15.11.2024
15.11.2024  
Sie sehen das Schild des Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Neustadt Urteil06.09.2013

Leasingvertag für den Dienstwagen des Bürgermeisters unterliegt dem Geschäfts­ge­heimnisStadt muss Bürger keinen Zugang zum Infor­ma­ti­o­ns­inhalt des mit der Firma BMW geschlossenen Leasingvertrags gewähren

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt hat entschieden, dass die Stadt Neustadt nicht verpflichtet ist, einem Bürger Zugang zum Infor­ma­ti­o­ns­inhalt des mit der Firma BMW geschlossenen Leasing­ver­trages über den Dienstwagen für den Bürgermeister zu gewähren.

Im zugrunde liegenden Fall bat der in Neustadt wohnhafte Kläger im Dezember 2011 die beklagte Stadt Neustadt u.a. um Auskunft, ob dem Oberbürgermeister, den Beigeordneten sowie den ehrenamtlichen Beigeordneten Dienstwagen zur Verfügung stehen und welche Kosten damit verbunden seien. Die Stadt antwortete ihm, dass dem Oberbür­ger­meister und dem Bürgermeister jeweils ein geleastes Kraftfahrzeug zugewiesen sei. Für die Dienstwagen fielen die üblichen Unter­hal­tungs­kosten an. Daraufhin begehrte der Kläger Auskunft über die Höhe der Leasingkosten für die Dienstwagen sowie Zugang zu den Leasing­ver­trägen mit der Begründung, als Bürger und Steuerzahler habe er ein grundsätzliches Interesse daran zu erfahren, was mit den Geldern geschehe und ob diese wirtschaftlich sinnvoll eingesetzt würden. In der Folgezeit fragte die Beklagte die beiden betroffenen Automo­bil­konzerne (Daimler Benz, BMW), ob sie mit einer Offenlegung der Leasingverträge einverstanden seien. Dem widersprach die Firma BMW unter Berufung auf das Geschäfts­ge­heimnis.

Kläger bezieht sich auf Landes­in­for­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz und verlangt Vorlage der geschlossenen Leasingverträge

Mit Bescheid vom 23. März 2012 lehnte die Beklagte daraufhin die Anträge des Klägers hinsichtlich des Zugangs zu den Leasing­ver­trägen für die Dienstwagen des Oberbür­ger­meisters und des Bürgermeisters sowie auf Zugang zu den Informationen über die Kosten der Dienstwagen ab. Dagegen legte der Kläger im April 2012 Widerspruch ein, über den die Stadt in der Folgezeit nicht entschied. Deshalb erhob der Kläger Untätig­keitsklage und verlangte unter Bezugnahme auf das Landes­in­for­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz die Vorlage der mit Daimler Benz und BMW geschlossenen Leasingverträge. Im Laufe des Verfahrens legte die Stadt die Verträge mit Daimler Benz vor. Die Firma BMW hielt an ihrer Ablehnung fest.

BMW beruft sich zu Recht auf Geschäfts­ge­heimisse

Das Verwal­tungs­gericht Neustadt wies die Klage ab. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Kläger keinen Anspruch auf Zugang zum Infor­ma­ti­o­ns­inhalt des mit der Firma BMW geschlossenen Leasing­ver­trages habe. Zwar seien die vom Kläger begehrten Daten "amtliche Informationen" im Sinne des Landes­in­for­ma­ti­o­ns­frei­heits­ge­setzes. Auch wenn der Abschluss eines Leasing­ver­trages mit einem Privaten keine hoheitliche Tätigkeit darstelle, sondern zur Fiska­l­ver­waltung zähle, dienten die Aufzeichnungen dienstlichen Zwecken. Dies folge schon daraus, dass die anfallenden Leasingraten im Haushaltsplan der Beklagten aufgeführt seien. Allerdings stehe dem geltend gemachten Anspruch auf Infor­ma­ti­o­ns­zugang entgegen, dass sich BMW zu Recht auf Geschäfts­ge­heimisse berufen habe. Geschäfts­ge­heimnisse zielten auf den Schutz kaufmännischen Wissens; sie beträfen alle Konditionen, durch welche die wirtschaft­lichen Verhältnisse eines Unternehmens maßgeblich bestimmt werden könnten. Dazu gehörten auch konkrete Vertrags­ge­stal­tungen. Bei der vom Kläger begehrten Einsichtnahme in die Leasingverträge mit seinen nur den Vertrags­parteien bekannten Konditionen handele es sich um durch die Berufsfreiheit geschützte Informationen, die Rückschlüsse der Konkurrenz auf die Betriebsführung des Leasinggebers zulassen könnten. Speziell eventuelle besondere Zahlungs­be­din­gungen ließen Schluss­fol­ge­rungen über die Kosten­ka­l­ku­lation und die wirtschaftliche Lage von BMW zu.

Offenlegung der Verträge würde Dispo­si­ti­o­ns­freiheit von BMW begrenzen und jeglichen Verhand­lungs­spielraum bei Vertrags­ab­sch­lüssen mit Dritten nehmen

Im Sinne der Privatautonomie obliege es der Firma BMW, Verträge individuell zu gestalten und auszuarbeiten, so könnten die Konditionen für vergleichbare Fahrzeuge je nach Kunde variieren. Um diese Dispo­si­ti­o­ns­freiheit nicht zu begrenzen und dem Unternehmen jeglichen Spielraum beim Vertrags­ab­schluss mit Dritten zu nehmen, die sich jeweils auf die nach Veröf­fent­lichung bekannten günstigeren Konditionen beriefen, sei es nachvollziehbar, dass es sich bei den Leasing­ver­trägen um ein Geschäfts­ge­heimnis im Sinne des Landes­in­for­ma­ti­o­ns­frei­heits­ge­setzes handele. Die Entscheidung der Beklagten, die begehrten Informationen als Geschäfts­ge­heimnis einzustufen, sei somit gerichtlich nicht zu beanstanden. Durch die Ausweisung der allgemeinen Kosten für die beiden Leasing­fahrzeuge im laufenden Haushalt verliere die Information nicht ihren Anspruch, als Geheimnis eingestuft zu werden. Ausgewiesen würden lediglich die Gesamtkosten für beide Fahrzeuge, die einzelnen Konditionen der Vertrags­schließung seien daraus nicht ersichtlich. Ein für den Geheimnisträger unkon­trol­lierbarer Infor­ma­ti­o­ns­zugang für beliebige Dritte liege gerade nicht vor.

Aus dem Umstand, dass die Beklagte ein Hoheitsträger sei, ergebe sich keine anderweitige Beurteilung der Situation. Insbesondere könne aus der Verpflichtung öffentlicher Stellen zur Transparenz keine Duldungspflicht Privater hinsichtlich der Veröf­fent­lichung solcher Vertrags­mo­da­litäten abgeleitet werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt/ra-online

Nicht gefunden, was Sie gesucht haben?

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil16725

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI