21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil05.07.2016

Systematische Mängel: Keine Überstellung eines syrischen Asylan­trag­stellers nach UngarnBRD wurde aufgrund mangelhafter Abschiebungs­bedingungen Ungarns bereits mit Einreise und Asylan­trag­stellung zuständiger Mitgliedstaat

Der Verwaltungs­gerichts­hof Baden-Württemberg hat entschieden, dass ein syrischer Asylan­trag­steller wegen systematischer Mängel beim Asylverfahren nicht nach Ungarn überstellt werden darf.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der allein stehende Kläger war im Jahre 2014 u.a. über Ungarn in die Bundesrepublik Deutschland eingereist und hatte hier einen Asylantrag gestellt. Auf ein entsprechendes Ersuchen der Bundesrepublik Deutschland hatte der an sich zuständige Mitgliedstaat Ungarn im Rahmen des Dublin-Mechanismus einer Überstellung des Klägers zur Durchführung des Asylverfahrens zugestimmt. Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge hatte daraufhin den Asylantrag des Klägers als unzulässig abgelehnt und dessen Abschiebung nach Ungarn angeordnet.

VG hebt Abschie­bungs­be­scheid auf

Das Verwal­tungs­gericht Sigmaringen hatte im März dieses Jahres den angefochtenen Bescheid im Hinblick auf aktuell bestehe erhebliche Mängel des ungarischen Asylsystems, die zur Folge hätten, dass der Kläger im Falle seiner Überstellung nach Ungarn einer unmenschlichen bzw. erniedrigenden Behandlung aussetzt sein würde, aufgehoben.

Ungarisches Abschie­bungs­haft­system war bereits zum Zeitpunkt der Einreise über Ungarn in die BRD in erheblichem Maße mangelhaft

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg wies die Berufung des Bundeamts für Migration und Flüchtlinge zurück. Zur Begründung stellte der Gerichtshof - anders als das Verwal­tungs­gericht - darauf ab, dass schon im Jahre 2014, als der Kläger nach Ungarn eingereist war und sodann den Asylantrag in der Bundesrepublik Deutschland gestellt hatte, das ungarische Abschie­bungs­haft­system in rechtlicher wie auch tatsächlicher Hinsicht in so erheblichem Maße mängelbehaftet gewesen sei, dass es dem Kläger nicht zumutbar gewesen sei, in Ungarn ein Asylverfahren durchzuführen, weil er ein beachtliches Risiko gelaufen wäre, willkürlich inhaftiert zu werden, ohne sich hiergegen effektiv zur Wehr setzen zu können. Hinzu sei gekommen, dass die Unter­brin­gungs­be­din­gungen in den Haftanstalten teilweise in baulicher wie hygienischer Hinsicht sehr schlecht gewesen seien. Schließlich sei die Behandlung durch das Anstalts­personal durch besondere Härte und Brutalität geprägt gewesen. Jedenfalls aus einer Gesamtschau aller Aspekte ergebe sich, dass der Kläger mit beachtlicher Wahrschein­lichkeit damit habe rechnen müssen, im Falle der Stellung eines Asylantrags in Ungarn unmenschlich bzw. erniedrigend behandelt zu werden. Infolge dessen sei die Bundesrepublik Deutschland mit der Einreise und der Asylan­trag­stellung zuständiger Mitgliedstaat geworden, nachdem es keinen weiteren nach dem Dublin-Mechanismus (vorrangig) zuständigen Mitgliedstaat mehr gegeben habe. Selbst wenn sich die Verhältnisse in Ungarn mittlerweile verbessert hätten, wäre dadurch die Zuständigkeit der Bundesrepublik Deutschland nicht entfallen.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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