Dokument-Nr. 31638
Permalink https://urteile.news/
Verwaltungsgericht Neustadt Urteil28.03.2022
Erhebung besonderen Kirchgeldes trotz glaubensverschiedener Ehe rechtmäßigNach dem gemeinsamen Einkommen beider Ehegatten bemessene Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten kann Gegenstand der Besteuerung bilden
Die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Neustadt an der Weinstraße hat mit Urteil vom 28. März 2022 entschieden, dass die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes auch dann rechtmäßig ist, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über ein eigenes Einkommen verfügt, das der Kircheneinkommensbesteuerung unterliegt.
Das besondere Kirchgeld ist eine Sonderform der Kirchensteuer. Es wird im Falle zusammenveranlagter, glaubensverschiedener Ehegatten erhoben, bei denen der kirchenangehörige Ehegatte kein oder ein im Vergleich zu jenem des nicht kirchenangehörigen Ehegatten geringes Einkommen erzielt und dadurch keinen oder einen gemessen an der Leistungsfähigkeit der zusammenveranlagten Ehegatten nur geringen Betrag an die Religionsgemeinschaft in Form der Kircheneinkommenssteuer leisten müsste. Eine glaubensverschiedene Ehe liegt vor, wenn nur ein Ehegatte einer steuerberechtigten Kirche angehört. Steuerpflichtig ist nur das Kirchenmitglied. Die Höhe des besonderen Kirchgelds wird auf der Grundlage des gemeinsamen Lebensführungsaufwands beider Ehegatten ermittelt. Rechtsgrundlage zur Erhebung eines gemeinsamen Kirchgeldes ist § 5 Abs. 1 Nr. 5 des Kirchensteuergesetzes Rheinland-Pfalz.
Zum Sachverhalt
Die Klägerin gehörte im streitgegenständlichen Veranlagungszeitraum der römisch-katholischen Kirche an. Ihr Ehemann trat während des laufenden Veranlagungszeitraums aus der Kirche aus und ist seitdem konfessionslos. Die Klägerin und ihr Ehemann beantragten für den vorgenannten Zeitraum eine gemeinsame Einkommenssteuerveranlagung. Mit Bescheid vom 17.11.2020 setzte das zuständige Finanzamt gegenüber der Klägerin Kircheneinkommenssteuer und anhand der steuerpflichtigen Einkünfte beider Ehegatten ein besonderes Kirchgeld fest, mit dem die Kircheneinkommenssteuer verrechnet wurde. Nach erfolgloser Durchführung eines Widerspruchsverfahrens erhob die Klägerin im August 2021 Klage und machte unter anderem geltend, dass die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes verfassungswidrig sei, wenn der kirchenangehörige Ehegatte über ein eigenes Einkommen verfüge, das der Kircheneinkommensbesteuerung unterliege. Die Klage wurde abgewiesen.
Erhebung nach Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zulässig
Die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes verstoße nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesfinanzhofs nicht gegen höherrangiges Recht. Zwar könne Gegenstand der Besteuerung nicht das einkommenssteuerrechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörigen Ehegatten, wohl aber der nach dem gemeinsamen Einkommen beider Ehegatten bemessene Lebensführungsaufwand des kirchenangehörigen Ehegatten den Gegenstand der Besteuerung bilden. Eine Beschränkung der vorgenannten Grundsätze auf solche Fälle, in denen der kirchenangehörige Ehegatte einkommenslos sei, lasse sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht entnehmen. Danach sei eine Besteuerung auch des über ein Einkommen verfügenden, kirchenangehörigen Ehegatten durch die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes aus Billigkeitsgründen verfassungsrechtlich geboten, um diesen an der Finanzierung der kirchlichen Gemeinschaftsaufgaben hinreichend zu beteiligen.
Keine verfassungsrechtlich zu beanstandende doppelte Belastung
Eine verfassungsrechtlich bedenkliche, doppelte Belastung der Klägerin mit Kircheneinkommenssteuer und besonderem Kirchgeld sei im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da das rheinland-pfälzische Kirchensteuergesetz eine Anrechnungsregelung enthalte, die im vorliegenden Fall auch zur Anwendung gekommen sei.
Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz gestellt werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 11.04.2022
Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, ra-online (pm/cc)
Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.
Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil31638
Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.