21.11.2024
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Dokument-Nr. 30261

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Beschluss29.04.2021Verwaltungsgericht Mainz4 L 294/21.MZ
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Verwaltungsgericht Mainz Beschluss29.04.2021

Steuerfahnder darf als Zeuge in Prozessen aussagenVG Mainz zur Versagung einer Zeugenaussage durch den Dienstherrn

Die Genehmigung zur Aussage als Zeuge in einem zivil­recht­lichen Schadens­ersatz­prozess darf der Dienstherr nicht allein deshalb versagen, weil der Beamte wegen seines Einsatzes als Steuerfahnder voraussichtlich auch in einem Strafverfahren zu demselben Sachverhalt wird aussagen müssen. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Mainz.

Der Beamte war als Steuerfahnder in einem Ermitt­lungs­ver­fahren u.a. gegen die antragstellende Einzelperson eingesetzt, die vor einem Zivilgericht die Feststellung von Schaden­s­er­satz­ansprüchen gegen eine Beratungs­ge­sell­schaft verfolgt. Das steuerliche Ermitt­lungs­ver­fahren gegen die Einzelperson ist mittlerweile weitgehend abgeschlossen und soll in einen Abschluss­bericht an die zuständige Staats­an­walt­schaft führen.

Dienstherr versagte die Genehmigung

Der Richter des Zivilgerichts beantragte bei dem Dienstherrn des Beamten die Erteilung einer Genehmigung zur Aussage als Zeuge. Der Dienstherr versagte die Genehmigung insbesondere unter Hinweis darauf, dass Aussagen des Steuerfahnders im Zivilprozess zu Anpassungen von Zeugenaussagen und in der Vertei­di­gungs­strategie im zu erwartenden Strafprozess mit teilweise identischen Beweisthemen führen könnten. Der Antragsteller beantragte daraufhin den gerichtlichen Erlass einer einstweiligen Anordnung mit der Verpflichtung des Dienstherrn, dem Beamten die Aussa­ge­ge­neh­migung für eine Zeugenaussage in dem bei dem Zivilgericht anhängigen Klageverfahren zu erteilen.

Grundsätzlicher Vorrang der Wahrheits­findung vor Geheim­hal­tungs­in­teresse

Das Verwal­tungs­gericht gab dem Eilantrag statt. Für Beamte gelte die gesetzliche Pflicht der Verschwie­genheit über ihnen anlässlich ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt­ge­wordene dienstliche Angelegenheiten. Ohne Genehmigung dürften sie über solche Angelegenheiten weder vor Gericht noch außer­ge­richtlich Aussagen oder Erklärungen abgeben. Nach der einschlägigen gesetzlichen Regelung dürfe die Genehmigung zur Zeugenaussage aber nur versagt werden, wenn die Aussage dem Wohl des Bundes oder eines deutschen Landes erhebliche Nachteile bereite oder die Erfüllung öffentlicher Aufgaben ernstlich gefährden oder erheblich erschweren würde. Aus dieser Formulierung folge, dass dem Interesse an der Wahrheits­findung grundsätzlich Vorrang gegenüber dem Interesse an der Geheimhaltung eingeräumt werde. Gewichtige, der Zeugenaussage nach Abschluss des Ermitt­lungs­ver­fahrens entge­gen­stehende Hinde­rungs­gründe habe der Antragsgegner hier jedoch nicht vorgebracht.

Beurteilung des Wahrheitswertes von Zeugenaussagen unterliegt Strafgericht

Insbesondere habe er nicht näher belegt, dass die Zeugenschaft des Steuerfahnders im Zivilprozess zu einer ernstlichen Gefährdung oder erheblichen Erschwerung des Strafverfahrens führe. Es könne nicht von vornherein angenommen werden, dass Zeugen eines Prozesses ihre Bekundungen wahrheitswidrig an Aussagen aus anderen Verfahren ausrichteten. Der Umstand der vorherigen Aussage des Steuerfahnders im Zivilprozess und das Bekanntwerden seiner Angaben bei den Angeklagten und den potentiellen Zeugen im Strafprozess könne vielmehr in die Beweiswürdigung des Strafgerichts einfließen. Es unterliege der straf­ge­richt­lichen Beweiswürdigung, ob Zeugenaussagen angepasst erscheinten und deshalb unglaubhaft seien. Auch eine eventuelle Vertei­di­gungs­strategie im Strafverfahren sei im Lichte der im Voraus bekannt gewordenen Aussage des Beamten durch das Strafgericht zu bewerten. Dass die Aussage des Steuerfahnders die Wahrheits­findung im straf­ge­richt­lichen Verfahren massiv beeinträchtige oder gar unmöglich mache, könne aufgrund der Darstellungen des Antragsgegners nicht festgestellt werden.

Quelle: Verwaltungsgericht Mainz, ra-online (pm/aw)

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