18.10.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil10.11.2011

Bundesparteitag der NPD darf nicht in Offenbacher Abtsberghalle stattfindenParteiinterne politische Veranstaltungen nicht vom Widmungszweck der Halle umfasst

Die Stadt Offenburg ist nicht verpflichtet, der Natio­na­l­de­mo­kra­tischen Partei Deutschlands (NPD) am 12. und 13. November 2011 die Abtsberghalle für ihren Bundesparteitag zur Verfügung zu stellen, da parteiinterne politische Veranstaltungen nicht vom Widmungszweck der Halle umfasst sind. Dies entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg.

Im zugrunde liegenden Fall ging im September 2011 ging bei der Stadt Offenburg von privater Seite eine Reser­vie­rungs­anfrage für den 12. und 13.11.2011 ein. Danach sollte die Abtsberghalle für die Durchführung einer Infor­ma­ti­o­ns­ver­an­staltung zum Thema „sexueller Kindes­miss­brauch“ angemietet werden. Als die Stadt daraufhin der Privatperson einen Benut­zungs­vertrag übersandte, meldete sich die NPD und teilte mit, dass die Privatperson von der geplanten Nutzung zurücktrete und stattdessen an dem genannten Termin der Bundesparteitag der NPD stattfinden solle. Mit Schreiben vom 29. September 2011 lehnte die Stadt die Anfrage der NPD ab unter Hinweis auf eine ursprünglich geplante Veranstaltung der Ortsverwaltung zum Volkstrauertrag, die nur wegen der Brisanz des Themas der ursprünglich geplanten Infor­ma­ti­o­ns­ver­an­staltung zurückgestellt worden wäre. Angesichts der massiven Täuschung der NPD bestehe kein Anlass mehr, die Interessen der Ortsverwaltung hintanzustellen.

NPD Hinweis auf Eigennutzung der Räumlichkeiten durch die Stadt für vorgeschoben

Die NPD wandte sich daraufhin an das Verwal­tungs­gericht Freiburg und machte geltend, die Eigennutzung der Stadt sei nur vorgeschoben, im Übrigen sei ihr nach dem Priori­täts­grundsatz der Vorrang einzuräumen. Auch seien die Räumlichkeiten schon mehrfach politischen Parteien überlassen worden. Das Verwal­tungs­gericht wies den Eilantrag ab. Auch die Beschwerde der NPD beim Verwal­tungs­ge­richtshof Baden-Württemberg blieb ohne Erfolg.

Versamm­lungshalle wird von der Stadt vorrangig privaten Gesellschaften und Vereinen zu ideellen Versammlungen zur verfügung gestellt

Die NPD könne nicht verlangen, dass ihr die Abtsberghalle in Zell-Weierbach für die Durchführung ihres Bunde­s­par­teitages am 12. und 13. November 2011 überlassen werde, entschied der Verwal­tungs­ge­richtshof. Der Grundsatz der Chancen­gleichheit verpflichte zwar Kommunen, politische Parteien gleich zu behandeln, wenn sie diesen ihre kommunalen Einrichtungen zur Nutzung zur Verfügung stellten. Daraus ergebe sich aber nicht der von der NPD begehrte Anspruch auf Überlassung der Halle. Der bisherigen Vergabepraxis der Stadt, aus der sich die Widmung der Abtsberghalle ablesen lasse, sei zu entnehmen, dass die Halle vorrangig privaten Gesellschaften und Vereinen zu ideellen Versammlungen sowie Unternehmen zur Durchführung von Tagungen, Haupt­ver­samm­lungen und Betrie­bs­aus­flügen zur Verfügung gestellt werde. Landes- oder Bunde­s­par­teitage oder andere partei­or­ga­ni­sa­to­rische oder parteiinterne Veranstaltungen seien dort zu keinem Zeitpunkt abgehalten worden.

Von der NPD angeführte Veranstaltungen der SPD und CDU nicht mit geplantem Bundesparteitag der NPD vergleichbar

Aus den zwei Veranstaltungen mit politischen Bezügen, die in den letzten sechs Jahren in der Abtsberghalle stattgefunden hätten, sei entgegen der Ansicht der Antragstellerin nicht auf eine generelle Zulassung politischer Veranstaltungen gleich welcher Art schließen, so der Gerichtshof weiter. Die Abend­ver­an­staltung der SPD mit Essen und Unterhaltung am 14. Oktober 2011 habe zwar anlässlich des SPD-Parteitages stattgefunden. Der Parteitag selbst sei aber in der Oberrheinhalle in Offenburg abgehalten worden. Selbst wenn die - geselligen Zwecken dienende - Abend­ver­an­staltung parteiintern geblieben sein sollte, sei jedenfalls nicht erkennbar, dass dabei weitere Tages­ord­nungs­punkte des SPD-Parteitages abgearbeitet worden seien und die Halle damit (weitere) Tagungsstätte gewesen sei. Auch die Wahlkampf­ver­an­staltung der CDU im September 2005, bei der Friedrich Merz öffentlich und allgemein zugänglich eine Rede gehalten habe, sei mit dem geplanten Bundesparteitag nicht vergleichbar. Die Stadt und das Verwal­tungs­gericht hätten zu Recht unterschieden zwischen einerseits parteiinternen politischen Veranstaltungen, die nicht vom Widmungszweck umfasst seien und zu denen der geplante Bundesparteitag zähle, und andererseits Veranstaltungen mit allgemeinen politischen Bezügen, die dem Widmungszweck entsprächen. Diese Differenzierung sei sachgerecht und verfas­sungs­rechtlich unbedenklich. Ob angesichts der verfas­sungs­recht­lichen Vorgaben allein das „Täuschungs­manöver“ der NPD im Vorfeld der Antragstellung und die eigenen, zunächst nur zurück­ge­stellten Belegungs­ab­sichten der Stadt für den Volkstrauertag die Ablehnung rechtfertigen könnten, ließ der Verwal­tungs­ge­richtshof offen.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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