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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil21.06.2010
VGH Baden-Württemberg: Bebauungsplan aufgrund Abwägungsfehlern hinsichtlich des Lärmschutzes unwirksamKeine ausreichenden Erwägungen der Stadt zur Zulassung des Bauvorhabens trotz Überschreitung der Lärm-Orientierungswerte
Ein Bebauungsplan, der ein reines und allgemeines Wohngebiet in unmittelbarer Nähe einer Kreisstraße vorsieht und dabei übersieht, dass einschlägige Orientierungswerte für Lärmschutz im Städtebau überschritten werden, ist wegen Abwägungsfehlern unwirksam. Dies entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg.
Im zugrunde liegenden Fall plant die Stadt Karlsruhe am Westrand des Stadtteils Stupferich, im Plangebiet „An der Klam/Illwig“, weitere Wohnbebauung in Form von reinen und allgemeinen Wohngebieten zuzulassen. Mit der Planung will sie erreichen, vor allem Familien mit Kindern ein „Wohnen im Grünen“ zu ermöglichen. Zudem soll der Stadtteil Stupferich an der allgemeinen Bevölkerungsentwicklung der Stadt - es wird auch in Zukunft eine Bevölkerungszunahme erwartet - teilhaben. Vorgesehen ist die Zulassung von etwa 80 Einzel-, Doppel - und Reihenhäusern.
Einwohner äußern Bedenken hinsichtlich einer erheblichen Lärmbelastung der Bewohner des Baugebiets durch Kreisstraße und Autobahn
Bereits im Planungsverfahren hatten zahlreiche Einwohner gegen die Planung u.a. eingewendet, sie bewirke nicht hinnehmbare Eingriffe in Natur und Landschaft und setze die Bewohner des Baugebiets einer erheblichen Lärmbelastung aus. Denn in unmittelbarer Nähe verliefen die Autobahn A 8 und die stark befahrene Kreisstraße 9653. Der Gemeinderat der Stadt Karlsruhe wies sämtliche Einwendungen in seiner Sitzung am 16. Dezember 2008 zurück. Im April 2009 hat eine Grundstückseigentümerin, deren Grundstück sich zwar außerhalb des vorgesehenen Baugebiets, aber in dessen unmittelbarer Nähe befindet, beim Verwaltungsgerichtshof ein Normenkontrollverfahren eingeleitet.
Erwägungen zur Verringerung der Lärmeinwirkungen insbesondere im Außenwohnbereich unzureichend
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat den Bebauungsplan aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 17. Juni 2010 nunmehr für unwirksam erklärt. Er ist der Antragstellerin zwar nicht darin gefolgt, dass der Stadt Karlsruhe im Offenlageverfahren zahlreiche Verfahrensfehler unterlaufen seien. Er hat die Planung aber als insgesamt abwägungsfehlerhaft angesehen, weil die durch die Planung hervorgerufene Lärmproblematik nicht hinreichend bewältigt worden sei. Die Stadt habe in unmittelbarer Nähe der Kreisstraße 9653 reine und allgemeine Wohngebiete zugelassen, obwohl in Teilbereichen des Plangebiets die hierfür einschlägigen Orientierungswerte der DIN 18005 („Lärmschutz im Städtebau“) überschritten würden. Eine solche Planung sei zwar im Ergebnis nicht von vornherein abwägungsfehlerhaft, so der Verwaltungsgerichtshof weiter, die planende Gemeinde müsse in diesem Fall aber die Lärmbetroffenheiten ausreichend ermitteln und im Rahmen der Abwägungsentscheidung Überlegungen dazu anstellen, inwieweit die Wohnbebauung trotz Überschreitung der Lärm-Orientierungswerte zugelassen werden solle. Ausreichende Erwägungen der Stadt hierzu lägen nicht vor. Vor allem habe sie sich zu der Frage, ob und inwieweit Außenwohnbereiche (Terrassen, Balkons, Gartenflächen) von Lärmeinwirkungen betroffen und diese gegebenenfalls zu verringern seien, überhaupt keine Gedanken gemacht, obgleich im Plangebiet doch gerade Familien mit Kindern wohnen sollten. Der VGH hat weiter beanstandet, dass der private Belang der Antragstellerin, von Durchgangsverkehr verschont zu bleiben, in den Festsetzungen nicht hinreichend berücksichtigt worden sei. Dagegen seien Naturschutz- und Landschaftsschutzbelange fehlerfrei abgewogen worden. Es sei auch nicht zu beanstanden, dass die Stadt trotz zahlreicher innerörtlicher Baulücken bisherige Außenbereichsflächen überplane.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 22.06.2010
Quelle: ra-online, Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg
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