Amtsgericht Hannover Urteil03.04.2013
Unerwünschte Bewertungsanfrage per E-Mail nach Kauf stellt unzulässige Werbung darAbmahnung eines Rechtsanwalts in eigener Sache begründet kein Erstattungsanspruch für Abmahnkosten
Die nach einem Kauf verschickte Bewertungsanfrage per E-Mail stellt eine unzulässige Werbung dar, wenn der Empfänger die Zusendung von Werbung nicht erwünscht. Zudem steht einem Rechtsanwalt, der in eigener Sache ein Verhalten abmahnt, kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zu. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Hannover hervor.
Dem Fall lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Rechtsanwalt bestellte bei einer Firma Autoreifen. In diesem Zusammenhang wies er darauf hin, dass er die Zusendung von Werbung, Newsletter, Bewertungsanfragen usw. nicht wünscht. Dennoch erhielt er im November 2012 unter seiner E-Mail-Adresse eine Bewertungsanfrage für die gekauften Reifen. Der Anwalt sah darin eine unzulässige Werbung und mahnte die Firma ab. Da diese die gewünschte Unterlassungserklärung nicht abgab, erhob der Anwalt Klage auf Unterlassung der Zusendung von Werbung und auf Zahlung der Abmahnkosten.
Anspruch auf Unterlassung wegen Verletzung des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs bestand
Das Amtsgericht Hannover bejahte den Anspruch auf Unterlassung der Zusendung unerwünschter Werbung (§§ 1004, 823 BGB). Denn durch die Versendung der E-Mail sei der Anwalt in seinem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt worden. Soweit der Eingriff die Berufstätigkeit betrifft, seien auch Angehörige der freien Berufe, die kein eigentliches Gewerbe betreiben, geschützt.
Unzumutbare Belästigung lag vor
Eine unaufgeforderte E-Mail-Werbung stelle nach Ansicht des Amtsgerichts eine erhebliche und nicht hinnehmbare Belästigung des Empfängers dar. Denn der Empfänger müsse Arbeitszeit aufwenden, um die unerwünschte Werbung auszusortieren. Die Vorgehensweise des Werbenden beeinträchtige außerdem die negative Informationsfreiheit des Empfängers. Zudem sah das Gericht die Gefahr, dass es durch die Zulässigkeit des Versendens von Werbe-E-Mails zu einer unübersehbaren Flut von solchen E-Mails kommen könne.
Bewertungsanfrage stellte Werbung dar
Die Bewertungsanfrage habe darüber hinaus Werbung dargestellt, so das Amtsgericht weiter. Denn Umfragen zu Meinungsforschungszwecken lassen sich ohne Weiteres als Instrumente der Absatzförderung einsetzen. Wegen der Tarnung des Absatzinteresses greifen sie sogar noch gravierender in die Rechte des Betroffenen ein (LG Hamburg, NJW-RR 2007, 45). Ein absatzfördernder Zweck sei bereits auch dann anzunehmen, wenn Verbrauchergewohnheiten abgefragt werden, die im Zusammenhang mit den Produkten oder Dienstleistungen des Auftraggebers stehen.
Kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten
Den Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten verneinte das Amtsgericht jedoch. Denn soweit ein Rechtsanwalt in eigener Sache tätig wird, bestehe ein solcher Anspruch nicht.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.11.2013
Quelle: Amtsgericht Hannover, ra-online (vt/rb)