21.11.2024
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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil18.05.2017

Aufenthalts- und Betre­tungs­verbote gegen Freiburger Fußballfans rechtmäßigZusätzlich erteilte Meldeauflagen nicht zulässig

Der Verwaltungs­gerichts­hof hat in drei parallel gelagerten Berufungs­ver­fahren entschieden, dass mehrere von der Stadt Freiburg gegen Fußballfans aus der Ultraszene des SC Freiburg ausgesprochene Aufenthalts- und Betre­tungs­verbote rechtmäßig waren. Meldeauflagen, die einem der Kläger zusätzlich erteilt worden waren, sah der Verwaltungs­gerichts­hof dagegen als rechtswidrig an.

Dem Verfahren lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Polizei in Freiburg verzeichnete ab 2009 einen Anstieg von Gewaltdelikten anlässlich von Fußballspielen des SC Freiburg. Vor diesem Hintergrund verbot die Stadt Freiburg den Klägern mit mehreren Bescheiden, bestimmte Bereiche im Umfeld des SC-Freiburg-Stadions, der Innenstadt und des Stadtteils Stühlinger an Heimspieltagen zwischen August und Dezember 2014 zu betreten. Einem der Kläger waren darüber hinaus sogenannte Meldeauflagen erteilt worden. Diese verpflichteten ihn, sich in dem genannten Zeitraum an Auswärts­s­pieltagen des SC bei einer Polizei­dienst­stelle in Freiburg zu melden; dadurch sollte verhindert werden, dass er zum jeweiligen Auswärts­s­pielort anreist. Die drei Kläger waren nach Einschätzung der Polizei dem gewaltbereiten Spektrum der Freiburger Fußballszene und sogenannten Ultragruppen zuzuordnen. Die Kläger erhoben Klagen zum Verwal­tungs­gericht Freiburg und beantragten festzustellen, dass die Verbote und die Meldeauflagen rechtswidrig waren. Das Verwal­tungs­gericht gab einer dieser Klagen in vollem Umfang und zwei Klagen teilweise statt. Gegen diese Urteile hatten die Stadt und, soweit sie teilweise verloren hatten, auch die Kläger Berufung eingelegt.

VGH bejaht Rechtmäßigkeit des Aufent­halts­verbots

Der Verwal­tungs­ge­richtshofs Baden-Württemberg entschied in allen drei Berufungs­ver­fahren, dass die Aufenthalts- und Betre­tungs­verbote rechtmäßig waren. Zur Begründung verwies der Verwal­tungs­ge­richtshof auf die Rechtsgrundlage aus dem baden-württem­ber­gischen Polizeigesetz (PolG) für Aufent­halts­verbote. Nach dieser Vorschrift kann die Polizei einer Person verbieten, einen bestimmten Ort, ein bestimmtes Gebiet innerhalb einer Gemeinde oder ein Gemeindegebiet zu betreten oder sich dort aufzuhalten, "wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass diese Person dort eine Straftat begehen oder zu ihrer Begehung beitragen wird". Das Aufenthaltsverbot darf nach der Vorschrift "die Dauer von drei Monaten nicht überschreiten" (§ 27 a Abs. 3 PolG).

Voraussetzungen für Aufent­halts­verbot erfüllt

Der Verwal­tungs­ge­richtshof führte aus, dass die Voraussetzungen für den Erlass eines Aufent­halts­verbotes in den Fällen der Kläger erfüllt gewesen seien. Eine "Tatsache" im Sinne dieser Vorschrift könne insbesondere die Zugehörigkeit einer Person zu einer in der Vergangenheit als gewaltbereit aufgefallenen Gruppe - wie hier "Ultras" einer Fußballszene - sein. Auch die Teilnahme eines Fußballfans an sogenannten Drittor­taus­ein­an­der­set­zungen - d. h. an mit Anhängern anderer Mannschaften einvernehmlich verabredeten, außerhalb der eigentlichen Fußba­ll­be­gegnung und nach gewissen "Regeln" abgehaltenen Schlägereien - könne für die Prognose, ob er innerhalb eines Stadions oder der Innenstadt Straftaten begehen oder zu ihrer Begehung beitragen werde, berücksichtigt werden.

Erlass eines erneuten Aufent­halts­verbots nach Ablauf eines vorherigen Aufent­halts­verbotes nicht ausgeschlossen

Zwischen den Beteiligten der Verfahren war außerdem umstritten, wie die zitierte Dreimo­nats­grenze aus dem Polizeigesetz genau auszulegen ist. Da die Beklagte Aufent­halts­verbote für August bis Dezember 2014 ausgesprochen hatte, meinten die Kläger, die Grenze sei überschritten worden. Die Beklagte war anderer Auffassung, weil sie innerhalb dieses Zeitraums Verbote nur für einzelne Tage ausgesprochen hatte und die Tage in der Summe nicht mehr als drei Monate umfassten. Der Verwal­tungs­ge­richtshof hat nun entschieden, dass die Polizei in einem Bescheid (Verwaltungsakt) ein Aufent­halts­verbot längstens für die sich an den ersten Tag der Wirksamkeit des Verbots anschließenden drei Monate aussprechen könne. Zudem müsse das Verbot alsbald nach Erlass des Verwaltungsakts beginnen. Nach dem Erlass eines Aufent­halts­verbots sei der Erlass eines erneuten Aufent­halts­verbots nicht ausgeschlossen. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass die Polizei eine neue aktuelle Gefah­ren­prognose erstelle und dass diese ergebe, dass die Voraussetzungen des § 27 a Abs. 2 Satz 1 PolG weiterhin vorlägen. Diese Vorgaben habe die Beklagte hier im Ergebnis eingehalten.

Meldeauflage unver­hält­nismäßig

Die einem der drei Kläger von der Beklagten erteilten Meldeauflagen (Verfahren 1 S 1693/16) hat der Verwal­tungs­ge­richtshof dagegen als rechtswidrig angesehen. Diese Maßnahme sei unver­hält­nismäßig gewesen. Es hätte ausgereicht, dem Kläger eine Meldeauflage zu erteilen, die ihn an den Auswärts­s­pieltagen nicht - wie geschehen - grundsätzlich an seinen Wohnort Freiburg gebunden, sondern es ihm ermöglicht hätte, sich auch an anderen Polizei­dienst­stellen im Bundesgebiet mit Ausnahme des Austragungsorts des Auswärtsspiels zu melden.

Den beiden anderen Klägern waren von anderen Polizeibehörden als der Stadt Freiburg ebenfalls Meldeauflagen erteilt worden; darüber hatte der Verwal­tungs­ge­richtshof allerdings nicht zu entscheiden, da sie nicht Gegenstand der Berufungs­ver­fahren waren.

Quelle: Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg/ra-online

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