Dokument-Nr. 20903
Permalink https://urteile.news/
Amtsgericht Hannover Beschluss08.04.2015
Energieversorger darf Stromzufuhr wegen Erkrankung der Schuldnerin nicht unterbrechenAn der Lunge erkrankte Schuldnerin ist auf Stromversorgung für Sauerstoffgerät angewiesen
Das Amtsgericht Hannover hat einem hannoverschen Energieversorgungsunternehmen im Wege der einstweiligen Verfügung untersagt, trotz Zahlungsrückstands bei einem erkrankten Ehepaar den Strom abzustellen, da die an der Lunge erkrankte Schuldnerin zwingend auf die Stromversorgung für ihr benötigtes Sauerstoffgerät angewiesen ist.
Der 59-jährige Ehemann des zugrunde liegenden Streitfalls ist an Demenz erkrankt, die 58-jährige Ehefrau leidet an einer Lungenerkrankung aufgrund derer sie ein Sauerstoffgerät benötigt, das mit Strom betrieben wird. Das Ehepaar hat einen Zahlungsrückstand von 396 Euro für Strom und 1486,74 Euro für sonstige Nebenkosten. Das Energieversorgungsunternehmen teilte mit Schreiben vom 5. Februar 2015 die Sperrung der Energieversorgung zum 12. Februar 2015 mit. Am 11. Februar 2015 beantragte das Ehepaar beim Sozialgericht Hannover eine einstweilige Anordnung zur Unterbindung der Stromabschaltung. Das Ehepaar trug vor, aufgrund der Erkrankungen die Zahlungen übersehen zu haben. Die Ehefrau sei durch die Erkrankung der Lunge "komplett aus dem Leben gerissen" worden, der Ehemann habe durch die Alzheimererkrankung die Rechnungen vergessen.
Unterbrechung der Stromzufuhr steht außer Verhältnis zur Schwere der Zuwiderhandlung
Nachdem das Sozialgericht wegen eigener Unzuständigkeit das Verfahren im April an das Amtsgericht Hannover abgegeben hatte, erließ das Amtsgericht Hannover die begehrte einstweilige Verfügung. Der erkennende Richter entschied, dass die Folgen der Unterbrechung der Stromzufuhr außer Verhältnis zu der Schwere der Zuwiderhandlung stehen. Da die Ehefrau aus medizinischen Gründen auf die Stromzufuhr angewiesen ist und ihr im Fall einer Sauerstoffunterversorgung gravierende gesundheitliche Probleme drohen, rechtfertigt in diesem speziellen Fall ein Zahlungsrückstand nicht die Sperrung.
Sperrung von Gas, Wasser und Wärme aufgrund des Zahlungsrückstandes gerechtfertigt
Anderes gilt für die Rückstände auf Gas, Wasser und Wärme. Hier ist eine Sperrung wegen des Zahlungsrückstands zulässig, da hier keine besonderen gesundheitlichen Belange entgegenstehen.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 16.04.2015
Quelle: Amtsgericht Hannover/ra-online
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss20903
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.