21.11.2024
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Verwaltungsgericht Sigmaringen Urteil12.10.2011

"JA zur Bahnstrecke und zu S21" – IHK Ulm muss großflächiges Plakat an Verwal­tungs­gebäude entfernenIHK droht bei Zuwider­hand­lungen Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro

Die Industrie- und Handelskammer Ulm muss unter anderem ein ca. 100 m² große Plakat an ihrem Verwal­tungs­gebäude in Ulm mit den Worten "Allerhöchste Eisenbahn! JA! Unsere Zukunft braucht die ICE-Strecke mit Stuttgart 21" entfernen. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Sigmaringen.

Ebenso wurde die IHK Ulm dazu verurteilt, es zu unterlassen, auf ihren Internetseiten durch Banner oder sonstige entsprechende Gestal­tungs­elemente zu verlautbaren: „Allerhöchste Eisenbahn! JA zur Bahnstrecke und zu S21“. Ferner hat sie zu unterlassen, insbesondere in Veröf­fent­li­chungen, Presse­er­klä­rungen und auf der Homepage folgende Äußerungen zu tätigen:

a. Ulm ist das Bollwerk für Stuttgart 21.

b. Ohne Stuttgart 21 endet die Neubaustrecke von Ulm kommend in Wendlingen sprichwörtlich auf dem Acker.

c. auf der Magistrale für Europa von Paris nach Budapest ….. sind alternative Linienführungen, beispielsweise über Frankfurt und Ingolstadt nach München, durchaus denkbar ….. Anstatt in das europäische Netz integriert zu werden, würden große Teile Baden-Württembergs somit abgehängt.

d. Es wäre ein Schild­bür­ger­streich, wenn Baden-Württemberg … auf das Geld von Bund und Bahn verzichten würde.

e. Ein Scheitern von Stuttgart 21 und der Neubaustrecke Wendlingen-Ulm würde die parla­men­ta­rische Demokratie auf den Kopf stellen.

f. Zehntausende Bürgerinnen und Bürger sprechen sich mittlerweile lautstark dagegen aus, obwohl viele erkennbar nicht ausreichend informiert sind.

Androhung von Ordnungsgeld bei Zuwider­hand­lungen

Die IHK Ulm hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist gegen Sicher­heits­leistung in Höhe von 4.500 Euro vorläufig vollstreckbar. Für jeden Fall der Zuwiderhandlung gegen die ausgesprochenen Unter­las­sungs­ver­pflich­tungen wurde der Beklagten ein Ordnungsgeld in Höhe von bis zu 10.000 Euro angedroht.

Äußerungen der Industrie- und Handelskammern müssen grundsätzlich sachlich seien und notwendige Zurückhaltung wahren

Die Klage von insgesamt 9 Firmen und Gewer­be­trei­benden, die kraft Gesetzes Mitglieder der Industrie- und Handelskammer Ulm sind und die diese auf Unterlassung in Anspruch genommen haben, hatte in vollem Umfang Erfolg. Dreh- und Angelpunkt in der mündlichen Verhandlung am 12. Oktober 2011 war eine Entscheidung des Bundes­ver­wal­tungs­ge­richts vom 23. Juni 2010, in der dieses u.a. ausgeführt hat, bei der Form, sozusagen dem "Wie" der Äußerung, hätten die Industrie- und Handelskammern zu beachten, dass sie als öffentlich-rechtliche Körperschaften öffentliche Aufgaben wahrnähmen. Daraus ergebe sich eine generelle Beschränkung ihrer Tätigkeit im Vergleich zu Inter­es­sen­ver­bänden und politischen Parteien. Die Industrie- und Handelskammern müssten … als öffentlich-rechtliche Selbst­ver­wal­tungs­kör­per­schaft das höchstmögliche Maß an Objektivität walten lassen. Das setze voraus, dass die Äußerungen der Industrie- und Handelskammern sachlich seien und die notwendige Zurückhaltung wahrten. Damit seien nicht nur Anforderungen an die Formulierung gestellt, was polemisch überspitzte oder auf emoti­o­na­li­sierte Konflik­t­aus­tragung angelegte Aussagen ausschließe; die notwendige Objektivität verlange eine Argumentation mit sachbezogenen Kriterien und gegebenenfalls die Darstellung von Minder­hei­ten­po­si­tionen.

Quelle: Verwaltungsgericht Sigmaringen/ra-online

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