Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss16.07.2014
Vergnügungssteuer für Tantra-Ganzkörpermassage ist rechtmäßig"Gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen" unterliegt der Vergnügungssteuer
Das Angebot von Tantra-Massagen als Ganzkörpermassagen unter Einbeziehung des Intimbereichs in einem Massage-Studio ist eine "gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen" im Sinne der Vergnügungssteuersatzung der Landeshauptstadt Stuttgart. Dies entschied der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg. Damit blieb die Berufung der Inhaberin eines Stuttgarter Massage-Studios gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart ohne Erfolg.
Nach § 1 Absatz 2 Nr. 10 der am 1. Januar 2012 in Kraft getretenen Vergnügungssteuersatzung der Beklagten unterliegt "das gezielte Einräumen der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen in Bordellen, Laufhäusern, Bars, Sauna-, FKK- und Swingerclubs und ähnlichen Einrichtungen" der Vergnügungssteuer. Die Klägerin des zugrunde liegenden Streitfalls betreibt in Stuttgart ein Massage-Studio und bietet dort u.a. so genannte Tantra-Ganzkörpermassagen unter Einbeziehung des Intimbereichs an. Die beklagte Landeshauptstadt Stuttgart veranlagte die Klägerin zur Vergnügungssteuer, weil sie mit ihrem Angebot im Sinne der Satzungsregelung "in einer ähnlichen Einrichtung gezielt Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen" einräume. Die Klägerin erhob erfolglos Widerspruch und anschließend Klage. Sie machte geltend, Hauptzweck der Massage sei nicht das sexuelle Vergnügen, sondern das ganzheitliche Wohlbefinden und eine ganzheitliche Selbsterfahrung im Sinne der tantrischen Erkenntnislehre.
Vergnügungssteuer als typische örtliche Aufwandsteuer rechtlich zulässig
Das Verwaltungsgericht Stuttgart wies ihre Klage mit Urteil vom 6. November 2013 ab. Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat die Berufung der Klägerin gegen dieses Urteil nunmehr zurückgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof stellt zunächst fest, dass die Vergnügungssteuer als eine typische örtliche Aufwandsteuer rechtlich zulässig sei. Besteuert werde die erhöhte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines sich Vergnügenden, wie sie sich in der Verwendung seines Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf im örtlichen Bereich der Beklagten ausdrücke. Die Vergnügungssteuer beruhe auf dem allgemeinen Gedanken, dass demjenigen, der sich ein - entgeltliches - Vergnügen leiste, eine zusätzliche Abgabe für die Allgemeinheit zumutbar sei. Zum herkömmlichen Bild der Vergnügungssteuer gehöre, dass sie, wie auch hier, zur Vereinfachung der Abwicklung beim Veranstalter des Vergnügens erhoben werde und nicht unmittelbar bei dem sich Vergnügenden, den sie im Grunde treffen solle.
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Massage bietet bei objektiver Betrachtungsweise eine Zerstreuung und Entspannung mit erotischem Bezug
Die streitige Satzungsregelung sei hinreichend bestimmt, insbesondere was den Begriff "ähnliche Einrichtungen" angehe. Sie sei entgegen der Ansicht der Klägerin nicht auf Einrichtungen mit Bezug zum Rotlichtmilieu beschränkt. Das Angebot von Tantra-Massagen als Ganzkörpermassagen unter Einbeziehung des Intimbereichs in einem Massage-Studio sei auch eine "gezielte Einräumung der Gelegenheit zu sexuellen Vergnügungen" im Sinne dieser Satzungsregelung. Eine solche Massage biete bei objektiver Betrachtungsweise eine Zerstreuung und Entspannung mit erotischem Bezug. Hieran könne in Ansehung der Werbung der Klägerin, aber auch der Grundsätze des Tantramassagen-Verbandes nicht ernstlich gezweifelt werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 21.07.2014
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online