21.11.2024
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Amtsgericht Brandenburg a. d. Havel Urteil06.08.2001

Mäuseplage in der Stadtwohnung berechtigt zur Mietminderung um 100 ProzentBefall durch eine erhebliche Anzahl an Mäusen reduziert den Wohnwert auf Null

Wer sich als Mieter einer Wohnung mit unliebsamen "Hausgenossen" herumärgert, der kann den Mietzins mindern. Bei der Berechnung des Minde­rungs­an­spruches muss jedoch berücksichtigt werden, welchen Umfang der Mäusebefall hat. In Stadtwohnungen muss sich der Mieter gegenüber Mäusen weniger tolerant zeigen als der Mieter einer Wohnung auf dem Lande, da Mäuse in der Stadt leichter vermieden werden können. Dies geht aus einer Entscheidung des Amtsgerichts Brandenburg an der Havel hervor.

Die Beklagten im vorliegenden Fall waren Mieter einer Stadtwohnung, für die sie einen monatlichen Mietzins in Höhe von 1.000 DM zahlten. Mitte Juni 2000 kündigten sie das Mietverhältnis zum 30. des Monats fristlos, da es ihnen aus gesund­heit­lichen Gründen infolge einer intensiven Mäuseplage unmöglich gewesen war, in der Wohnung länger zu leben. Mit der Kündigung stellten die Mieter auch umgehend die Mietzahlung ein. Dagegen klagte der Vermieter, der keinen Grund für eine fristlose Kündigung sah.

Vermieter bestreitet Vorliegen einer "Mäuseplage"

Hinsichtlich der angeführten Mäuseplage als außer­or­dent­lichen Kündigungsgrund behauptete der Kläger, er habe sofort alles getan, um den Mäusen entgegen zu wirken. Er habe umgehend seinen Hausmeister und einen Kammerjäger mit der Beseitigung des Problems beauftragt. Dabei hätten die Beklagten selbst die Bekämpfung der Mäuse durch fehlende Mitarbeit verzögert. So habe der Hausmeister nicht in erforderlichem Umfang und regelmäßig die Wohnung der Beklagten betreten können. Zudem bestand nach seiner Auffassung kein Recht auf außer­or­dentliche Kündigung, da hierzu gemäß § 544 BGB eine erhebliche und dauernde Gesund­heits­ge­fährdung hätte vorliegen müssen. Der Mäusebefall sei jedoch kein dauerhafter Zustand gewesen. Die Mieter entgegneten den Behauptungen ihres Vermieters und sprachen von einer regelrechten "Mäuseplage", da sie unter anderem bis zu 10 der Tiere in ihrem Wohnzimmer sichtbar zählen konnten. Der Hausmeister sei krank­heits­bedingt für drei Wochen nicht mit der Bekämpfung der Tiere befasst gewesen und Kammerjäger hätten die Wohnung zu keiner Zeit betreten.

Vermieter muss vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung ohne "Hausgenossen" gewährleisten

Das Amtsgericht Brandenburg an der Havel entschied, dass der Mieter schuldhaft die außer­or­dentliche Kündigung des Mietver­hält­nisses veranlasst habe. Der Hausmeister bestätigte die Aussagen der Mieter, nach denen während der Zeit seiner Krankheit von drei Wochen nichts hinsichtlich der Mäusebekämpfung geschehen sei. Zudem habe er in der übrigen Zeit ungehinderten Zugang zu der Wohnung gehabt, da ihm der Mieter einen Wohnungs­sch­lüssel ausgehändigt hatte. Dass der Befall einer Wohnung mit Ungeziefer, hier Mäusen, ein Fehler im Sinne des § 537 Abs. 1 BGB darstelle, der die Tauglichkeit der Mietwohnung zum vertragsgemäßen Gebrauch aufhebe, bedürfe wohl nicht erst einer weiteren Vertiefung (Amtsgericht Bremen, NJW 1998, Seite 3282 f.; AG Berlin-Tiergarten, MM-Mieter-Magazin des Berliner Mieterverein e.V.-1997, Seite 243). Mit Recht dürfe allgemein erwartet werden, dass ein Vermieter in Erfüllung der ihn treffenden Pflicht unverzüglich tätig werde, dem Mieter insoweit den vertragsgemäßen Gebrauch der Mietwohnung gemäß § 536 BGB ohne "Hausgenossen" zu gewährleisten (vgl. Amtsgericht Bonn, Urteil v. 08.02.1985 - 6 C 277/84 - = WuM 1986, Seiten 113 f; AG Berlin-Tiergarten, 30.01.1997 - 6 C 177/96 = MM 1997, Seite 243; Amtsgericht Rendsburg, Urteil v. 17.02.1988 - 3 C 551/87 - = WuM 1989, Seite 284).

Erhebliche Anzahl von Mäusen beeinträchtigt vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache

Die Auffassung des Klägers, dass die durch den Ungezie­fer­befall gekenn­zeichneten Verhältnisse in seinem Haus in diesem Zeitraum als nicht "erhebliche und dauernde Gesund­heits­ge­fährdung" anzusehen seien und deshalb bereits eine Minderung des Mietzinses nicht rechtfertigen würden, sei hier nach Überzeugung des erkennenden Gerichts nicht haltbar (vgl. Amtsgericht Bonn, Urteil v. 08.02.1985 - 6 C 277/84 - = WuM 1986, Seiten 113 f). Da im vorliegenden Fall nicht das einmalige Auftreten einer Hausmaus, die auch der städtische Mieter als unvermeidlich hinnehmen müsse, zu beanstanden sei, sondern von einer erheblichen Anzahl an Tieren zu sprechen sei, liege es insofern auf der Hand, dass das gehäufte Auftreten von Ungeziefer zu einer deutlichen Beein­träch­tigung der Wohnqualität und damit des vertragsgemäßen Gebrauchs der Mietsache führe (Amtsgericht Bonn, WuM 1986, Seiten 113 f.; Amtsgericht Berlin-Tiergarten, MM 1997, Seite 243).

Wohnwert liegt bei Null - Mietminderung um 100 Prozent gerechtfertigt

Die Mäuseplage stelle somit einen Mangel der Mietsache im Sinne von § 537 BGB dar und berechtige die Beklagten zur Mietzins­min­derung (Amtsgericht Rendsburg, WuM 1989, Seite 284). Die Höhe der Minderung bemesse sich auf 100 Prozent. Die Stadt-Wohnung habe wegen des Befalls einer erheblichen Zahl an Mäusen keinerlei Wohnwert mehr gehabt. Eine niedrigere Mietminderung käme hier nicht in Betracht, da das Mietobjekt in der Stadt liege. Eine Mäuseplage im vorliegenden Umfang in einer Stadtwohnung sei anders als in einer ländlichen Wohnung als vermeidbar anzusehen (Amtsgericht Rendsburg, Urteil v. 17.02.1988 - 3 C 551/87 - = WuM 1989, Seite 284; Amtsgericht Berlin-Tiergarten, MM 1997, Seite 243).

Quelle: ra-online, Amtsgericht Brandenburg an der Havel (vt/st)

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