18.10.2024
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Sie sehen einen Teil der Glaskuppel und einen Turm des Reichstagsgebäudes in Berlin.

Dokument-Nr. 33468

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Verwaltungsgericht Wiesbaden Beschluss14.11.2023

Einstufung des hessischen Landesverbands der AfD als „Verdachtsfall“ und Beobachtung durch Verfas­sungs­schutz rechtmäßigÖffentliche Bekanntgabe der Beobachtung rechtswidrig

Das Verwal­tungs­gericht (VG) Wiesbaden hat über mehrere Eilanträge der AfD entschieden und beschlossen, dass die Einstufung des hessischen Landesverbands der AfD als „Verdachtsfall“ und Beobachtung durch Verfas­sungs­schutz rechtmäßig, aber die Mitteilung über die Einstufung als "Verdachtsfall" voraussichtlich rechtswidrig ist

Das LfV stufte die AfD als Verdachtsfall ein und beabsichtigt, diese mit nachrich­ten­dienst­lichen Mitteln zu beobachten. Diesbezüglich veröffentlichte das LfV unter anderem auf seiner Homepage anlässlich der Vorstellung des hessischen Verfas­sungs­schutz­be­richtes 2021 eine Presse­mit­teilung. Der damalige Präsident des LfV äußerte sich dazu auch in der Hessenschau. Die AfD begehrt im Wege des Eilrechts­schutzes insbesondere die Unterlassung der Beobachtung und Löschung bzw. Unterlassung der Bekanntgabe sowie die öffentliche Richtigstellung der Berich­t­er­stattung.

AfD bewegt sich "außerhalb der Meinungs­freiheit"

Das VG gab dem Eilantrag teilweise statt und lehnte ihn im Übrigen ab. Die AfD habe keinen Anspruch auf Unterlassung der Beobachtung bzw. auf Unterlassung der Behandlung, Einordnung oder Führung als „Verdachtsfall“. Diese Maßnahmen seien nach den im Eilverfahren zugrunde zu legenden Maßstäben rechtmäßig. Es lägen ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte über Bestrebungen des hessischen Landesverbands der AfD vor, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung in Ausgestaltung der Garantie der Menschenwürde und des Demokra­tie­prinzips gerichtet seien. Es lägen Verhal­tens­weisen der hessischen AfD vor, die insbesondere in Verbindung mit erniedrigenden Bezeichnungen oder unangemessenen und unhaltbaren Vergleichen den Zweck verfolgten, beim Zuhörer Hass oder Neidgefühl hervorzurufen. Diese Verhal­tens­weisen seien generell geeignet, den Boden für unfriedliche Verhal­tens­weisen gegenüber den Betroffenen, insbesondere Flüchtlingen und Muslimen, zu bereiten. Auch bewege sich die AfD außerhalb der verfas­sungsmäßig geschützten Meinungs­freiheit und einer – auch zulässigerweise mit überspitzten Mitteln arbeitenden – politischen Opposition. Ihr Verhalten verdichte sich zu gehäuft auftretenden Beschimpfungen, Verdächtigungen und Verleumdungen, gerichtet gegen die Organe der Bundesrepublik und ihrer Repräsentanten mit der Tendenz, das Vertrauen der Bevölkerung in diese von Grund auf zu erschüttern und damit zugleich die freiheitliche demokratische Grundordnung als Ganzes fragwürdig erscheinen zu lassen. Zudem komme der pauschalen Absprache der Existenz­be­rech­tigung eines jeden politischen Gegners ein mit dem grund­ge­setz­lichen Demokra­tie­ver­ständnis unvereinbarer Anspruch auf Allein­re­prä­sentanz zum Ausdruck.

Öffentlichkeit darf mangels gesetzlicher Grundlage nicht informiert werden

Soweit das LfV die Beobachtung des hessischen Landesverbands der AfD der Öffentlichkeit bekannt gegeben habe, sei diese Maßnahme jedoch nach den im Eilverfahren anzulegenden Maßstäben rechtswidrig. Eine öffentliche Mitteilung, die AfD werde, weil es Hinweise auf verfas­sungs­feindliche Betätigungen gäbe, nun beobachtet, bedürfe angesichts der Auswirkungen auf das Recht der AfD, gleich­be­rechtigt am Prozess der Meinungs- und Willensbildung des Volkes teilzunehmen, einer gesetzlichen Ermäch­ti­gungs­grundlage. Im Unterschied zum Verfas­sungs­schutz­gesetz des Bundes sowie anderer Bundesländer sehe das Hessische Verfas­sungs­schutz­gesetz keine solche gesetzliche Grundlage für die so vorgenommene Information der Öffentlichkeit vor. Aus diesem Grunde sei das LfV auch dazu verpflichtet, eine Presse­mit­teilung zu veröffentlichen, wonach es vorläufig zu unterlassen habe, bekanntzugeben, dass die AfD als Beobach­tungs­objekt oder als Verdachtsfall geführt werde.

Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden, ra-online (pm/ab)

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