21.11.2024
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Verwaltungsgericht Braunschweig Urteil17.10.2007

Einem Anspruch auf Einsichtnahme in Behör­den­un­terlagen können Rechte Anderer entgegenstehenKlage gegen Bundesanstalt auf vollständige Überlassung von Prüfunterlagen für Wahlcomputer abgewiesen

Ein Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen nach dem Infor­ma­ti­o­ns­freiheits-Gesetz besteht nicht, wenn die Informationen dem Schutz von Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nissen oder dem Schutz des geistigen Eigentums unterliegen. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Braunschweig entschieden.

In dem Verfahren ging es um die Klage eines Wissen­schafts­jour­na­listen, der sich mit der Funktionsweise und der Sicherheit von elektronischen Wahlgeräten befasst. Er hatte bei der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Braunschweig (PTB) unter Berufung auf das Anfang 2006 in Kraft getretene Infor­ma­ti­o­ns­freiheits-Gesetz beantragt, ihm den Prüfbericht für das zugelassene Wahlgerät eines Herstellers aus den Niederlanden zukommen zu lassen. Den Antrag begründete er damit, dass sich ohne Einsicht in den vollständigen Prüfbericht nicht nachvollziehen lasse, ob das Wahlgerät zuverlässig und manipu­la­ti­o­ns­sicher sei.

Zum Hintergrund: Als "Wahlgeräte" werden im deutschen Wahlrecht mechanische, elektrische und rechner­ge­steuerte Geräte (Wahlcomputer) bezeichnet, die bei Wahlen der Abgabe und Zählung von Wählerstimmen dienen. Für den Einsatz solcher Wahlgeräte ist neben einer Verwen­dungs­ge­neh­migung eine Bauartzulassung erforderlich. Diese Bauartzulassung erteilt das Bundes­mi­nis­terium des Inneren. Zuvor ist ein Baumuster von der PTB zu prüfen. Geräte der nieder­län­dischen Firma sind schon bei Wahlen in Deutschland zum Einsatz gekommen.

Die PTB übersandte dem Kläger den Prüfbericht, lehnte es aber ab, ihm auch die Anlagen zu überlassen. Bei den Anlagen handelt es sich um schriftliche Unterlagen und Dateien mit einer Bedie­nungs­an­leitung, einem Stimmzettel-Muster sowie Beschreibungen der techni-schen Leistungs­merkmale und -abläufe des Wahlgerätes. Zur Begründung berief sich die PTB im Wesentlichen darauf, dass die Unterlagen ihrer Ansicht nach als Betrie­bs­ge­heimnisse der beigeladenen Herstellerfirma und nach dem Urhebergesetz geschützt seien; im Übrigen verwies sie den Kläger auf die öffentlich zugänglichen Quellen, insbesondere das Internet. Das Gericht wies die gegen die PTB erhobene Klage in wesentlichen Teilen ab.

Die Richter bestätigten dem Kläger, dass die PTB verpflichtet ist, die dem Prüfbericht beige-fügte Bedie­nungs­an­leitung sowie das Stimm­zet­tel­muster in der Fassung zu überlassen, die Gegenstand der Prüfung durch die PTB gewesen ist. Insoweit dürfe er nicht auf die jeweils aktuell im Internet zu erwerbende und nicht vollständig identische Fassung verwiesen werden. Die PTB hat diesen Anspruch des Klägers anerkannt, das Verfahren wurde insoweit von den Parteien für erledigt erklärt.

Im Übrigen hatte die Klage keinen Erfolg. Nach dem Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­gesetz, so das Gericht, habe zwar grundsätzlich jeder einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Diesem Anspruch stehe aber der Schutz geistigen Eigentums wie er u. a. im Urhebergesetz zum Ausdruck komme, und der Schutz von Betriebs- und Geschäfts­ge­heim­nissen gegenüber. Dies habe die PTB zutreffend berücksichtigt. Die vom Kläger angeforderten Unterlagen stünden unter diesem "absoluten" Schutz. Die Regelungen des Infor­ma­ti­o­ns­freiheits-Gesetzes ließen keine Abwägung des Infor­ma­ti­o­ns­in­teresses des Klägers mit dem Geheim­hal­tungs­in­teresse der beigeladenen Herstellerfirma zu. Dies sei auch verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden.

Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass der Kläger sein Infor­ma­ti­o­ns­in­teresse darauf stützt, die "Verlegung des Wahlaktes und der Auszählung in das Wahlgerät" erfordere es im Interesse der Demokratie, jedenfalls das Verfahren der Zulassung der Geräte öffentlich zu überprüfen. Das Gericht vertrat die Auffassung, diesem Ziel könne und müsse nicht durch eine Einschränkung der Rechte der Herstellerfirma im Rahmen des allgemeinen Infor­ma­ti­o­ns­frei­heits­ge­setzes Rechnung getragen werden. Es stünden andere Verfahren zur Verfügung, in denen sich die Rechtmäßigkeit von Wahlakten überprüfen lasse; gegebenenfalls müsse der Gesetzgeber spezielle Regelungen - z. B. im Wahlrecht - treffen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Braunschweig vom 17.10.2007

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