23.11.2024
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Verwaltungsgericht Münster Urteil20.02.2009

Diplomarbeit muss fremde Textpassagen kenntlich machenPlagi­ats­software findet Kopien aus dem Internet

Wer in seiner Diplomarbeit in erheblichem Umfang Passagen aus anderen Texten übernimmt, ohne dies hinreichend zu kennzeichnen, muss damit rechnen, dass die Arbeit mit der Note "nicht ausreichend" bewertet wird. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Münster entschieden.

Der Kläger war Student der Betrie­bs­wirt­schaftslehre in Münster. Nachdem er im ersten Anlauf die Diplomprüfung nicht bestanden hatte, versuchte er es ein zweites Mal. Die Diplomarbeit wurde mit "nicht ausreichend" bewertet. Der Prüfer begründete dies damit, dass sich bei der Überprüfung auf Plagiate mit einer speziellen Computer-Software gezeigt habe, dass in erheblichem Umfang Passagen wörtlich ohne jede Zitierung bzw. fälschlich mit indirekter Zitierung aus Internetquellen kopiert und Inhalte ohne Zitierung übernommen worden seien.

Täuschungs­versuch durch Übernahme fremder Texte

Der Prüfer fand u.a. eine Textstelle, bei der etwa eineinhalb Seiten aus einem Internet-Aufsatz wörtlich ohne Quellenangabe übernommen worden waren. In einem Anhang zu seinem Prüfungs­gut­achten dokumentierte der Prüfer die entsprechenden Fälle auf insgesamt 31 Seiten. In seinem Gutachten kam er zu dem Schluss, dass die festgestellten Übernahmen aus dem Internet einen Verstoß gegen die von dem Studenten abgegebene eidesstattliche Erklärung darstelle. Es liege ein Täuschungs­versuch im Sinne der Prüfungsordnung vor. Die Universität teilte daraufhin dem Kläger mit, dass die Diplomprüfung endgültig nicht bestanden sei.

Zweck einer Prüfung ist die Ermittlung der wahren Leistungs­fä­higkeit des Prüflings

Auf die Klage des Studenten bestätigte das Verwal­tungs­gericht Münster die Entscheidung der Universität. Diese habe in Übereinstimmung mit der Prüfungsordnung richtig entschieden. Danach sei eine Prüfungs­leistung nicht ausreichend, wenn der Kandidat versuche, das Ergebnis u.a. durch Täuschung zu beeinflussen. Grund für diese Regelung sei das Gebot der persönlich zu erbringenden Leistung sowie der Prüfungszweck, die wahre Leistungs­fä­higkeit des Prüflings zu ermitteln. Vorgetäuschte oder sonstwie erschlichene Leistungen sollen in keiner Weise dazu beitragen können, den Prüfungserfolg zu rechtfertigen. Dies folge letztlich aus dem Grundsatz der Chancen­gleichheit, der es verbiete, dass ein Prüfling sich gegenüber den anderen Prüflingen nicht leistungs­be­dingte Vorteile verschaffe.

Fremde Textstellen aus dem Internet müssen kenntlich gemacht werden

Ob der klagende BWL-Student sogar durch aktives Tun getäuscht habe, ließ das Gericht offen. Er habe es aber jedenfalls unterlassen, die Prüfer darauf hinzuweisen, dass er jedenfalls Teile seiner Diplomarbeit entgegen der Prüfungsordnung nicht selbständig mit wissen­schaft­lichen Methoden gefertigt habe. Er habe über weite Strecken Passagen aus den Abhandlungen fremder Autoren wortwörtlich übernommen, ohne dies besonders kenntlich zu machen. Dies hätte etwa durch das Setzen von Anfüh­rungs­zeichen oder durch Einrücken der in Rede stehenden Passagen und unter ausdrücklicher Nennung der Quelle, aus der abgeschrieben wurde, geschehen müssen.

Auch Fußnoten dürfen nicht einfach aus fremden Texten kopiert werden

Das Gericht bescheinigte dem Kläger auch ein sonderbares Verständnis von wissen­schaft­lichem Arbeiten und wissen­schaft­licher Redlichkeit. Der Kläger hatte argumentiert, dass seine Fußnoten fast alle übernommenen Textstellen belegen würden. Dies ließ das Gericht jedoch nicht gelten. Denn erstens habe der Kläger die betreffenden Fundstel­len­nachweise lediglich aus den übernommenen fremden Passagen ausgeschnitten und sie sodann als seine vermeintlich eigenen Fußnoten übernommen. Die fraglichen Belege seien folglich in Wahrheit nicht vom Kläger, sondern von den anderen Autoren recherchierte und ausgewertete Nachweise.

Zum wissen­schaft­lichen Arbeiten gehört auch die eigene Recherche von Quellen

Auch werde ein Text nicht allein dadurch, dass der Kandidat gleichsam jeden Satz seiner Arbeit mit einer (wo auch immer herrührenden) Fußnote versehe, zu einer wissen­schaft­lichen Arbeit. Entscheidend sei vielmehr die eigenständige Recherche nach zu dem Thema bereits existierenden Quellen, deren eigenständige geistige Durchdringung und schließlich die eigenständige sprachliche Darstellung der selbständig gezogenen Schluss­fol­ge­rungen. Diesen Anforderungen werde die vom Kläger praktizierte bloße Übernahme von Fußnoten, die andere Autoren zur Stützung ihrer Auffassung benutzten, auch nicht ansatzweise gerecht.

Fremde Textstellen müssen kenntlich gemacht werden - bloße Nennung der Quelle im Litera­tur­ver­zeichnis reicht nicht aus

Es reiche auch in keinem Fall aus, statt der konkreten Bezeichnung einer übernommenen Textpassage das betreffende Werk nur pauschal im Litera­tur­ver­zeichnis zu nennen. Es sei wissen­schaftlich unredlich und für den Leser einer Arbeit gänzlich unzumutbar, wenn statt genauer Bezeichnung der Textstelle lediglich auf ein mehrere hundert Seiten umfassendes Werk verwiesen werde, und dies zudem lediglich im Litera­tur­ver­zeichnis und damit an eher versteckter Stelle (vgl. Hessischer Verwal­tungs­ge­richtshof, Beschluss vom 20.06.1989, Aktenzeichen 6 UE 2779/88). Dies gelte umso mehr, wenn die entsprechenden Werke in anderem Zusammenhang sehr wohl in den Fußnoten genannt würden. Denn dann komme unter normalen Umständen niemand auf die Idee, dass sich an anderen als den genannten Stellen weitere Passagen aus dem fremden Werk befinden. Darin liege auch eine unbedingte Täuschungs­absicht: Denn die Zitierung der in Rede stehenden Abhandlungen in anderem Zusammenhang verdeutliche, dass der Kläger die wahre Herkunft der übernommenen Passagen an der maßgeblichen Stelle zu verschleiern beabsichtigte.

Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Münster (vt/we)

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