18.10.2024
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Sie sehen die Außenfassade einer Niederlassung des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit dem Bundesadler und passendem Schriftzug der Behörde.
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Verwaltungsgericht Köln Urteil30.07.2015

Abschiebung zur Durchführung des Asylverfahrens in Ungarn wegen systemischer Mängel unzulässigAufnah­me­be­din­gungen und medizinische Versorgung bei Unterbringung von Flüchtlingen menschen­un­würdig

Das Verwal­tungs­gericht Köln hat der Klage gegen die angeordnete Abschiebung eines Asylsuchenden nach Ungarn stattgegeben, obwohl der Flüchtling bereits in Ungarn als Asylsuchender registriert war. Das Verwal­tungs­gericht verwies bei seiner Entscheidung auf systematische Mängel und menschen­un­würdige Bedingungen bei der Unterbringung und der Durchführung von Asylverfahren in Ungarn.

Der aus dem Irak stammende Kläger des zugrunde liegenden Verfahrens beantragte im März 2015 in Deutschland seine Anerkennung als Asylbe­rech­tigter. Im Rahmen der Prüfung seines Asylantrages durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge wurde anhand seiner Fingerabdrücke festgestellt, dass er bereits in Ungarn als Asylsuchender registriert war. Nachdem die ungarischen Behörden erklärt hatten, den Kläger aufgrund der europa­recht­lichen Regelungen (sogenannte "Dublin III Verordnung") zur Durchführung des Asylverfahrens zu übernehmen, lehnte das Bundesamt den in Deutschland gestellten Asylantrag ab und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an.

Kläger hält Vorgehen der ungarischen Behörden für unzureichend

Hiergegen machte der Kläger vor allem geltend, er traue den ungarischen Behörden nicht. Als Opfer eines Bomben­an­schlages habe er ein Auge und einen Teil eines Beines verloren und sei daher behand­lungs­be­dürftig. In Ungarn habe man sich jedoch nicht um seine Verletzungen gekümmert und ihn stattdessen in Haft genommen, ohne ihn über das Asylverfahren zu informieren.

Medizinische Betreuung nicht gewährleistet

Das Verwal­tungs­gericht Köln hat die Abschie­bungs­a­n­ordnung aufgehoben. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass systemische Mängel des dortigen Asylverfahrens und der dortigen Aufnah­me­be­din­gungen einer Überstellung des Klägers nach Ungarn entgegenstünden. Nach dem ungarischen Recht könnten die nach der Dublin III Verordnung rücküber­stellten Personen für bis zu sechs Monate in Haft genommen werden. Hiervon machten die ungarischen Behörden flächendeckend und ohne Einzel­fa­ll­prüfung Gebrauch. Rechtsschutz gegen die Verhängung der Haft gebe es praktisch nicht. Während der Haft würden die Asylhäftlinge zu auswärtigen Terminen, etwa bei Behörden- oder Arztbesuchen, in erniedrigender Art und Weise "angeleint" vorgeführt. Zudem sei oft eine medizinische Betreuung nicht gewährleistet und die Haftein­rich­tungen erfüllten nicht die hygienischen Mindest­standards. Darüber hinaus seien die Aufnah­me­ka­pa­zitäten in Ungarn gänzlich erschöpft. Den 2.500 Aufnahmeplätzen stehe eine Zahl von rund 70.000 im ersten Halbjahr 2015 in Ungarn eingereisten Flüchtlingen gegenüber. Von einer menschen­würdigen Unterbringung weiterer Flüchtlinge könne daher nicht ausgegangen werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Köln/ra-online

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