18.10.2024
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Dokument-Nr. 30873

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Verwaltungsgericht Wiesbaden Beschluss29.08.2021

EuGH-Vorlage bezüglich der Eintragung einer Restschuld­be­freiung bei der SCHUFA Holding AGVG Wiesbaden bittet EuGH um Vorab­ent­scheidung

Das Verwal­tungs­gericht Wiesbaden hat mit Beschluss entschieden, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen hinsichtlich der Eintragung einer Restschuld­be­freiung bei der SCHUFA Holding AG zur Klärung vorzulegen.

Gegenstand des Verfahrens vor dem VG Wiesbaden ist das Begehren des Klägers, die Eintragung einer Restschuldbefreiung aus dem Verzeichnis der SCHUFA Holding AG, einer privaten Wirtschafts­aus­kunftei, zu löschen. Die Information hinsichtlich der Restschuld­be­freiung stammt aus den Veröf­fent­li­chungen der Insol­venz­ge­richte, bei denen sie nach 6 Monaten gelöscht wird. Bei der SCHUFA erfolgt eine Löschung gemäß der „Verhal­tens­regeln für die Prüf- und Löschfristen von perso­nen­be­zogenen Daten durch die deutschen Wirtschafts­aus­kunfteien“ vom 25.05.2018 des Verbandes „Die Wirtschafts­aus­kunfteien e.V.“ erst 3 Jahre nach der Eintragung. In Bezug auf die Löschung wandte sich der Kläger mit einer Beschwerde an den Hessischen Beauftragten für Datenschutz und Infor­ma­ti­o­ns­freiheit als Aufsichts­behörde, der auf die Löschung der Eintragung bei der SCHUFA Holding AG hinwirken solle. Dieser lehnte das Begehren des Klägers jedoch ab. Das VG Wiesbaden hat mit Beschluss vom 31.08.2021 entschieden, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) mehrere Fragen zur Klärung vorzulegen.

Unterliegen Beschwer­de­ent­scheidung des Daten­schutz­be­auf­tragten der vollen inhaltlichen Kontrolle der Gerichte?

Zum einen sei zu klären, ob es genüge, wenn sich der Daten­schutz­be­auf­tragte wie im Falle einer Petition mit der Beschwerde der betroffenen Person überhaupt befasse und sie innerhalb eines bestimmten Zeitraums über den Stand und das Ergebnis der Beschwerde unterrichte. Es bestünden Zweifel, ob diese Auffassung mit der Daten­schutz­grund­ver­ordnung (DS-GVO) vereinbar sei, da hierdurch das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen die Aufsichts­behörde eingeschränkt werde. Es bedürfe einer Klärung, ob die Entscheidung der Aufsichts­behörde der vollen inhaltlichen Kontrolle der Gerichte unterliege.

Unzulässige Vorrats­da­ten­spei­cherung durch privaten Wirtschafts­aus­kunfteien?

Zudem legte das VG die Frage vor, ob die Eintragungen aus den öffentlichen Verzeichnissen, beispielsweise aus den Veröf­fent­li­chungen der Insol­venz­ge­richte, eins zu eins in privat geführte Verzeichnisse übertragen werden könnten, ohne dass ein konkreter Anlass zur Daten­spei­cherung bei der privaten Wirtschafts­aus­kunftei bestehe. Zweck der Speicherung sei vielmehr, die Daten im Fall einer eventuellen Auskunfts­anfrage durch ein Wirtschafts­un­ter­nehmen, z.B. eine Bank, verwenden zu können. Ob eine solche Auskunft jemals nachgefragt werde, sei dabei vollkommen offen. Dies führe letztendlich zu einer Vorratsdatenspeicherung, vor allem dann, wenn in dem nationalen Register die Daten schon wegen Ablaufs der Speicherfrist gelöscht worden seien. Die streit­ge­gen­ständliche Restschul­den­be­freiung sei in dem öffentlichen Register der Insol­venz­be­kannt­ma­chungen nach 6 Monaten zu löschen, während sie bei den privaten Wirtschafts­aus­kunfteien jedoch viel länger, ggf. noch weitere 3 Jahre gespeichert und bei Auskünften verarbeitet werden könne.

Sind parallele Datenhaltung durch Auskunfteien zulässig?

Es bestünden bereits Zweifel daran, ob eine „Parallelhaltung“ dieser Daten neben den staatlichen Registern bei einer Vielzahl privater Firmen überhaupt zulässig sei. Dabei sei zu beachten, dass die SCHUFA Holding AG nur eine von mehreren Auskunfteien sei und damit die Daten vielfach in Deutschland auf diesem Wege vorgehalten würden. Eine solche „Datenhaltung“ sei gesetzlich nicht geregelt und könne massiv in die wirtschaftliche Betätigung eines Betroffenen eingreifen.

Bei Zulässigkeit müssten jedenfalls dieselben Speicher- und Löschfristen wie in öffentlichen Registern gelten?

Sollte diese Speicherung jedoch zulässig sein, so müssten jedenfalls dieselben Speicher- und Löschfristen gelten, wie in den öffentlichen Registern. Dies mit der Folge, dass Daten, die im öffentlichen Register zu löschen seien, auch bei allen privaten Wirtschafts­aus­kunfteien, die diese Daten zusätzlich gespeichert hätten, zeitgleich gelöscht werden müssten.

Quelle: Verwaltungsgericht Wiesbaden, ra-online (pm/ab)

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