21.11.2024
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Amtsgericht Hannover Urteil07.01.2021

Eigentümer­versammlung zu Corona-ZeitenAusschluss der Eigentümer führt zur Ungültigkeit eines Beschlusses

Das AG Hannover hat entschieden, dass ein Beschluss einer Eigentümer­versammlung ungültig ist, wenn die Wohnungs­ei­gentümer in dem Einla­dungs­schreiben ausdrücklich aufgefordert wurden, nicht zu erscheinen und zudem darauf hingewiesen wurden, dass ein Erscheinen zum sofortigen Abbruch der Versammlung führt.

Die Parteien sind Miteigentümer einer Wohnungs­ei­gen­tums­anlage in Hannover - Misburg. Sie streiten um die Gültigkeit eines Beschlusses der Eigen­tü­mer­ver­sammlung vom 21.07.2020 zur Änderung der Hausordnung. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts lud am 19.06.2020 die Hausverwaltung zu einer Eigen­tü­mer­ver­sammlung am 21.07.2020 ein. In dem Einla­dungs­schreiben heißt es: "Wir laden zu mit den beiliegenden Unterlagen ordnungsgemäß zu einer Eigen­tü­mer­ver­sammlung ein, zu der sie aber bitte nicht erscheinen. Sollten Eigentümer/innen erscheinen, wären wir zum sofortigen Abbruch der Veranstaltung gezwungen" (Fettdruck wie in der Einladung). Der Einladung waren Vollmachten für die Verwaltung zur Abstimmung beigefügt. Am 21.07.2020 fand die Eigen­tü­mer­ver­sammlung statt, auf der der angefochtene Beschluss gefasst wurde.

Verstoßes gegen sein Teilnahmerecht?

Der Kläger behauptet unter anderem, dieser Beschluss sei wegen Verstoßes gegen sein Teilnahmerecht an der Eigen­tü­mer­ver­sammlung unwirksam. Eine Diskussion über die Tages­ord­nungs­punkte habe nicht stattgefunden. Der Verwal­tungs­beirat habe seine Pflicht gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft verletzt. Nach Auffassung der Beklagten sei eine Pflicht­ver­letzung des Verwal­tungs­beirates nicht ersichtlich. Von der Versammlung sei auch niemand ausgeschlossen worden, sondern lediglich ein Hinweis erteilt, dass es eine Vollmachts­ver­sammlung geben sollte. Dies sei auch rechtmäßig. Es hätte dem Kläger freigestanden, zur Eigen­tü­mer­ver­sammlung persönlich zu erscheinen. Dann wäre diese nicht durchgeführt und die Hausordnung nicht geändert worden.

Teilnahmeverbot an Eigen­tü­mer­ver­sammlung ist rechtswidrig

Nach der Urteils­be­gründung verstößt die Beschluss­fassung gegen § 23 Abs. 1 WEG. Danach sind Beschlüsse einer Eigen­tü­mer­ver­sammlung dann nichtig, wenn sie in den Kernbereich des Wohnungs­ei­gentums eingreifen. Zu diesem Kernbereich gehört das Recht der Wohnungs­ei­gentümer, an den Eigen­tü­mer­ver­samm­lungen teilzunehmen. Bereits durch die Formulierung in dem Einla­dungs­schreiben wurde den Wohnungs­ei­gen­tümern die Teilnahme verwehrt. So werden die Eigentümer ausdrücklich aufgefordert, nicht zu erscheinen. Ein Wahlrecht der Eigentümer, gleichwohl zu erscheinen, eröffnet diese Formulierung nicht. Darüber hinaus ist bereits an dieser Stelle angekündigt, dass die Veranstaltung sofort abgebrochen werden würde, wenn einzelne Eigentümer erscheinen. In der Gesamtschau sind diese Formulierungen als ausdrückliches Verbot zu verstehen. Dies stellt eine Verletzung des Kernbereichs der Rechte der Wohnungs­ei­gentümer dar. Den Wohnungs­ei­gen­tümern wurde lediglich ermöglicht, ihr Stimmrecht durch die Erteilung einer Vollmacht mit Anweisungen auszuüben, dabei könnte eine Ausein­an­der­setzung über die zu beschließenden Änderungen und eine Diskussion hierüber nicht stattfinden. Die Ausein­an­der­setzung und Diskussion ist wesentlicher Bestandteil der Eigen­tü­mer­ver­sammlung im Rahmen der Willensbildung.

Quelle: Amtsgericht Hannover, ra-online (pm/aw)

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