Dokument-Nr. 7480
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Verwaltungsgericht Stuttgart Urteil05.02.2009
"Homo-Ehe": Lebenspartner haben doch Anspruch auf FamilienzuschlagVG Stuttgart weicht von der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung ab
Beamte und Beamtinnen, die mit einer Person desselben Geschlechts in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft leben, haben wie verheiratete Beamte Anspruch auf Familienzuschlag. Das hat das Verwaltungsgericht Stuttgart in Abweichung von anderslautenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts und des Bundesverfassungsgerichts entschieden.
Der klagende Beamte lebt seit September 2001 in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft. Der Dienstherr des Klägers lehnte es ab, ihm als Teil seiner monatlichen Bezüge auch den Familienzuschlag zu zahlen.
Anspruch ergibt sich aus der Antidiskriminierungsrichtlinie
Nach der Entscheidung der 4. Kammer des Verwaltungsgerichts ergibt sich der Anspruch aus der Antidiskriminierungsrichtlinie 2000/78/EG der Europäischen Gemeinschaft (vom 27.11.2000). Der Einzelne kann sich auf das Gebot der Richtlinie in Art. 2 Abs. 1 berufen, wonach es keine unmittelbare oder mittelbare Diskriminierung unter anderem wegen der sexuellen Ausrichtung geben darf.
Richter: Beschränkung des Zuschlags auf Beamte ist unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie
Das Gericht ist der Auffassung, dass die Beschränkung auf verheiratete Beamte nach dem Bundesbesoldungsgesetz im Hinblick auf in eingetragener Lebenspartnerschaft lebende Beamte eine unmittelbare Diskriminierung im Sinne der Richtlinie darstellt. Das Lebenspartnerschaftsgesetz ermöglicht es Personen gleichen Geschlechts, in einer formal auf Lebenszeit begründeten Fürsorge- und Einstandsgemeinschaft zu leben. Der Kläger ist gegenüber seinem Lebenspartner in gleicher Weise unterhaltspflichtig wie Ehegatten. Hinsichtlich dieser Unterhaltspflicht besteht eine im Vergleich zu Verheirateten vergleichbare Situation. Der Kläger erfährt aber durch das Vorenthalten des Familienzuschlags eine weniger günstige Behandlung, die auf seiner sexuellen Ausrichtung beruht. Diese verwehrt ihm einerseits, eine Ehe einzugehen, weswegen er nach dem Bundesbesoldungsgesetz keinen Familienzuschlag erhalten kann, und stellt andererseits ein unabänderliches persönliches Merkmal dar. Diese sexuelle Ausrichtung, die ihm ein Eingehen der Ehe verwehrt, und nicht der Familienstand ist es, wegen der der Kläger diskriminiert wird.
Auf Dauer angelegte Partnerschaft reicht aus - Erwartung, dass aus einer Ehe Kinder hervorgehen, ist überholt
Entgegen der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, Beschluss v. 20.09.2007 - 2 BvR 855/06 -) wird der Familienzuschlag auch nur wegen der bestehenden, auf Dauer angelegten Partnerschaft - die aber bei Lebenspartnern in der gleichen Erwartung der Dauerhaftigkeit wie bei Ehegatten eingegangen wird - gewährt und hat nichts mit der Erwartung zu tun, dass aus der Ehe einmal Kinder hervorgehen oder adoptiert werden. Das Bild einer Ehe, die automatisch und im Regelfall auf Kinder angelegt ist, ist mit den gegenwärtigen gesellschaftlichen Verhältnissen in dieser Pauschalität nicht mehr vereinbar. Auf eine konkrete Bedürftigkeit kommt es bei der Gewährung des Familienzuschlags ohnehin nicht an. Damit befinden sich die Partner der eingetragenen Lebenspartnerschaft in Bezug auf den Familienzuschlag in der gleichen Situation wie Eheleute, so dass eine Ungleichbehandlung nicht gerechtfertigt ist.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 20.02.2009
Quelle: ra-online, VG Stuttgart
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