21.11.2024
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Verwaltungsgericht Mainz Urteil03.08.2011

Kein Anspruch auf Zulassung des "Prütting" als weiteres Hilfsmittel in der Zweiten juristischen Staatsprüfung im Fach "Zivilrecht"Erschwernisse und Störungen im Prüfungsablauf durch Paral­lel­zu­las­sungen sollen vermieden werden

Über die Zulassung von Hilfsmitteln zu Prüfungen entscheiden die Prüfungsämter. Sind keine sachfremden Erwägungen zur Grundlage der Entscheidung geworden, so kann kein Rechtsanspruch auf Zulassung eines bestimmten Werkes durchgesetzt werden. Dies geht aus einem Urteil des Verwal­tungs­ge­richts Mainz hervor.

Im vorliegenden Fall begehrte die Klägerin, ein Verlags­un­ter­nehmen, das juristische Fachliteratur vertreibt, vom Beklagten die Zulassung eines Kommentars zum Bürgerlichen Gesetzbuch als Hilfsmittel zur Zweiten juristischen Staatsprüfung.

Beklagter wurde bereits verpflichtet, über die Zulassung des "Prütting" neu zu entscheiden

Das Unternehmen verlegt einen Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, herausgegeben von Prütting/Wegen/Weinreich. Die Klägerin hatte zuvor beim Beklagten bereits die Zulassung des "Prütting" als weiteres Hilfsmittel in der Zweiten juristischen Staatsprüfung im Fach "Zivilrecht" beantragt. Sie hatte in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, dass das Werk mit einem anderen, bislang zugelassenen Kommentar zum BGB ("Palandt") vergleichbar sei. Nachdem der Beklagte dem Begehren der Klägerin unter Hinweis auf einen im Land Berlin anhängigen Rechtsstreit nicht entsprochen hatte, erhob die Klägerin am 3. September 2009 Klage (3 K 822/09.MZ). Mit Urteil vom 28. April 2010 hatte das erkennende Gericht den Beklagten verpflichtet, über die Zulassung des "Prütting" als weiteres Hilfsmittel in der Zweiten juristischen Staatsprüfung im Fach "Zivilrecht" unter Beachtung der Rechts­auf­fassung des Gerichts neu zu entscheiden. Die hiergegen eingelegte Berufung (10 A 10687/10.OVG) nahm die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vor dem Oberver­wal­tungs­gericht Rheinland-Pfalz am 6. Oktober 2010 zurück.

VG Mainz: Austausch eines Hilfsmittels sollte nur aus gewichtigen Gründen vorgenommen werden

Die Justiz­prü­fung­sämter hätten einstimmig beschlossen, die in den staatlichen Prüfungen zugelassenen Hilfsmittel vorzugeben, da dies zur Wahrung der Chancen­gleichheit geboten wäre. Paral­lel­zu­las­sungen sollten vermieden werden, da hierdurch Erschwernisse und Störungen im Prüfungsablauf eintreten würden. Bei der Auswah­l­ent­scheidung sollten die Verbreitung des Hilfsmittels in der Praxis, dessen Preis, Handhabbarkeit, übersichtliche Gestaltung und pädagogische Eignung berücksichtigt werden. Der Austausch eines Hilfsmittels sollte im Interesse der Kontinuität und des Vertrau­ens­schutzes nur aus gewichtigen Gründen vorgenommen werden. Ausgehend von diesem Beschluss habe der Präsident des Landes­prü­fung­samtes für Juristen festgelegt, dass in der Zweiten juristischen Staatsprüfung als Hilfsmittel zum BGB allein der Kommentar von "Palandt" zugelassen werde. Der Verlag beantragte daraufhin, den Beklagten zu verpflichten, über ihren Antrag neu zu entscheiden.

Entscheidung über Zulassung von Hilfsmitteln dient der Gewähr eines ordnungsgemäßen Prüfungsablaufs

Das Verwal­tungs­gericht Mainz urteilte, dass die zulässige Klage in der Sache keinen Erfolg habe. Die von dem Beklagten getroffene Auswah­l­ent­scheidung berührt nicht die Grundrechte der Klägerin aus Art. 12 Abs. 1 GG und Art. 3 Abs. 1 GG. Die ergangene Entscheidung über die Zulassung von Hilfsmitteln in der juristischen Staatsprüfung diene allein der Gewähr eines ordnungsgemäßen Prüfungsablaufs und sei zudem vor dem Hintergrund der Chancen­gleichheit der Prüflinge zu sehen. Mit der Entscheidung des Beklagten würden nicht zielgerichtet Rahmen­be­din­gungen verändert oder geschaffen, um zu Gunsten oder zu Lasten bestimmter Unternehmen einen im öffentlichen Interesse erwünschten Erfolg herbeizuführen. Die Klägerin könne auch nicht bei der Überprüfung der Entscheidung des Beklagten für sich den in Art. 3 Abs. 1 GG verankerten Grundsatz der Chancen­gleichheit in Anspruch nehmen. Die Entscheidung des Beklagten verlange keine strenge Bindung im Sinne des Art. 3 Abs. 1 GG. Sie diene dem Zweck, einen ordnungsgemäßen Prüfungsablauf unter Berück­sich­tigung des prüfungs­recht­lichen Grundsatzes der Chancen­gleichheit zu sichern.

Bei Paral­lel­zu­las­sungen können Erschwernisse und Störungen des Prüfungsablaufs auftreten

Der Entscheidung des Beklagten, pro Fach grundsätzlich nur noch einen Kommentar als Hilfsmittel zuzulassen, liege die Erwägung zugrunde, dass mit der nunmehr erfolgten Kapazi­täts­be­schränkung Erschwernisse und Störungen des Prüfungsablaufs vermieden werden sollten, die bei Paral­lel­zu­las­sungen auftreten könnten. Der Beklagte habe in seinem Bescheid im Ergebnis ausgeführt, dass die Kapazi­täts­ver­knappung durch Beschränkung der zugelassenen Hilfsmittel ein effektives Prüfungs­ver­fahren bezwecke und die Wettbe­wer­bs­be­din­gungen der Kandidatinnen und Kandidaten wahre. Der Beklagte habe ferner die Möglichkeit in Aussicht gestellt, dass der "Palandt" durch den "Prütting" ersetzt werden könne, etwa wenn sich dieser am Markt durchsetze und von den am Prüfungs­ver­fahren Beteiligten für gut befunden werde.

Quelle: ra-online, Verwaltungsgericht Mainz (vt/st)

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