Die Beklagten im vorliegenden Fall waren Mieter einer Stadtwohnung, für die sie einen monatlichen Mietzins in Höhe von 1.000 DM zahlten. Mitte Juni 2000 kündigten sie das Mietverhältnis zum 30. des Monats fristlos, da es ihnen aus gesundheitlichen Gründen infolge einer intensiven Mäuseplage unmöglich gewesen war, in der Wohnung länger zu leben. Mit der Kündigung stellten die Mieter auch umgehend die Mietzahlung ein. Dagegen klagte der Vermieter, der keinen Grund für eine fristlose Kündigung sah.
Hinsichtlich der angeführten Mäuseplage als außerordentlichen Kündigungsgrund behauptete der Kläger, er habe sofort alles getan, um den Mäusen entgegen zu wirken. Er habe umgehend seinen Hausmeister und einen Kammerjäger mit der Beseitigung des Problems beauftragt. Dabei hätten die Beklagten selbst die Bekämpfung der Mäuse durch fehlende Mitarbeit verzögert. So habe der Hausmeister nicht in erforderlichem Umfang und regelmäßig die Wohnung der Beklagten betreten können. Zudem bestand nach seiner Auffassung kein Recht auf außerordentliche Kündigung, da hierzu gemäß § 544 BGB eine erhebliche und dauernde Gesundheitsgefährdung hätte vorliegen müssen. Der Mäusebefall sei jedoch kein dauerhafter Zustand gewesen. Die Mieter entgegneten den Behauptungen ihres Vermieters und sprachen von einer regelrechten "Mäuseplage", da sie unter anderem bis zu 10 der Tiere in ihrem Wohnzimmer sichtbar zählen konnten. Der Hausmeister sei krankheitsbedingt für drei Wochen nicht mit der Bekämpfung der Tiere befasst gewesen und Kammerjäger hätten die Wohnung zu keiner Zeit betreten.
Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel entschied, dass der Mieter schuldhaft die außerordentliche Kündigung des Mietverhältnisses veranlasst habe. Der Hausmeister bestätigte die Aussagen der Mieter, nach denen während der Zeit seiner Krankheit von drei Wochen nichts hinsichtlich der Mäusebekämpfung geschehen sei. Zudem habe er in der übrigen Zeit ungehinderten Zugang zu der Wohnung gehabt, da ihm der Mieter einen Wohnungsschlüssel ausgehändigt hatte. Dass der Befall einer Wohnung mit Ungeziefer, hier Mäusen, ein Fehler im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB darstelle, der die Tauglichkeit der Mietwohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebe, bedürfe wohl nicht erst einer weiteren Vertiefung (Amtsgericht Bremen, NJW 1998, Seite 3282 f.; AG Berlin-Tiergarten, MM-Mieter-Magazin des Berliner Mieterverein e.V.-1997, Seite 243). Mit Recht dürfe allgemein erwartet werden, dass ein Vermieter in Erfüllung der ihn treffenden Pflicht unverzüglich tätig werde, dem Mieter insoweit den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung gemäß § 536 BGB ohne "Hausgenossen" zu gewährleisten (vgl. Amtsgericht Bonn, Urteil v. 08.02.1985 - 6 C 277/84 - = WuM 1986, Seiten 113 f; AG Berlin-Tiergarten, 30.01.1997 - 6 C 177/96 = MM 1997, Seite 243; Amtsgericht Rendsburg, Urteil v. 17.02.1988 - 3 C 551/87 - = WuM 1989, Seite 284).
Die Auffassung des Klägers, dass die durch den Ungezieferbefall gekennzeichneten Verhältnisse in seinem Haus in diesem Zeitraum als nicht "erhebliche und dauernde Gesundheitsgefährdung" anzusehen seien und deshalb bereits eine Minderung des Mietzinses nicht rechtfertigen würden, sei hier nach Überzeugung des erkennenden Gerichts nicht haltbar (vgl. Amtsgericht Bonn, Urteil v. 08.02.1985 - 6 C 277/84 - = WuM 1986, Seiten 113 f). Da im vorliegenden Fall nicht das einmalige Auftreten einer Hausmaus, die auch der städtische Mieter als unvermeidlich hinnehmen müsse, zu beanstanden sei, sondern von einer erheblichen Anzahl an Tieren zu sprechen sei, liege es insofern auf der Hand, dass das gehäufte Auftreten von Ungeziefer zu einer deutlichen Beeinträchtigung der Wohnqualität und damit des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache führe (Amtsgericht Bonn, WuM 1986, Seiten 113 f.; Amtsgericht Berlin-Tiergarten, MM 1997, Seite 243).
Die Mäuseplage stelle somit einen Mangel der Mietsache im Sinne von § 537 BGB dar und berechtige die Beklagten zur Mietzinsminderung (Amtsgericht Rendsburg, WuM 1989, Seite 284). Die Höhe der Minderung bemesse sich auf 100 Prozent. Die Stadt-Wohnung habe wegen des Befalls einer erheblichen Zahl an Mäusen keinerlei Wohnwert mehr gehabt. Eine niedrigere Mietminderung käme hier nicht in Betracht, da das Mietobjekt in der Stadt liege. Eine Mäuseplage im vorliegenden Umfang in einer Stadtwohnung sei anders als in einer ländlichen Wohnung als vermeidbar anzusehen (Amtsgericht Rendsburg, Urteil v. 17.02.1988 - 3 C 551/87 - = WuM 1989, Seite 284; Amtsgericht Berlin-Tiergarten, MM 1997, Seite 243).
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 04.05.2012
Quelle: ra-online, Amtsgericht Brandenburg an der Havel (vt/st)