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Amtsgericht München Urteil22.01.2019
Mit heißem Teewasser überschüttet und verbrüht: Krankenhauspatient hat wegen überwiegenden Mitverschuldens keinen Anspruch auf SchmerzensgeldPatient hätte um Hilfe bitten müssen
Das Amtsgericht München hat entschieden, dass ein Krankenhauspatient, der im Bett liegt und für einen Zeitraum von zehn Minuten in einem Gerät zur Massage fixiert ist, keinen Anspruch auf Schadensersatz hat, wenn er in diesem Zeitraum halbliegend versucht, Tee einzugießen und sich dabei mit heißem Wasser überschüttet und verbrüht. Das Gericht verwies darauf, dass für den Patienten zumutbar und erwartbar sei, entweder die kurze Zeitspanne abzuwarten bis er sich Tee einschenke, oder entsprechend um Hilfe zu bitten.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls wurde im Oktober 2017 im Krankenhaus der Beklagten am Bein operiert, worauf sich ein stationärer Aufenthalt bei der Beklagten anschloss. An dem auf die Operation folgenden Tag konnte der Kläger unter Aufsicht der Physiotherapeutin mit Unterarmstützen laufen. Zudem war der Kläger ausreichend mobil, um im Bett aufrecht zu sitzen. Gegen 17 Uhr wurden durch die Servicemitarbeiterinnen der Beklagten dem Kläger das Abendessen sowie eine Thermoskanne mit heißem Wasser gebracht, da er zum Abendessen Tee bestellt hatte. Das linke Bein des Klägers war gerade für ca. zehn Minuten in einem Gerät zur Massage fixiert. Aus der Kanne ergoss sich das heiße Wasser so über den Kläger, dass dieser Verbrühungen an der rechten Hüfte erlitt.
Kläger verweist auf eigene Bewegungseinschränkung und defekte Kanne
Der Kläger trug über seinen Anwalt schriftlich vor, dass er aufgrund der Operation in seiner Bewegung eingeschränkt gewesen sei und nicht habe sitzen können. Trotz seiner starken Bewegungseinschränkung habe er es geschafft auf dem Rücken liegend einen Teebeutel in die Tasse zu hängen. Als er dann versucht habe Teewasser in die Tasse zu gießen, habe sich der Kannenverschluss vorzeitig gelöst, weil eventuell der Verschluss der Kanne beschädigt oder ausgeleiert gewesen sei oder weil die Kanne ungeeignet sei, um sie nach einer Operation auf dem Rücken liegend zu verwenden. Die Kanne sei nass und rutschig gewesen, da der Verschluss defekt gewesen sei, was von den Servicemitarbeiterinnen nicht bemerkt worden sei. Daher sei ihm die Kanne entglitten. Mündlich erklärte er, zwar Sicht auf die Kanne gehabt zu haben, er habe jedoch nicht gesehen, dass sie glitschig gewesen sei. Ob er die Kanne am Griff oder an einer anderen Stelle angefasst habe, könne er nicht mehr sagen. Die Kanne habe einen Kippdeckel gehabt, der Deckel sei ausgeleiert gewesen, wie wenn eine Feder darin kaputt sei, der Kippschalter habe sich leicht betätigen lassen und habe gewackelt. Trotz seiner Nachfrage habe ihm die Schwester verwehrt, die bereits mit der nassen Wäsche herausgetragene Kanne nochmals zu sehen.
Beklagte verweist auf regelmäßig Kontrolle und Erneuerung defekter Kannen
Die Beklagte trug vor, dass die Kannen regelmäßig erneuert und defekte Kannen aussortiert würden. Die Kannen würden sowohl von den Mitarbeitern der Spülküche als auch von den Servicemitarbeitern auf den Stationen beim Befüllen der Kannen kontrolliert. Beim Verteilen der Mahlzeiten würden die Kannen auf dem vorgegebenen Platz auf dem Tablett gestellt, hierbei erfolge eine weitere Kontrolle. Vergleichbare Vorfälle mit einer Kanne oder Beschwerden über die Kannen seien der Beklagten nicht bekannt. Aufgrund der Schilderung des Unfallhergangs des Klägers sei es naheliegender, dass dieser die Kanne aus Unachtsamkeit umwarf. Der Kläger habe nicht noch einmal nach der Kanne verlangt.
Gericht geht von überwiegendem Mitverschulden des Klägers aus
Das Amtsgericht München sah den Schadensersatzanspruch als unbegründet. Der Kläger habe weder nachweisen können, dass die Kanne glitschig war, noch dass die Kanne defekt war. Das folge zum einen aus der glaubhaften Aussage der Zeugin, die angab, dass sie keine nassen Kannen ausgebe, zum anderen aus der Inaugenscheinnahme der Kanne. Das Gericht habe nicht feststellen können, dass die Kanne bei äußerer Nässe glitschig sei. Die Kanne könne am Griff auch mit Feuchtigkeit gut gehalten werden. Aufgrund der Inaugenscheinnahme der Kanne sei das Gericht zudem davon überzeugt, dass der Verschluss nicht, wie vom Kläger behauptet, ausgeleiert sein könne, da der Verschluss keine Feder oder ähnliches in sich trage. Es könne nicht festgestellt werden, wie es zu dem Vorfall gekommen sei. Allein aufgrund des bekannten Sachverhalts sei bereits von einem überwiegenden Mitverschulden seitens des Klägers auszugehen. Es sei dem Kläger anzulasten, dass er trotz Fixierung seines Beines in einem Massagegerät versucht habe, sich halb liegend Tee einzuschenken. Da der Kläger nach seiner Aussage nur für etwa 10 Minuten in dem Massagegerät fixiert gewesen sei, sei es zumutbar und erwartbar gewesen, dass er entweder diese kurze Zeitspanne abwarte bis er sich Tee einschenke, oder er entsprechend um Hilfe bitte.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.02.2019
Quelle: Amtsgericht München/ra-online (pm)
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