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Dokument-Nr. 29353

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Verwaltungsgericht Wiesbaden Beschluss22.10.2020

Anordnung zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung für SchülerInnen ab der 5. Jahrgangsstufe rechtmäßig

Die 7. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Wiesbaden hat mit Beschluss vom 22. Oktober 2020 den Eilantrag eines Schülers aus Wiesbaden mit dem Ziel, selbst im Unterricht keinen Mund-Nasen-Schutz tragen zu müssen, abgelehnt.

Das Gericht befand, dass die Allge­mein­ver­fü­gungen des Gesund­heit­samtes der Landes­hauptstadt Wiesbaden - Infek­ti­o­ns­schutz - vom 16. Oktober 2020 und die Allge­mein­ver­fügung des Magistrats der Landes­hauptstadt Wiesbaden - Gesundheitsamt - vom 16. Oktober 2020 nach summarischer Prüfung offensichtlich rechtmäßig sind.

Gesundheitsamt hatte die Anordnung erlassen

Die Allge­mein­ver­fü­gungen seien von den zuständigen Behörden, nämlich dem Gesundheitsamt als eigenständiger Behörde sowie dem Magistrat, zur Verhinderung der Verbreitung übertragbarer Krankheiten nach dem Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz, erlassen worden. Die Voraussetzungen für den Erlass der Anordnungen nach dem Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz lägen vor. Zwar bestimme § 3 Abs. 1 Satz 1 der Zweiten Corona-Verordnung, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung in der Schule nicht während des Präsen­z­un­ter­richts im Klassen- oder Kursverband bestehe. Allerdings dürften nach der Öffnungsklausel in § 11 der Zweiten Corona-Verordnung die örtlich zuständigen Behörden auch über die Verordnung hinausgehende Maßnahmen anordnen. Auch in Wiesbaden zeige sich eine zunehmend verschärfende Infektionslage, die auch bei Erlass der Allge­mein­ver­fü­gungen bereits gegeben gewesen sei. Vor dem Ende der Herbstferien sei die 7-Tage-Inzidenz von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner überschritten gewesen. Unmittelbar nach Erlass der Allge­mein­ver­fü­gungen seien es mehr als 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner in den vergangenen 7 Tagen gewesen. Ab den Herbstferien habe sich das Infek­ti­o­ns­ge­schehen auf dem Gebiet der Landes­hauptstadt Wiesbaden äußerst dynamisch entwickelt. Es gebe zahlreiche Infizierte und Kranke und auch eine unbestimmte Zahl an Krank­heits­ver­dächtigen, was nach dem Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz eine höhere Gefahrenlage begründe. Aktuell (Stand: Nr. 12/2020 21. Oktober 2020) seien insgesamt 255 Personen infiziert und die Landes­hauptstadt Wiesbaden habe nach dem hessischen Eskalation- und Präven­ti­o­ns­konzept die Stufe 5 (dunkelrot) erreicht mit einer 7-Tages-Inzidenz von 89,7 pro 100.000 Einwohner.

Die grundsätzliche Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung auch während des Unterrichts sei geeignet, die Geschwindigkeit des Atemstromes und des Speichel-/Schleim-/Tröpf­che­n­auswurfs deutlich zu reduzieren. Sie diene durch die Erschwerung der durch Husten und Niesen ungehinderten Diffusion von virusbehafteten Aerosolen und infektiösen Tröpfchen und insofern vor allem dem Fremdschutz. Bei allgemeiner Verwendung von Mund-Nasen-Bedeckungen bestehe so ein wechselseitiger Schutz. Die Anordnung des Tragens einer Mund-Nasen-Bedeckung ziele somit darauf ab, die Weiter­ver­breitung übertragbarer Krankheiten zu verhindern. Dies gelte in besonderem Maße im Präsen­z­un­terricht in Schulen, in dem sich die Schülerinnen und Schüler räumlich beengt, häufig ohne die Möglichkeit des einzuhaltenden gebotenen Minde­st­ab­s­tandes von 1,5 m in geschlossenen Räumen aufhielten, in denen sich nicht zuletzt infektiöse Aerosole anreichern könnten. Das Tragen von Mund-Nasen-Bedeckungen im Präsen­z­un­terricht sei damit ein wirksames und geeignetes Mittel, um das legitime Ziel zu verfolgen, die Weiter­ver­breitung von SARS-CoV-2 in den Schulen und aus den Schulen heraus in die Bevölkerung zu verhindern bzw. gar zu unterbinden.

Kein milderes, aber gleich wirksames Mittel ersichtlich

Ein milderes, aber gleich wirksames Mittel sei nicht ersichtlich. Insbesondere erreichten bloße Ermahnungen oder dringende Empfehlungen nicht die erforderliche Wirksamkeit, da sie nicht für einheitlich schützende Verhältnisse sorgen könnten. Viele hätten den Ernst der Lage immer noch nicht verstanden und gefährdeten nicht nur sich selbst, sondern andere rücksichtslos. Auch das regelmäßige Durchlüften der Unter­richtsräume stelle nur eine flankierende, aber nicht ebenso wirksame Maßnahme zur Reduzierung der Weiter­ver­breitung des Virus dar. Die alternative Schließung von Schulen und Ausbil­dungs­stätten wiege ungleich schwerwiegender. Die Anordnung in den Allge­mein­ver­fü­gungen sei auch angemessen. Die Abwägung zwischen der allgemeinen Handlungs­freiheit des Antragstellers mit dem Schutz der Gesundheit der Mitschüler, des Lehrpersonals und schließlich der gesamten Bevölkerung sowie dem Interesse an der Funkti­o­ns­fä­higkeit des öffentlichen Gesund­heits­wesens führe zu dem Ergebnis, dass auch angesichts der zunächst auf 14 Tage beschränkten Anordnung die Interessen des Antragstellers zurückträten. Es sei für das Gericht nicht nachvollziehbar, warum mit dem Tragen etwa einer einfachen textilen Bedeckung die Beteiligung am Unterricht unzumutbar oder und gar unmöglich würde. Dass nachhaltige Schädigungen durch das längere Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung entstehen könnten, sei reine Spekulation.

Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden, ra-online (pm/pt)

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