21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss15.01.2013

Landesbeamte dürfen Ruhestand bis zum 68. Lebensjahr hinausschieben sofern dienstliche Interessen dem nicht entgegenstehenDienstherrn steht kein Spielraum bei Beurteilung dienstlicher Interessen zu

Das Landes­be­am­ten­gesetz gibt Beamten einen Rechtsanspruch auf Hinausschiebung ihres Eintritts in den Ruhestand bis zur Vollendung des 68. Lebensjahres, soweit dienstliche Interessen nicht entgegenstehen. Bei der Beurteilung, ob dienstliche Interessen entgegenstehen, hat der Dienstherr keinen Spielraum. Seine Entscheidung unterliegt in einem Rechtsstreit daher grundsätzlich voller gerichtlicher Kontrolle. Dies geht aus einer Entscheidung des Verwal­tungs­ge­richtshofs Baden-Württemberg hervor.

Der 1947 geborene Kläger des zugrunde liegenden Falls ist Sonder­schul­rektor im Dienst des Beklagten. Auf seinen Antrag schob das Regie­rungs­prä­sidium Freiburg seinen Eintritt in den Ruhestand um ein Jahr bis zum 31. Juli 2012 hinaus. Den zweiten Antrag des Klägers, den Eintritt in den Ruhestand um ein weiteres Jahr hinaus zu schieben, lehnte die Behörde wegen entge­gen­ste­hender, in der Person des Klägers liegender dienstlicher Interessen ab.

VG gibt Klage auf Hinausschiebung des Ruhestandes statt

Mit seiner Klage begehrte der Kläger die Verpflichtung des Beklagten, den Eintritt in den Ruhestand bis zum 31. Juli 2013 hinaus­zu­schieben. Das Verwal­tungs­gericht gab der Klage statt. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung machte der Beklagte ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache und Abweichung von oberge­richt­licher Rechtsprechung geltend. Diesen Antrag hat der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg jetzt abgelehnt.

Überg­angs­vor­schrift im Dienst­rechts­re­form­gesetz sieht Möglichkeit des Hinausschiebens des Ruhestandes ausdrücklich vor

Der Verwal­tungs­ge­richtshof teilt die vom Beklagten dargelegten Einwendungen gegen die Richtigkeit des verwal­tungs­ge­richt­lichen Urteils nicht. Richtig sei zunächst die Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts, dass das Landes­be­am­ten­gesetz einen Rechtsanspruch des Beamten auf Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand für den Fall begründe, dass dienstliche Interessen nicht entgegenstehen. Das folge bereits aus dem Wortlaut der das Landes­be­am­ten­gesetz modifizierenden einschlägigen Überg­angs­vor­schrift im Dienst­rechts­re­form­gesetz vom 9. Oktober 2010. Die Bestimmung sei zwingend formuliert. Denn es heiße darin, dass einem Antrag der Beamtin oder des Beamten auf Hinausschiebung des Eintritts in den Ruhestand bis zu dem Ablauf des Monats, in dem die Beamtin oder der Beamte das 68. Lebensjahr vollendet, "stattzugeben ist", soweit dienstliche Interessen nicht entgegenstehen. Aber auch die Ziele der Geset­ze­s­än­derung, das Hinausschieben des Ruhestands im Rahmen einer Initiative für freiwillige Weiterarbeit zu erleichtern und attraktiv zu machen und Altersgrenzen für den Ruhestand nach dem Vorbild der gesetzlichen Renten­ver­si­cherung in das Beamtenrecht zu übertragen, sprächen für den Rechtsanspruch. Die insoweit vom Beklagten vorgebrachten Einwände rechtfertigten keine andere Beurteilung.

Dienstherrn steht Beurtei­lungs­spielraum nur bei verwal­tungs­po­li­tischen Entscheidungen über Stärke und Einsatz des Personals zu

Keine Richtig­keits­zweifel am Urteil bestünden auch, soweit das Verwal­tungs­gericht entge­gen­stehende dienstliche Interessen verneint habe. Bei diesem Ausschlussgrund handele es sich um einen unbestimmten Rechtsbegriff, der grundsätzlich voller gerichtlicher Kontrolle unterliege. Dem Dienstherrn stehe insoweit kein Beurtei­lungs­spielraum zu. Er habe einen derartigen Spielraum lediglich bei verwal­tungs­po­li­tischen Entscheidungen über Stärke und Einsatz des Personals, mit denen die dienstlichen Interessen maßgeblich vorprägt würden. Diese Maßstäbe habe das Verwal­tungs­gericht nicht verkannt. Es habe auch das vom Beklagten angeführte Interesse an sachgemäßer und reibungsloser Aufga­be­n­er­füllung durch den Beamten zutreffend als ein dienstliches Interesse bewertet, dass dem Hinausschieben des Ruhestandes im Einzelfall entgegenstehen könnte. Es habe diesen Ausschlussgrund hier aber nach ausführlicher Befragung des Klägers und des Vertreters des Regie­rungs­prä­sidiums in der mündlichen Verhandlung in eingehender Würdigung der gegen den Kläger erhobenen Vorwürfe verneint. Dem setze der Zulas­sungs­antrag des Beklagten nichts Substanzielles entgegen.

Schließlich rechtfertigten die Darlegungen des Beklagten eine Zulassung der Berufung auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache oder wegen einer Abweichung von oberge­richt­licher Rechtsprechung.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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