23.11.2024
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil05.02.2009

"Homo-Ehe": Lebenspartner haben doch Anspruch auf Famili­en­zu­schlagVG Stuttgart weicht von der bisherigen höchst­rich­ter­lichen Rechtsprechung ab

Beamte und Beamtinnen, die mit einer Person desselben Geschlechts in einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft leben, haben wie verheiratete Beamte Anspruch auf Famili­en­zu­schlag. Das hat das Verwal­tungs­gericht Stuttgart in Abweichung von anderslautenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts entschieden.

Der klagende Beamte lebt seit September 2001 in einer eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft. Der Dienstherr des Klägers lehnte es ab, ihm als Teil seiner monatlichen Bezüge auch den Familienzuschlag zu zahlen.

Anspruch ergibt sich aus der Antidis­kri­mi­nie­rungs­richtlinie

Nach der Entscheidung der 4. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts ergibt sich der Anspruch aus der Antidis­kri­mi­nie­rungs­richtlinie 2000/78/EG der Europäischen Gemeinschaft (vom 27.11.2000). Der Einzelne kann sich auf das Gebot der Richtlinie in Art. 2 Abs. 1 berufen, wonach es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung unter anderem wegen der sexuellen Ausrichtung geben darf.

Richter: Beschränkung des Zuschlags auf Beamte ist unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie

Das Gericht ist der Auffassung, dass die Beschränkung auf verheiratete Beamte nach dem Bundes­be­sol­dungs­gesetz im Hinblick auf in eingetragener Leben­s­part­ner­schaft lebende Beamte eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie darstellt. Das Leben­s­part­ner­schafts­gesetz ermöglicht es Personen gleichen Geschlechts, in einer formal auf Lebenszeit begründeten Fürsorge- und Einstands­ge­mein­schaft zu leben. Der Kläger ist gegenüber seinem Lebenspartner in gleicher Weise unter­halts­pflichtig wie Ehegatten. Hinsichtlich dieser Unter­halts­pflicht besteht eine im Vergleich zu Verheirateten vergleichbare Situation. Der Kläger erfährt aber durch das Vorenthalten des Famili­en­zu­schlags eine weniger günstige Behandlung, die auf seiner sexuellen Ausrichtung beruht. Diese verwehrt ihm einerseits, eine Ehe einzugehen, weswegen er nach dem Bundes­be­sol­dungs­gesetz keinen Famili­en­zu­schlag erhalten kann, und stellt andererseits ein unabänderliches persönliches Merkmal dar. Diese sexuelle Ausrichtung, die ihm ein Eingehen der Ehe verwehrt, und nicht der Familienstand ist es, wegen der der Kläger diskriminiert wird.

Auf Dauer angelegte Partnerschaft reicht aus - Erwartung, dass aus einer Ehe Kinder hervorgehen, ist überholt

Entgegen der Auffassung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts (BVerfG, Beschluss v. 20.09.2007 - 2 BvR 855/06 -) wird der Famili­en­zu­schlag auch nur wegen der bestehenden, auf Dauer angelegten Partnerschaft - die aber bei Lebenspartnern in der gleichen Erwartung der Dauerhaftigkeit wie bei Ehegatten eingegangen wird - gewährt und hat nichts mit der Erwartung zu tun, dass aus der Ehe einmal Kinder hervorgehen oder adoptiert werden. Das Bild einer Ehe, die automatisch und im Regelfall auf Kinder angelegt ist, ist mit den gegenwärtigen gesell­schaft­lichen Verhältnissen in dieser Pauschalität nicht mehr vereinbar. Auf eine konkrete Bedürftigkeit kommt es bei der Gewährung des Famili­en­zu­schlags ohnehin nicht an. Damit befinden sich die Partner der eingetragenen Leben­s­part­ner­schaft in Bezug auf den Famili­en­zu­schlag in der gleichen Situation wie Eheleute, so dass eine Ungleich­be­handlung nicht gerechtfertigt ist.

Quelle: ra-online, VG Stuttgart

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