15.11.2024
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Verwaltungsgericht Schleswig Urteil27.01.2011

VG Schleswig: Nachbarklage gegen Errichtung einer Biogasanlage erfolgreichBiogasanlage verstößt sowohl gegen Bunde­s­im­mis­si­ons­schutz­gesetz als auch gegen baurechtliches Rücksicht­nah­megebot

Die immis­si­ons­schutz­rechtliche Genehmigung für eine Biogasanlage in unmittelbarer Nähe zu einem ehemaligen landwirt­schaft­lichen Wohn- und Wirtschafts­gebäude ist unzulässig. Die Biogasanlage verstößt nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts Schleswig sowohl gegen das Bunde­s­im­mis­si­ons­schutz­gesetz als auch gegen das baurechtliche Rücksicht­nah­megebot.

Im zugrunde liegenden Fall klagte eine Anwohnerin aus der unmittelbaren Nachbarschaft einer schon in Betrieb befindlichen Biogasanlage im Kreis Nordfriesland. Ihr 1990 vom Vater des jetzigen Betreibers erworbenes Wohngebäude ist Teil eines ehemaligen landwirt­schaft­lichen Wohn- und Wirtschafts­ge­bäudes.

Verwal­tungs­gericht gibt Klage statt

Die jetzt in unmittelbarer Nähe genehmigte Biogasanlage verstößt nach Auffassung des Verwal­tungs­ge­richts Schleswig sowohl gegen das Bunde­s­im­mis­si­ons­schutz­gesetz als auch gegen das baurechtliche Rücksicht­nah­megebot.

Wohngebäude wird durch Biogasanlage erheblichen Geruchs­be­läs­ti­gungen ausgesetzt

Zum einen werde das Wohngebäude erheblichen Geruchs­be­läs­ti­gungen im Sinne von § 5 Abs. 1 Nr. 1 Bunde­s­im­mis­si­ons­schutz­gesetz ausgesetzt. Eine im Geneh­mi­gungs­ver­fahren eingeholte Immis­si­ons­prognose sei von der Geneh­mi­gungs­behörde unzutreffend gewichtet worden. Der nach der als Entschei­dungshilfe herangezogenen Geruch­s­im­mis­si­ons­richtlinie (GIRL) im Außenbereich grundsätzlich unbedenkliche Wert von ,15 (entspricht 15 % der Jahresstunden) werde mit errechneten ,20 (20 %) überschritten, sodass es einer Einzel­fa­ll­be­wertung bedürfe. Diese gehe im vorliegenden Fall zugunsten der Nachbarin aus. Bei der vorzunehmenden Abwägung ergebe sich nicht ein einziges Kriterium zugunsten der Anlage. Bei der Biogasanlage handele es sich um einen Gewerbebetrieb. Das Grundstück der Nachbarin sei jedoch weder rechtlich durch irgendeinen Gewerbebetrieb noch tatsächlich durch eine andere Biogasanlage in der näheren Umgebung vorgeprägt. Die vorzunehmende Einzel­fa­ll­be­wertung habe aber die grundsätzlich andere rechtliche Bewertung von Biogasanlagen im Vergleich zu landwirt­schaft­lichen Tierhal­tungs­anlagen ebenso zu berücksichtigen, wie die Tatsache, dass Biogasanlagen eine Konzentration von großen Mengen Gärsubstrat und Gärresten an einem Standort verursachen, für die es weder in Dorfgebieten noch im Außenbereich eine charak­te­ris­tische Vorprägung gebe.

Intensivierung der Nutzung des Grundstückes war zum Zeitpunktes des Verkaufs des Wohngebäudes nicht beabsichtigt

Hinzu komme im vorliegenden Einzelfall, dass es sich bei der genehmigten Anlage auch nicht um eine planmäßige Weiter­ent­wicklung des betreffenden Grundstückes handele, eine Intensivierung der Nutzung des Grundstückes zum Zeitpunktes des Verkaufs des Wohngebäudes an die Nachbarin aber gerade nicht beabsichtigt gewesen sei.

Wohngrundstück wird durch unmittelbare Nähe der Anlage vollständig erdrückt

Zum anderen verstoße die Biogasanlage auch gegen das baurechtliche Rücksicht­nah­megebot. Das Wohngrundstück der Nachbarin werde durch die in unmittelbarer Nähe errichtete Anlage und deren Betriebsabläufe vollständig erdrückt. Dieser für die Nachbarin nicht zumutbare Zustand hätte aber - so das Verwal­tungs­gericht - ohne weiteres durch die Wahl eines anderen Standorts, gegebenenfalls unter Inkaufnahme der Kosten eines B-Plan-Verfahrens, vermieden werden können.

Entscheidung nicht als Grundsatzurteil in Bezug auf Zulässigkeit von Biogasanlagen anzusehen

Das Gericht betont im Urteil mehrfach, dass es sich bei der Entscheidung nicht um ein Grundsatzurteil in Bezug auf die Zulässigkeit von Biogasanlagen handele, sondern lediglich den Besonderheiten des Einzelfalles Rechnung getragen werde.

Quelle: Verwaltungsgericht Schleswig/ra-online

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