21.11.2024
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Dokument-Nr. 30498

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Verwaltungsgericht Münster Beschluss01.07.2021

Keine Erlaubnis mehr für gewerbliche Lotto-Vermittlung wegen glücksspiel­rechtliche Unzuver­läs­sigkeitWiderruf der Erlaubnis zur gewerblichen Spiel­ver­mittlung rechtmäßig

Das Verwal­tungs­gericht Münster hat den Eilantrag einer Firma mit Sitz im Kreis Coesfeld abgelehnt, die sich gegen den sofortigen Widerruf der Erlaubnis zur gewerblichen Spiel­ver­mittlung gewehrt hat.

Die Antragstellerin hat nach eigenen Angaben aufgrund einer ihr im Jahr 2018 erteilten Erlaubnis zur gewerblichen Spiel­ver­mittlung zurzeit mit etwa 11.000 Kunden Glückss­piel­verträge mit einer Laufzeit von durch­schnittlich noch fünf Monaten und einem Umsatzvolumen von etwa 3,5 Millionen Euro geschlossen. Mit Ordnungs­ver­fügung vom 17. Juni 2021 hatte das Nieder­säch­sische Innen­mi­nis­terium die der Antragstellerin erteilte Erlaubnis mit sofortiger Wirkung widerrufen und zur Begründung im Wesentlichen angeführt: Es lägen zahlreiche Beschwerden über Telefonaktionen vor, die auf die Antragstellerin zurückzuführen seien.

Täuschung über bestehendes Vertrags­ver­hältnis mit „Lotto-Club“

Aus der Auswertung der Beschwerden und der von der Staats­an­walt­schaft Münster zur Verfügung gestellten Ermitt­lungsakten wegen des Verdachts des Betruges ergebe sich ein typisches Handlungsmuster der zumindest mittelbar durch die Antragstellerin beauftragten Callcenter. Dieses bestehe darin, dass die Betroffenen überraschend von einem Mitarbeiter angerufen würden, welcher ein in Wahrheit nicht bestehendes Vertragsverhältnis zwischen dem Betroffenen und einem „Lotto-Club“ behaupte. Den Betroffenen werde dargelegt, dass sie im Rahmen eines kostenlosen Probe­a­bon­nements an Lotterien teilgenommen hätten, das sich nunmehr wegen nicht erfolgter Kündigung in einen kosten­pflichtigen zwölfmonatigen Vertrag verlängert habe.

Vorgetäuschte Kulanz mit Verkürzung der Laufzeit des Vertrags

Aus vorgetäuschter Kulanz werde angeboten, die Laufzeit des Vertrags auf drei Monate zu verkürzen. Nach durch den ausgeübten Druck erreichter Einwilligung werde darauf hingewiesen, dass ein anderer Mitarbeiter in Kürze anrufen werde, um sich das soeben Vereinbarte bestätigen zu lassen. Im zweiten Telefonat werde durch entsprechende Gesprächs­führung ein erstmaliger Vertrags­ab­schluss über die Teilnahme an Lotterien durch das erste Telefonat suggeriert, welcher nun bei Tonaufnahme bestätigt werden solle. Dabei gingen die Betroffenen davon aus, dass es sich um die im ersten Telefonat besprochene Verkürzung des in Wahrheit nicht bestehenden Vertrags­ver­hält­nisses handele und bejahten daraufhin auf Aufforderung den Vertrags­ab­schluss. In der Folge erhielten die Betroffenen ein Willkom­mens­schreiben samt Teilnahme-Zertifikat. Das Schreiben weise die Antragstellerin als Absenderin aus. Sodann werde auf den Konten der Betroffenen eine Lastschrift der Antragstellerin ausgewiesen.

Antragstellerin weist Verantwortung für Verhalten des Callcenters zurück

Demgegenüber hatte die Antragstellerin unter anderem geltend gemacht: Sie unterhalte selbst keine Callcenter, weshalb sie keine Verantwortung für das Verhalten der Mitarbeiter in den Callcentern trage. Vielmehr habe sie Beschwerden jeweils zum Anlass genommen, die Zusammenarbeit mit dem betreffenden Callcenter zu beenden.

VG: Widerruf der Erlaubnis offensichtlich rechtmäßig

Dem folgte das Verwal­tungs­gericht Münster jedoch nicht und entschied nunmehr, der Widerruf der Erlaubnis sei offensichtlich rechtmäßig. In den Gründen des Beschlusses heißt es unter anderem: Der Vortrag der Antragstellerin im gerichtlichen Verfahren vermöge weder die tatsächlichen Feststellungen des Antragsgegners noch die daraus von ihm gefolgerte glückss­piel­rechtliche Unzuverlässigkeit der Antragstellerin zu erschüttern. Insbesondere ergebe sich die glückss­piel­rechtliche Unzuver­läs­sigkeit der Antragstellerin daraus, dass sie jedenfalls nicht in ausreichender Weise gegen die Handlungsweise der Callcenter eingeschritten sei, die ihr durch die Vielzahl an Beschwerden und eingeleiteten Strafverfahren – allein in den Verwal­tungs­vor­gängen seien 172 Strafverfahren aktenkundig – offensichtlich bekannt gewesen sei.

Antragstellerin hätte selbst rechtliche Schritte einleiten müssen

Gerade der Umstand, dass der Geschäftsführer der Antragstellerin im Verlauf mehrerer Jahre wiederholt zur polizeilichen Vernehmung geladen worden sei und die Vorwürfe in den einzelnen Strafverfahren nahezu identisch seien, mithin deutlich ein Muster erkennen ließen, hätte sie dazu veranlassen müssen, das Konzept der Beauftragung von externen Callcentern zu überdenken und gegebenenfalls selbst rechtliche Schritte gegen diese einzuleiten. Ungeachtet dessen erscheine es bei lebensnaher Betrachtung fernliegend, dass sämtliche der beauftragten Callcenter über den Verlauf mehrerer Jahre zufällig dieselben Unzuläng­lich­keiten in der Gesprächs­führung aufwiesen. Dieser Umstand begründe eher den vom Antragsgegner geäußerten Verdacht, dass es sich hierbei um eine systematische Vorgehensweise auch der Antragstellerin selbst handele. Gegen den Beschluss kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Oberver­wal­tungs­gericht für das Land Nordrhein-Westfalen eingelegt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Münster, ra-online (pm/ab)

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