23.11.2024
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Dokument-Nr. 11865

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Urteil12.04.2011Amtsgericht Arnsberg3 S 155/10
passende Fundstellen in der Fachliteratur:
  • MMR 2011, 525Zeitschrift: Multimedia und Recht (MMR), Jahrgang: 2011, Seite: 525
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ergänzende Informationen

Amtsgericht Arnsberg Urteil12.04.2011

Mobilfunk-Rechnung: Kein Anscheinsbeweis für Handy-Internet-RechnungenMobil­funk­an­bieter müssen Herstellung der Datenverbindung im Einzelnen beweisen können - Rechnung allein ist kein Beweis

Das Landgericht Arnsberg stärkt die Rechte von Mobilfunkkunden. Erstmals hat das Gericht entschieden, dass sich aus der Vorlage des Einzel­ver­bindungs­nachweises zusammen mit dem technischen Prüfungs­pro­tokoll bezüglich mobiler Daten­ver­bin­dungen über das Handy kein Beweis des ersten Anscheins für eine Herstellung der Verbindungen durch den Kunden ergibt. Für die Richtigkeit der Rechnung spricht also kein Anscheinsbeweis, den der Kunde widerlegen müsste. Das Mobilfunk­unternehmen muss jede Verbindung im Einzelnen nachweisen. Das Landgericht wies die Klage des Unternehmens weitgehend ab und sprach ihm von den beantragten 1.807 Euro lediglich 3,83 Euro zu.

Das Gericht lehnt mit seiner Entscheidung eine Übertragung des Anscheinsbeweis, der bei Telekom­mu­ni­ka­ti­o­ns­leis­tungen für Gesprächs­ver­bin­dungen im Festnetzbereich von der Rechtsprechung angenommen wird, ab. Schon für Gesprächs­ver­bin­dungen im Mobil­funk­bereich werde die Annahme eines Anscheins­be­weises teilweise kritisch gesehen. Jedenfalls sei aber die Annahme eines Anscheins­be­weises für die Herstellung von Datenverbindung im Mobil­funk­bereich durch den Kunden bereits mit dem Grundgedanken des Anscheins­be­weises nicht vereinbar.

Bei Anscheinsbeweis muss Gegenbeweis geführt werden können

Der gewohn­heits­rechtlich anerkannte Anscheinsbeweis erlaube nämlich nur bei typischen Gesche­hens­a­b­läufen den Nachweis eines ursächlichen Zusammenhangs ohne exakte Tatsa­chen­grundlage. Sofern der Beweisführer den Sachverhalt, der typischer Weise zu dem zu beweisenden Gesche­hens­ablauf führe, bewiesen habe, könne der Gegner den Anschein durch einen vereinfachten Gegenbeweis erschüttern. Er brauche hierzu nur die ernsthafte Möglichkeit eines anderen als des erfah­rungs­gemäßen Ablaufs zu beweisen. Dies müsse er aber voll beweisen.

Bei Handy-Inter­net­ver­bin­dungen kann der Kunde faktisch nicht nachweisen, eine Verbindung nicht benutzt zu haben

Mit diesen Grundsätzen sei die Annahme eines Anscheins­be­weises hinsichtlich der Herstellung der im Einzel­ver­bin­dungs­nachweis aufgeführten Datenverbindung nicht vereinbar. Denn für den Kunden wäre eine Erschütterung des Anscheins faktisch nicht möglich. Im Unterschied zu Gesprächs­ver­bin­dungen, bei denen die Rufnummern angegeben werde, so dass ausreichende Anknüp­fungs­punkte für die Erschütterung des Anscheins zur Verfügung stehen, ergeben sich solche Anknüp­fungs­punkte bei Daten­ver­bin­dungen nicht.

Anders als bei gewählten Rufnummern wird bei Daten­ver­bin­dungen die Art der Verbindung in der Rechnung nicht genannt

Die Bezeichnung der Verbindung als "GPRS by Call Web" eröffne dem Kunden keinerlei Möglichkeit, zu überprüfen, welche Verbindung er aufgebaut haben soll. Hinzu komme, dass das Bestehen einer Datenverbindung im Unterschied zu einer Gesprächs­ver­bindung für Dritte im Regelfall nicht erkennbar sei. Vor diesem Hintergrund sei allein die Angabe der Zeiträume der Daten­ver­bin­dungen nicht ausreichend.

Fortsetzung des Vertrags ist für Kunden wegen Risikos weiterer unberechtigter Forderungen unzumutbar

Abschließend stellte das Gericht fest, dass der verklagte Kunde nicht die Grundgebühren bis zum Ende der Vertrags­laufzeit zahlen müsse. Dem Vergü­tungs­an­spruch des Mobil­fun­k­un­ter­nehmens stehe der Grundsatz von Treu und Glauben entgegen. Dem Kunden sei wegen des Beharrens des Unternehmens auf der unberechtigten vierstelligen Forderung für angeblich hergestellte Daten­ver­bin­dungen unzumutbar, die SIM-Karte weiter zu benutzen und sich dadurch dem Risiko weiterer unberechtigter Forderungen auszusetzen.

Quelle: ra-online, Landgericht Arnsberg (vt/we)

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