon weigerte sich, das Geburtsdatum zu löschen. Daraufhin erhob die Regisseurin Klage vor dem Amtsgericht München auf Unterlassung der Veröf­fent­lichung eines Beitrags, in dem das Geburtsjahr der Klägerin angegeben ist.

Meinungs­freiheit gegenüber Persön­lich­keits­in­teressen vorrangig

Das Gericht wies die Klage ab. Die Klägerin werde durch die Veröf­fent­lichung nicht in ihrem allgemeinen Persön­lich­keitsrecht verletzt. Dieses Recht "verleiht dem Einzelnen die Befugnis, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebens­sach­verhalte offenbart werden. Hierunter fällt auch das Recht, grundsätzlich selbst darüber zu bestimmen, ob und welche Informationen über seine Person auf der streitigen Internetseite der Beklagten veröffentlicht werden", zitiert das Urteil eine Entscheidung des Landgerichts Tübingen. Perso­nen­be­zogene Daten würden aber zugleich einen Teil der sozialen Realität der Person sein. Regelmäßig müssten bei Daten aus dem Bereich der Privatsphäre die Persön­lich­keits­in­teressen hinter der Meinungsfreiheit zurückstehen, wenn die verbreiteten Tatsachen richtig sind, an der Veröf­fent­lichung ein öffentliches Interesse im Sinn der Meinungsbildung bestehe und die Folgen der Veröf­fent­lichung für den Betroffenen nicht schwerwiegend sind. Hierbei sei insbesondere zu berücksichtigen, ob die Informationen aus einer öffentlich zugänglichen Quelle stamme. Das Geburtsjahr gehöre zur Privatsphäre eines Menschen.

Gefahr der sozialen Ausgrenzung nicht erkennbar

"Ein öffentliches Interesse an dem Geburtsjahr besteht. Die Klägerin ist eine renommierte, in der Öffentlichkeit bekannte und stehende Dokumentarfilm-Produzentin. Insoweit ist es für die Öffentlichkeit von Interesse, in welchem Alter sie welchen Film produziert hat", so das Gericht. Durch die Veröf­fent­lichung des Geburtsjahres werde die Klägerin nicht erheblich beeinträchtigt. Es bestünden keinerlei Anhaltspunkte, dass die Klägerin dadurch sozial ausgegrenzt oder isoliert zu werden droht. "Für das Gericht ist .... nicht nachvollziehbar, inwieweit ...der streit­ge­gen­ständliche Eintrag eine Rolle bei der Produk­ti­o­ns­vergabe spielen kann", so das Gericht weiter. Auch "aus den Produk­ti­o­ns­jahren ihrer ersten Filme, die öffentlich bekannt sind, (lässt sich) eine Alter­sein­stufung der Klägerin vornehmen ... Deshalb steht für das Gericht fest, dass die Klägerin durch die Veröf­fent­lichung ihres Geburtsdatums nicht beeinträchtigt ist. Art. 12 GG ist durch die Veröf­fent­lichung nicht tangiert."

Quelle: Amtsgericht München/ ra-online

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