18.10.2024
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Sie sehen einen Vertrag, der gerade unterzeichnet wird und davor die ilhouetten von zwei Personen.
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Amtsgericht München Urteil26.07.2014

Bei Anlage­ge­schäften muss vor Vertrags­ab­schluss ungefragt auf zusätzliche Gebühren deutlich hingewiesen werdenAnlageberater muss wegen begangener Pflicht­ver­letzung bei Vertrags­ab­schluss Anlageschaden zurückzahlen

Bei Anlage­ge­schäften können nur dann Gebühren berechnet werden, wenn darauf vor Vertragsschluss in deutlicher Art und Weise hingewiesen worden ist. Dies entschied das Amtsgericht München.

Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klägerin aus Hammelburg und ihr Ehemann schlossen im Januar 2011 einen Ratenkauf-, Kauf- und Lagervertrag mit der Beklagen, einer Edelme­ta­ll­händlerin, ab. Die beiden verpflichteten sich, jeweils 80 Euro im Monat für die Dauer von 10 (Ehefrau) bzw. 20 (Ehemann) Jahren auf das Depot einzuzahlen. Die Klägerin und ihr Ehemann zahlten vom 1. März 2011 bis 1. März 2013 jeweils insgesamt 1.920 Euro, der Ehemann außerdem zusätzlich einen Einmalbetrag von 2.036,93 ein. Das Ehepaar hat damit insgesamt 5.876,93 Euro als Geldanlage investiert. Der Versi­che­rungs­ver­treter des Ehepaars hatte zu dieser Geldanlage geraten. Bei dem Anlagemodell sollte für die einbezahlte Geldsumme jeweils Edelmetall in Form von Gold und/oder Silber erworben werden, was dann eingelagert wurde. Einen Prospekt oder Katalog über das Anlagemodell hat das Ehepaar nicht ausgehändigt bekommen. Über etwaige Depot- oder Abschluss­ge­bühren wurde es nicht aufgeklärt. Die von der Edelme­ta­ll­händlerin an das Ehepaar übersandten Schreiben enthalten keinen Hinweis auf etwaige allgemeine Geschäfts­be­din­gungen.

Beklagte verweist auf angeblich vertraglich vereinbarte Gebühren

Mit Schreiben vom 6. März 2013 kündigte das Ehepaar die beiden Anlagedepots mit sofortiger Wirkung und forderte von der Beklagten die Auszahlung der einbezahlten Beträge. Die Beklagte erstattete daraufhin dem Ehepaar 933,42 Euro. Den Rest verrechnete sie mit Gebühren. Die Edelme­ta­ll­händlerin macht geltend, dass vertraglich vereinbarte Gebühren in Höhe von 4943,51 Euro entstanden und von dem Ehepaar an sie zu zahlen sind.

Das Ehepaar fordert nunmehr auch den Restbetrag in Höhe von 4943,51 Euro zurück.

Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen und darin enthaltene Gebühren waren nicht in Vertrags­for­mularen enthalten und wurden somit nicht Vertragsinhalt

Das Amtsgericht München entschied, dass das Ehepaar den Vertrag nach den gesetzlichen Regelungen des Geschäfts­be­sor­gungs­ver­trages kündigen durfte. Für die Geldanlage muss das Ehepaar keine Gebühren bezahlen. Das Gericht verwies darauf, dass die Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen der Beklagten, in denen die Gebühren geregelt sind, nicht Vertragsinhalt geworden sind, da sie in den Vertrags­for­mularen nicht enthalten waren.

Beklagte hätte Ehepaar vor Vertrags­ab­schluss auf ungewöhnlich hohe Gebühren ungefragt hinweisen müssen

Aber selbst wenn die Allgemeinen Geschäfts­be­din­gungen und die Pflicht zur Zahlung der Gebühren Vertragsinhalt geworden wären, könnte das Ehepaar das gesamte Geld zurückverlangen. Das Gericht führt aus, dass bei den Vertrags­ver­hand­lungen über Anlagegeschäfte die Anlage­ver­mittler bzw. die Anlage­un­ter­nehmen verpflichtet sind, die Anleger vollständig und zutreffend über das langfristige Anlagemodell zu unterrichten. In dem nunmehr entschiedenen Fall waren die Gebüh­re­n­ansprüche ungewöhnlich hoch, da sie die Anlage im Falle einer vorzeitigen Kündigung als wirtschaftlich völlig sinnlos erscheinen lassen. Auf diesen aufklä­rungs­be­dürftigen Umstand hat die Beklagte oder der Anlage­ver­mittler das Ehepaar nicht hingewiesen. Die Beklagte hätte ungefragt über diesen Punkt ihres Produkts vor Abschluss des Vertrages aufklären müssen oder zumindest dem Ehepaar rechtzeitig vor Abschluss des Vertrages diese Information in deutlicher Art und Weise zukommen lassen müssen. Die Beklagte hat daher eine Pflicht­ver­letzung bei Vertragsschluss begangen und muss dem Ehepaar den Anlageschaden zurückzahlen. Denn nach der höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung wird vermutet, dass der Anleger bei zutreffender Aufklärung von der Zeichnung der Anlage abgesehen hätte.

Quelle: Amtsgericht München/ra-online

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