15.11.2024
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Dokument-Nr. 9824

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil21.06.2010

VGH Baden-Württemberg: Bebauungsplan aufgrund Abwägungs­fehlern hinsichtlich des Lärmschutzes unwirksamKeine ausreichenden Erwägungen der Stadt zur Zulassung des Bauvorhabens trotz Überschreitung der Lärm-Orien­tie­rungswerte

Ein Bebauungsplan, der ein reines und allgemeines Wohngebiet in unmittelbarer Nähe einer Kreisstraße vorsieht und dabei übersieht, dass einschlägige Orien­tie­rungswerte für Lärmschutz im Städtebau überschritten werden, ist wegen Abwägungs­fehlern unwirksam. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg.

Im zugrunde liegenden Fall plant die Stadt Karlsruhe am Westrand des Stadtteils Stupferich, im Plangebiet „An der Klam/Illwig“, weitere Wohnbebauung in Form von reinen und allgemeinen Wohngebieten zuzulassen. Mit der Planung will sie erreichen, vor allem Familien mit Kindern ein „Wohnen im Grünen“ zu ermöglichen. Zudem soll der Stadtteil Stupferich an der allgemeinen Bevöl­ke­rungs­ent­wicklung der Stadt - es wird auch in Zukunft eine Bevöl­ke­rungs­zunahme erwartet - teilhaben. Vorgesehen ist die Zulassung von etwa 80 Einzel-, Doppel - und Reihenhäusern.

Einwohner äußern Bedenken hinsichtlich einer erheblichen Lärmbelastung der Bewohner des Baugebiets durch Kreisstraße und Autobahn

Bereits im Planungs­ver­fahren hatten zahlreiche Einwohner gegen die Planung u.a. eingewendet, sie bewirke nicht hinnehmbare Eingriffe in Natur und Landschaft und setze die Bewohner des Baugebiets einer erheblichen Lärmbelastung aus. Denn in unmittelbarer Nähe verliefen die Autobahn A 8 und die stark befahrene Kreisstraße 9653. Der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe wies sämtliche Einwendungen in seiner Sitzung am 16. Dezember 2008 zurück. Im April 2009 hat eine Grund­s­tücks­ei­gen­tümerin, deren Grundstück sich zwar außerhalb des vorgesehenen Baugebiets, aber in dessen unmittelbarer Nähe befindet, beim Verwal­tungs­ge­richtshof ein Normen­kon­troll­ver­fahren eingeleitet.

Erwägungen zur Verringerung der Lärmein­wir­kungen insbesondere im Außen­wohn­bereich unzureichend

Der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg hat den Bebauungsplan aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2010 nunmehr für unwirksam erklärt. Er ist der Antragstellerin zwar nicht darin gefolgt, dass der Stadt Karlsruhe im Offen­la­ge­ver­fahren zahlreiche Verfah­rens­fehler unterlaufen seien. Er hat die Planung aber als insgesamt abwägungs­feh­lerhaft angesehen, weil die durch die Planung hervorgerufene Lärmproblematik nicht hinreichend bewältigt worden sei. Die Stadt habe in unmittelbarer Nähe der Kreisstraße 9653 reine und allgemeine Wohngebiete zugelassen, obwohl in Teilbereichen des Plangebiets die hierfür einschlägigen Orien­tie­rungswerte der DIN 18005 („Lärmschutz im Städtebau“) überschritten würden. Eine solche Planung sei zwar im Ergebnis nicht von vornherein abwägungs­feh­lerhaft, so der Verwal­tungs­ge­richtshof weiter, die planende Gemeinde müsse in diesem Fall aber die Lärmbe­trof­fen­heiten ausreichend ermitteln und im Rahmen der Abwägungs­ent­scheidung Überlegungen dazu anstellen, inwieweit die Wohnbebauung trotz Überschreitung der Lärm-Orien­tie­rungswerte zugelassen werden solle. Ausreichende Erwägungen der Stadt hierzu lägen nicht vor. Vor allem habe sie sich zu der Frage, ob und inwieweit Außen­wohn­be­reiche (Terrassen, Balkons, Gartenflächen) von Lärmein­wir­kungen betroffen und diese gegebenenfalls zu verringern seien, überhaupt keine Gedanken gemacht, obgleich im Plangebiet doch gerade Familien mit Kindern wohnen sollten. Der VGH hat weiter beanstandet, dass der private Belang der Antragstellerin, von Durch­gangs­verkehr verschont zu bleiben, in den Festsetzungen nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Dagegen seien Naturschutz- und Landschafts­schutz­belange fehlerfrei abgewogen worden. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Stadt trotz zahlreicher innerörtlicher Baulücken bisherige Außen­be­reichs­flächen überplane.

Quelle: ra-online, Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg

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