21.11.2024
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Verwaltungsgericht Neustadt Urteil28.03.2022

Erhebung besonderen Kirchgeldes trotz glaubens­verschiedener Ehe rechtmäßigNach dem gemeinsamen Einkommen beider Ehegatten bemessene Lebensführungs­aufwand des kirchen­an­ge­hörigen Ehegatten kann Gegenstand der Besteuerung bilden

Die 3. Kammer des Verwal­tungs­ge­richts Neustadt an der Weinstraße hat mit Urteil vom 28. März 2022 entschieden, dass die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes auch dann rechtmäßig ist, wenn der kirchen­an­ge­hörige Ehegatte über ein eigenes Einkommen verfügt, das der Kirchen­ein­kommens­besteuerung unterliegt.

Das besondere Kirchgeld ist eine Sonderform der Kirchensteuer. Es wird im Falle zusam­men­ver­an­lagter, glaubens­ver­schiedener Ehegatten erhoben, bei denen der kirchen­an­ge­hörige Ehegatte kein oder ein im Vergleich zu jenem des nicht kirchen­an­ge­hörigen Ehegatten geringes Einkommen erzielt und dadurch keinen oder einen gemessen an der Leistungs­fä­higkeit der zusam­men­ver­an­lagten Ehegatten nur geringen Betrag an die Religi­o­ns­ge­mein­schaft in Form der Kirchen­ein­kom­mens­steuer leisten müsste. Eine glaubens­ver­schiedene Ehe liegt vor, wenn nur ein Ehegatte einer steuer­be­rech­tigten Kirche angehört. Steuerpflichtig ist nur das Kirchenmitglied. Die Höhe des besonderen Kirchgelds wird auf der Grundlage des gemeinsamen Lebens­füh­rungs­aufwands beider Ehegatten ermittelt. Rechtsgrundlage zur Erhebung eines gemeinsamen Kirchgeldes ist § 5 Abs. 1 Nr. 5 des Kirchen­steu­er­ge­setzes Rheinland-Pfalz.

Zum Sachverhalt

Die Klägerin gehörte im streit­ge­gen­ständ­lichen Veran­la­gungs­zeitraum der römisch-katholischen Kirche an. Ihr Ehemann trat während des laufenden Veran­la­gungs­zeitraums aus der Kirche aus und ist seitdem konfessionslos. Die Klägerin und ihr Ehemann beantragten für den vorgenannten Zeitraum eine gemeinsame Einkom­mens­steu­er­ver­an­lagung. Mit Bescheid vom 17.11.2020 setzte das zuständige Finanzamt gegenüber der Klägerin Kirchen­ein­kom­mens­steuer und anhand der steuer­pflichtigen Einkünfte beider Ehegatten ein besonderes Kirchgeld fest, mit dem die Kirchen­ein­kom­mens­steuer verrechnet wurde. Nach erfolgloser Durchführung eines Wider­spruchs­ver­fahrens erhob die Klägerin im August 2021 Klage und machte unter anderem geltend, dass die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes verfas­sungs­widrig sei, wenn der kirchen­an­ge­hörige Ehegatte über ein eigenes Einkommen verfüge, das der Kirchen­ein­kom­mens­be­steuerung unterliege. Die Klage wurde abgewiesen.

Erhebung nach Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zulässig

Die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes verstoße nach gefestigter Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts und des Bundes­fi­nanzhofs nicht gegen höherrangiges Recht. Zwar könne Gegenstand der Besteuerung nicht das einkom­mens­steu­er­rechtlich ermittelte Einkommen des nicht einer Kirche angehörigen Ehegatten, wohl aber der nach dem gemeinsamen Einkommen beider Ehegatten bemessene Lebens­füh­rungs­aufwand des kirchen­an­ge­hörigen Ehegatten den Gegenstand der Besteuerung bilden. Eine Beschränkung der vorgenannten Grundsätze auf solche Fälle, in denen der kirchen­an­ge­hörige Ehegatte einkommenslos sei, lasse sich der einschlägigen Rechtsprechung nicht entnehmen. Danach sei eine Besteuerung auch des über ein Einkommen verfügenden, kirchen­an­ge­hörigen Ehegatten durch die Erhebung eines besonderen Kirchgeldes aus Billig­keits­gründen verfas­sungs­rechtlich geboten, um diesen an der Finanzierung der kirchlichen Gemein­schafts­aufgaben hinreichend zu beteiligen.

Keine verfas­sungs­rechtlich zu beanstandende doppelte Belastung

Eine verfas­sungs­rechtlich bedenkliche, doppelte Belastung der Klägerin mit Kirchen­ein­kom­mens­steuer und besonderem Kirchgeld sei im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da das rheinland-pfälzische Kirchen­steu­er­gesetz eine Anrech­nungs­re­gelung enthalte, die im vorliegenden Fall auch zur Anwendung gekommen sei.

Gegen das Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Antrag auf Zulassung der Berufung zum Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz gestellt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Neustadt, ra-online (pm/cc)

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