15.11.2024
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Dokument-Nr. 29359

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Verwaltungsgericht Osnabrück Beschluss26.10.2020

Eilantrag eines Osnabrücker Gastronomen gegen die Sperrstunden­regelung in der Nieder­säch­sischen Corona-Verordnung erfolgreichNotwendigkeit der Sperrzeit als Infek­ti­o­ns­schutz­maßnahme in Osnabrück rechtswidrig

Das Verwal­tungs­gericht Osnabrück hat dem Eilantrag eines Osnabrücker Gaststätten­betreibers gegen die in der Nieder­säch­sischen Corona-Verordnung geregelte Sperrstunde stattgegeben. Der Antragsteller darf seine Gaststätte deshalb vorläufig auch in der Zeit von 23 bis 6 Uhr öffnen, für andere Gastwirte gilt dies jedoch nicht, da es sich nicht um eine Entscheidung in einem vor dem Oberverwaltungs­gericht zu führenden Normenkontrollv­erfahren handelt, die Auswirkungen auf alle Gaststätten­betreiber hätte.

Der Antragsteller hatte sich mit seinem Eilantrag konkret gegen die in § 10 Abs. 2 der Nds. Corona-Verordnung geregelte Sperrzeit gewandt, die ab einer Inzidenz von 35 oder mehr Fällen je 100.000 Einwohner eingreift und ausgeführt, die Regelung schränke seine grundgesetzlich geschützte Berufs­aus­übungs­freiheit unver­hält­nismäßig ein.

Sperrstunde infek­ti­o­ns­schutz­rechtlich nicht notwendig

Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die Kammer aus, die genannte Sperr­zeit­re­gelung sei nicht von einer Ermäch­ti­gungs­grundlage gedeckt. Die als Generalklausel ausgestaltete Regelung in § 28 Abs. 1 des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes könne nicht herangezogen werden. Ihrem ausdrücklichen Wortlaut nach gelte sie nur für "notwendige Schutzmaßnahmen" und nehme damit Bezug auf den Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz. Daran gemessen sei jedoch nicht ersichtlich, inwieweit die angeordnete Schließung von Gastro­no­mie­be­trieben zwischen 23 und 6 Uhr aus Gründen des Infek­ti­o­ns­schutzes erforderlich sei. Insbesondere nach den von der Kammer ausgewerteten Daten des Robert-Koch-Instituts habe sich bislang nicht abgezeichnet oder sei gar belegt, dass es in Gastro­no­mie­be­trieben mit entsprechendem Hygienekonzept zu einem nennenswerten Anstieg der Infek­ti­o­ns­zahlen gekommen sei. Vielmehr komme dem Infek­ti­o­ns­umfeld "Speisestätten" nur eine untergeordnete Bedeutung im Vergleich zu Fallhäufungen im Zusammenhang mit größeren (privaten) Feiern im Familien- und Freundeskreis sowie in Betrieben, Alten- und Pflegeheimen, Krankenhäusern etc. zu. Vor diesem Hintergrund sei nicht nachvollziehbar, warum es infek­ti­o­ns­schutz­rechtlich "notwendig" sei, Gastro­no­mie­be­triebe, die ansonsten geöffnet seien, nach 23 Uhr zu schließen.

Alkohol­aus­schank­verbot als milderes Mittel eher geeignet

Sollte die Befürchtung bestehen, nach 23 Uhr komme es alkoholbedingt zu einer vermehrten Nichteinhaltung der Abstands- und Hygieneregeln, stünde jedenfalls als milderes Mittel etwa ein Verbot des Ausschanks alkoholischer Getränke zur Verfügung. Ein solches sei derzeit nur für den Außer-Haus-Verkauf und bei einer Inzidenz ab 50 Fällen je 100.000 Einwohner vorgesehen. Die Kammer hat außerdem die schriftlichen Gründe des stattgebenden Beschlusses vom letzten Freitag (23.10.20) gegen die in der Allgemeinverfügung der Stadt Osnabrück ebenfalls vorgesehene Sperrstunde niedergelegt (s. PI Nr. 26 vom 23.10.2020). Hier kommt die Kammer nach Durchführung einer Inter­es­se­n­ab­wägung zu dem Ergebnis, dass Ziffer 2 der städtischen Allge­mein­ver­fügung zur Bekämpfung der Atemwegs­er­krankung Covid-19 (...) rechtswidrig ist und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt. Zur Begründung stützt sich die Kammer auf die oben dargelegten Gründe, auch die Allge­mein­ver­fügung sei nicht von der genannten Ermäch­ti­gungs­grundlage im Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz gedeckt.

Quelle: Verwaltungsgericht Osnabrück, ra-online (pm/aw)

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