18.10.2024
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Dokument-Nr. 29621

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Verwaltungsgericht Neustadt Beschluss14.12.2020

Klage gegen nächtliche Ausgangs­beschränkungen in Ludwigshafen am Rhein erfolglosVG Neustadt lehnt Eilantrag gegen Ausgangs­beschränkungen ab

Ein Bewohner der Stadt Ludwigshafen am Rhein hat sich ohne Erfolg gegen die von der Stadt verfügte Ausgangs­beschränkung von 21 Uhr bis 5 Uhr des Folgetages zur Wehr gesetzt. Dies geht aus einem Beschluss des Verwal­tungs­ge­richts Neustadt/Wstr. vom 14. Dezember 2020 hervor.

Die Stadt Ludwigshafen am Rhein (im Folgenden: Antragsgegnerin) erließ am 4. Dezember 2020 eine vorerst bis zum 20. Dezember 2020 geltende Allge­mein­ver­fügung. Danach ist täglich im Zeitraum zwischen 21 Uhr und 5 Uhr des Folgetages das Verlassen einer im Stadtgebiet Ludwigshafen am Rhein gelegenen Wohnung grundsätzlich untersagt. Ferner ist während des genannten Zeitraums der Aufenthalt im Stadtgebiet auch Personen grundsätzlich untersagt, die nicht in Ludwigshafen am Rhein sesshaft sind. Ausnahmen gelten nur bei Vorliegen von triftigen Gründen, die beispielhaft aufgezählt werden.

Kläger rügt angeordnete Ausgangs­be­schrän­kungen

Der in Ludwigshafen am Rhein wohnhafte Antragsteller setzt sich mit einem Eilantrag vor dem Verwal­tungs­gericht gegen die angeordneten Ausgangs­be­schrän­kungen zur Wehr und führt aus, die in der Allge­mein­ver­fügung verordnete Untersagung greife in unzumutbarer Weise in sein im Grundgesetz verankertes Recht auf Freizügigkeit ein. Er besitze etwa 650 m von seiner Wohnung entfernt ein Garten­grundstück mit einem Arbeitsraum, in dem er gelegentlich auch bis nach 21 Uhr einfachen handwerklichen Tätigkeiten nachgehe. Durch die Untersagung sei es ihm nicht mehr erlaubt, zwischen 21 Uhr und 5 Uhr des Folgetages zwischen beiden Grundstücken zu verkehren, weil keiner der in der Allge­mein­ver­fügung genannten Ausnahmegründe zutreffe. Wenn er zwischen beiden Grundstücken verkehre, stelle dies kein Risiko für den Infek­ti­o­ns­schutz dar, weil sich gerade in den Abendstunden fast keine weiteren Personen in den Straßen zwischen den Grundstücken aufhielten. Da er sich auf dem Garten­grundstück nicht mit Personen treffe, die nicht seinem Haushalt angehörten, trage sein Aufenthalt dort nicht zum Infek­ti­o­ns­ge­schehen bei.

Nur Folgenabwägung durchs Gericht

Das VG könne in der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit weder die offensichtliche Rechtmäßigkeit noch die offensichtliche Rechts­wid­rigkeit der von der Antragsgegnerin erlassenen infek­ti­o­ns­schutz­recht­lichen Ausgangsbeschränkung feststellen. Die danach gebotene reine Folgenabwägung ergehe zulasten des Antragstellers, denn seine Interessen an der Außer­voll­zugs­setzung der getroffenen Regelung hätten aufgrund überragender Gemein­wohl­in­teressen an ihrem Bestand zurückzutreten.

Erheblicher Eingriff in die Handlungs­freiheit

Mit dem Erlass der Ausgangs­be­schränkung beträten die Antragsgegnerin und die Nachbarstädte Speyer und Frankenthal sowie der Rhein-Pfalz-Kreis in Rheinland-Pfalz Neuland. Dabei erscheine die Eignung der Regelung zur Eindämmung der Pandemie und der damit einhergehenden Folgen wenig zweifelhaft, denn sie diene gerade dazu, persönliche Begegnungen von Menschen zu reduzieren, mithin neue Infek­ti­o­ns­risiken zu vermeiden. Die Maßnahme trage so - was ausreichend sei - zur Reduzierung des Infek­ti­o­ns­ge­schehens bei. Es werde nicht verkannt, dass Ausgangs­be­schrän­kungen bzw. Ausgangssperren den grund­recht­lichen Schutz privater Lebensführung erheblich stärker tangierten als dies etwa bei Regelungen zur Maskenpflicht oder auch bei finanziell kompensierbaren Beschränkungen des Wirtschafts­lebens der Fall sei. Durch die getroffene Regelung sei der Antragsteller in seinem Recht auf allgemeine Handlungs­freiheit beeinträchtigt, da es ihm untersagt sei, die eigene Wohnung ohne triftigen Grund zur Nachtzeit zu verlassen. Zu berücksichtigen sei aber die zunächst eng befristete Geltungsdauer der Allge­mein­ver­fügung bis zum 20. Dezember 2020 und auch die Evalua­ti­o­ns­pflicht der Antragsgegnerin.

Recht auf Leben und Gesundheit der Bevölkerung überwiegt Handlungs­freiheit

Die Güterabwägung gehe eindeutig zum Nachteil des Antragstellers aus. Die von ihm einzig konkret geltend gemachte Beschränkung seiner Handlungs­freiheit sehe er darin, dass er sich nach 21 Uhr nicht zwischen seiner Wohnung und seinem ca. 650 m entfernt gelegenen Garten­grundstück bewegen könne. Dies erscheine insbesondere unter Berück­sich­tigung der Jahreszeit wenig gravierend, zumal der Antragsteller in diesem Zusammenhang lediglich vorgetragen habe, dass er dort gelegentlich auch bis nach 21 Uhr einfachen handwerklichen Tätigkeiten nachgehe. Demgegenüber fielen die zu erwartenden Folgen einer Außer­voll­zug­setzung der angegriffenen Ausgangs­be­schränkung erheblich schwerer ins Gewicht. In Anbetracht der überragenden Bedeutung des Rechts auf Leben und Gesundheit der Bevölkerung, die es vor einer ungebremsten Ausbreitung der COVID-19-Erkrankung zu schützen gelte, um eine Vielzahl von teils schweren Erkrankungen und Todesfällen sowie eine Überlastung des Gesund­heits­systems zu vermeiden, und angesichts der zeitlich begrenzten Geltungsdauer der Regelungen bis 20. Dezember 2020 überwögen die mit den ausgesprochenen Anordnungen verfolgten öffentlichen Interessen und der Schutz der Grundrechte Dritter die Interessen des Antragstellers.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt ra-online, (pm/aw)

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