21.11.2024
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Amtsgericht München Urteil13.04.2017

Schmer­zens­geldan­spruch bei mangelhaftem TattooVerletzung der körperlichen Unversehrtheit

Die Einwilligung zum Stechen einer Tätowierung bezieht sich nur darauf, dass die Behandlung mangelfrei ist und nach den Regeln der Kunst erbracht wird. Ist das Tattoo fehlerhaft oder mangelbehaftet, so kann dem Kunden ein Schmer­zens­geldan­spruch zustehen. Dies hat das Amtsgericht München in seiner Entscheidung bekanntgegeben.

Im hier zu entscheidenden Fall ließ sich die Klägerin bei der beklagten Tätowiererin im März 2016 auf den linken Unterarm folgende Schriftzüge tätowieren: "Je t´aime mon amour, Tu es ma vie, Nous Ensemble Pour Toujours, Liubov ? Alexej". Sie zahlte hierfür 80 Euro in bar. Am 26.03.2016 erfolgte durch die Beklagte auf Wunsch der Klägerin ein korrigierendes Nachstechen, wofür die Klägerin weitere 20,00 € an die Beklagte bezahlte.

Tattoo verwaschen und unleserlich

Die Klägerin ist der Meinung, das Tattoo sei handwerklich in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Der gesamte Schriftzug sei verwaschen und unleserlich, die Wörter seien nicht in einer einheitlichen Größe gestochen, Abstände der verschiedenen Wörter und Zeilen würden teilweise deutlich abweichen, einzelne Wörter seien schief, die Linienführung mangelhaft, verwaschen, nicht durchgehend und an einzelnen Stellen ausfransend. Sie fühlt sich außerdem getäuscht von der Beklagten, die ihr wahrheitswidrig gesagt habe, dass sie über mehrjährige Tätowie­rer­fahrung verfüge. Auf ihrer Inter­net­plattform habe die Beklagte fremde Tätowierungen als Referenzen eingestellt.

Klägerin begehrt Schmerzensgeld und Ersetzen von zukünftigen Schäden

Die Klägerin erhob Klage. Sie fordert Schmerzensgeld und möchte gerichtlich festgestellt bekommen, dass ihr die zukünftigen Schäden aus der mangelhaften Tätowierung von der Beklagten ersetzt werden müssen. Sie beabsichtige, die Tätowierung mittelfristig entfernen zu lassen, wodurch weitere Kosten und Schmerzen entstehen würden.

AG: Folgeschäden aus mangelhafter Tätowierung von Beklagter zu ersetzen

Das Gericht gab ihr Recht. Das Amtsgericht München verurteilte die Beklagte auf Zahlung von 1000 Euro Schmerzensgeld, zur Rückzahlung der 100 Euro und stellte fest, dass der Klägerin von der Beklagten sämtliche Folgeschäden aus der mangelhaften Tätowierung zu ersetzen sind. Die Beklagte habe die Klägerin in ihrer körperlichen Unversehrtheit verletzt, indem sie das Tattoo mangelhaft erstellt habe. Das Gutachten des hinzugezogenen Sachver­ständigen wird im Urteil wie folgt wiedergegeben: "(...)bei dem streit­ge­gen­ständ­lichen Tattoo seien handwerkliche und gestalterische Mängel aber unübersehbar, wie etwa unter­schiedliche Strichbreiten und verwackelte Linien, uneinheitliche Abstände zwischen den Buchstaben, teilweise zu eng, so dass ein Wort unleserlich würde; die Namen seien völlig unscharf, was wohl an einer mehrfachen Nachbesserung der Konturlinie liegen würde."

Qualitätsmängel nicht auf mangelnde Pflege der Kundin zurückzuführen

Aufgrund der Ausführungen des Sachver­ständigen kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass ein professioneller Tätowierer - worunter die Beklagte nach ihren eigenen Angaben falle - derartige Fehler nicht mache; das Tattoo entspreche damit gerade nicht der Qualität, die die Klägerin erwarten durfte. Die entsprechenden Mängel sind angesichts der deutlichen Angaben des Sachver­ständigen auch nicht durch die mangelhafte Pflege der Klägerin begründet, sondern allein durch die Beklagte.

Täuschung über Berufserfahrung für Anspruchs­be­gründung unerheblich

Hinsichtlich des Vorwurfs der Täuschung stellt das Gericht fest, dass selbst dann, wenn die Behauptungen der Klägerin richtig sind, diese Umstände keine Ansprüche begründen könnten, da die Klägerin ja in die Prozedur eingewilligt habe. "…Bei den Fragen der Berufserfahrung und etwaiger Referenzbilder (handelt es sich) nur um das unbeachtliche Motiv für die Einwilligung - was sich bereits aus der Überlegung ergibt, dass die Klägerin diesen Rechtsstreit wohl kaum angestrengt hätte, wenn das Tattoo handwerklich vollkommen in Ordnung wäre, aber es zuträfe, dass die Beklagte nicht über die behauptete Berufserfahrung verfügt", so das Urteil.

Quelle: Amtsgericht München/ ra-online

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