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Amtsgericht Bonn Urteil04.03.2011

Elterliche Aufsichts­pflicht: Eltern haften nicht auf Schadenersatz für Hinunterspülen von Schmuckstücken in der Toilette durch ihr dreijähriges KindKind muss nicht ständig beaufsichtigt werden / Eltern müssen ihrer Aufsichts­pflicht nur im gebotenen Rahmen nachkommen

Eltern müssen ihrer Aufsichts­pflicht soweit genügen, wie es die konkrete Gefah­ren­si­tuation, das Alter und der Charakter des Kindes erfordern. Erfüllen Eltern diese Pflicht und kommt es dennoch zu einem Schaden, so können Ersatzansprüche vom Geschädigten aufgrund einer Aufsichts­pflicht­ver­letzung nicht durchgesetzt werden. Dies geht aus einem Urteil des Amtsgerichts Bonn hervor.

Die Mutter eines dreijährigen Sohnes, im vorliegenden Fall die Beklagte, besuchte die Klägerin, ihre Schwester, die selbst ein Kind im Alter von zwei Jahren hatte. Die beiden Frauen hielten sich vor allem im Wohnzimmer auf und führten ein Gespräch, während die Kinder durch die Zimmer der Wohnung tobten. Der Sohn der Klägerin kündigte in Gegenwart der beiden Mütter an, auf die Toilette gehen zu müssen. Der Sohn der Beklagten begleitete ihn hierbei. Während des Aufenthalts im Bad warf der Sohn der Beklagten Schmuck der Klägerin im Wert von angeblich 4.000 Euro in die Toilette und spülte ihn hinunter. Die Frau forderte daraufhin Ersatz von ihrer Schwester und behauptete, diese habe ihre Aufsichts­pflicht verletzt.

Entscheidend ist, ob ein schädigendes Verhalten des Aufsichts­be­dürftigen voraussehbar ist

Das Amtsgericht Bonn erklärte die Klage für unbegründet. Eine Aufsichtspflichtverletzung liege nicht vor. Das Maß der gebotenen Aufsicht bestimme sich nach dem Alter, der Eigenart und dem Charakter des konkreten Kindes. Außerdem komme es entscheidend darauf an, ob ein schädigendes Verhalten des Aufsichts­be­dürftigen voraussehbar sei und was Eltern in der konkreten Situation an erforderlichen Maßnahmen zugemutet werden könne, um Schädigungen Dritter durch ihr Kind zu verhindern. Dabei sei eine ständige Beaufsichtigung auf Schritt und Tritt nicht erforderlich, denn dies sei mit dem Zweck der Erziehung zur Selbständigkeit unvereinbar. Vielmehr genüge es, wenn sich die Eltern einen groben Überblick über das Tun des Kindes verschaffen würden. Die Zumutbarkeit von Aufsichts­maß­nahmen richte sich nach dem Ausmaß der Gefahr, die unbeteiligten Dritten nach der Eigenart und dem Charakter des Kindes drohe.

Auch Besuch der Toilette muss nicht von einem Aufsichts­pflichtigen kontrolliert werden

Der aufsichts­be­dürftige Sohn der Beklagten sei zum Zeitpunkt des Schadensfalls drei Jahre alt und ein lebhaftes Kind gewesen. Das Kind spielte in einer ihm bekannten Umgebung, zudem in einer geschlossenen Wohnung, so dass kein erhöhtes Gefah­ren­po­tential für die Beklagte ersichtlich gewesen sei. Auch der Besuch der Toilette müsse nicht von einem Aufsichts­pflichtigen kontrolliert werden. Vorliegend sei es zudem der Sohn der Klägerin gewesen, der die Toilette allein aufsuchte, der Sohn der Beklagten begleitete ihn. Weder die Beklagte noch die Klägerin seien mitgekommen. Die Aufsichts­pflicht sei auch nicht erhöht gewesen, denn es habe keine erkennbare Gefährdungslage für einen Dritten bestanden, welche aus dem Verhalten oder dem Charakter des Aufsichts­be­dürftigen erkennbar gewesen wäre. Eine dauerhafte Kontrolle oder Belehrung über die Art des Spiels sei nicht erforderlich und zumutbar gewesen.

Es besteht ein Mitverschulden der Klägerin

Ohne dass es in dieser Sache noch darauf ankomme, wolle das Gericht jedoch nicht das Mitverschulden der Klägerin unerwähnt lassen. Diese habe nämlich den streit­ge­gen­ständ­lichen Schmuck an einem ungesicherten Ort abgelegt, obwohl sie von dem Treiben der Kinder und dem Naturell ihres Neffen Kenntnis gehabt habe.

Quelle: ra-online, Amtsgericht Bonn (vt/st)

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