Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Beschluss05.03.2012
Stuttgart 21: Aufzug durch Bahnhalle des Stuttgarter Hauptbahnhofs bleibt verbotenSicherheit und Funktionsfähigkeit des Bahnhofs rechtfertigten Einschränkungen der Versammlungsfreiheit
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg hat ein von der Stadt Stuttgart verhängtes Verbot, mit dem ein angemeldeter Aufzug durch die Kopfbahnsteighalle des Stuttgarter Hauptbahnhofs untersagt wurde, bestätigt. Die Sicherheit und Funktionsfähigkeit des Bahnhofs rechtfertigten nach Auffassung des Gerichts an dieser Stelle eine Einschränkung der Versammlungsfreiheit.
Im zugrunde liegenden Fall hatte die Stadt Stuttgart den von der Antragstellerin für Montag, den 5. März 2012 angemeldeten Aufzug durch die Kopfbahnsteighalle des Stuttgarter Hauptbahnhofs mit Verfügung vom 27. Februar 2012 verboten. Das Verwaltungsgericht Stuttgart hat mit Beschluss vom 2. März 2012 den Antrag der Antragstellerin abgelehnt, im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes den Aufzug gleichwohl durchführen zu dürfen.
Geplanter Aufzug durch Kopfbahnsteighalle lässt gravierende Störungen in der Abwicklung des Reiseverkehrs erwarten
Der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg bestätigte die Entscheidung des Verwaltungsgerichts und wies die Beschwerde der Antragstellerin zurück. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Stuttgarter Hauptbahnhof ein zentraler Verkehrsknotenpunkt für Personenströme sei und auf den reibungslosen Ablauf des Bahnverkehrs baue. Durch den geplanten Aufzug durch die Kopfbahnsteighalle seien gravierende Störungen in der Abwicklung des Reiseverkehrs zu erwarten. Diese Gefährdungslage werde dadurch verstärkt, dass es sich bei der Kopfbahnsteighalle um einen Vorbau handle, der unmittelbar dem Zu- und Abgang zu und von den Gleisen diene. Damit bestehe eine unmittelbare Verbindung von Bereichen, die als Räume öffentlicher Kommunikation ausgestaltet sind, mit Einrichtungen, die der Verkehrsfunktion dienen. Bei einer erhöhten Verkehrsdichte, wie sie im Hauptberufsverkehr im Zeitpunkt des geplanten Aufzugs um 18.45 Uhr vorliege, sei im Falle des Aufzugs mit mindestens 1.000 Teilnehmern mit ganz erheblichen Behinderungen zu rechnen. Hinzu komme, dass die Versammlungsteilnehmer nicht mit dem Strom der Reisenden „mit schwämmen“, sondern queren würden. Dadurch seien erhebliche Einschränkungen für die Bahnreisenden zu erwarten. Angesichts des zu erwartenden dichten Gedränges beim Zusammentreffen von Bahnreisenden und Versammlungsteilnehmern und der beengten Örtlichkeiten scheine es realitätsfern, dass hierbei von den Versammlungsteilnehmern „Gassen“ für die Bahnreisenden gelassen würden. Hinzu komme, dass wegen der zu erwartenden Lärmbelästigung und mit Blick auf die besondere Akustik der Bahnhofshalle dringende Lautsprecherdurchsagen nicht mehr gewährleistet wären. Dies habe der Aufzug durch das Hauptbahnhofgebäude am 6. Februar 2012 bestätigt. Andere weniger belastende Auflagen seien aufgrund der besonderen Verhältnisse der Kopfbahnsteighalle nicht realisierbar. Die Sicherheit und die Funktionsfähigkeit des Bahnhofs rechtfertigten die Einschränkungen der Versammlungsfreiheit. Das Gericht wies darauf hin, dass dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit durch Zuweisung einer Alternativroute hinreichend Rechnung getragen worden sei.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 05.03.2012
Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online