Für die Klage, mit dessen Hauptantrag die AfD gerichtlich feststellen lassen wollte, dass das Bundesverfassungsgericht durch die vorgezogene Mitteilung und Herausgabe seiner Presseerklärung zur Entscheidung in dem von der AfD geführten Organstreitverfahren am Vorabend des Verkündungstermins an die Mitglieder des Vereins „Justizpressekonferenz Karlsruhe e. V.“ verfassungsmäßige Rechte der AfD verletzt habe, sei teilweise schon der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht eröffnet. Dies gelte für die Durchsetzung von Rechten, die in den Bereich der Tätigkeit des Bundesverfassungsgerichts als Rechtsprechungsorgan fielen, wie insbesondere des Rechts auf ein faires Verfahren. Die Verwaltungsgerichte seien nicht berufen, die Entscheidungen höherer Gerichte auf ihre inhaltliche Richtigkeit hin zu überprüfen. Vielmehr seien die sogenannten Prozessgrundrechte, wozu das Recht auf ein faires Verfahren gehöre, innerhalb des zulässigen Rechtswegs zu verwirklichen. Dies sei für Organstreitverfahren der Rechtsweg zum Bundesverfassungsgericht.
Soweit der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten eröffnet sei, weil das Bundesverfassungsgericht durch die Veröffentlichung von Pressemitteilungen – vergleichbar mit einer Behörde – auch vollziehende Gewalt ausübe, sei die Klage unzulässig, weil der AfD die Klagebefugnis fehle. Klagebefugt sei nur, wer geltend machen könne, in eigenen Rechten verletzt zu sein. Die AfD könne sich aber nicht mit Erfolg auf die Verletzung der Presse- und Rundfunkfreiheit aus Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 Grundgesetz berufen, weil sie als politische Partei schon selbst kein Presseorgan sei. Sie stehe auch nicht in einem beruflichen Wettbewerb mit den in der Justizpressekonferenz zusammengeschlossenen Pressevertretern, weshalb eine Verletzung des allgemeinen Gleichbehandlungsgrundsatzes aus Artikel 3 Absatz 1 Grundgesetz offensichtlich ausscheide.
Darüber hinaus könne sich die AfD als politische Partei nicht auf eine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts berufen. Sie sei insoweit auch nicht berechtigt, das allgemeine Persönlichkeitsrecht ihrer Vertreter „stellvertretend“ geltend zu machen; die Vertreter der Partei könnten selbst Klage erheben. Ungeachtet dessen schütze das allgemeine Persönlichkeitsrecht ohnehin nur vor Äußerungen, die geeignet seien, sich abträglich auf das Bild der AfD in der Öffentlichkeit auszuwirken. Nicht dagegen reiche der Schutz dieses Grundrechts so weit, dass es dem Einzelnen einen Anspruch darauf verleihe, in der Öffentlichkeit nur so dargestellt zu werden, wie er sich selbst sehe oder von anderen gesehen werden möchte. Die Kammer habe außerdem nicht erkennen können, dass es zu einer medialen Darstellung der AfD gekommen wäre, die sich in ehrenrühriger Weise abträglich auf ihr Bild in der Öffentlichkeit ausgewirkt hätte.
Soweit die AfD schließlich einen Verstoß gegen § 32 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts geltend gemacht habe, sei festzustellen, dass diese Vorschrift ihr kein einklagbares subjektives Recht verleihe. Vielmehr handelte es sich, worauf die Kammer bereits in ihrer Eilentscheidung hingewiesen habe (siehe Pressemitteilung vom 8. Juni 2020), um reines Binnenrecht, das einzig die Aufgabe habe, das regelgeleitete Funktionieren des Gerichts sicherzustellen.
Die Klage bleibe auch mit ihrem Hilfsantrag ohne Erfolg. Der Hilfsantrag, der auf die gerichtliche Feststellung ziele, dass das Bundesverfassungsgericht die verfassungsmäßigen Rechte der AfD dadurch verletzt habe, ihr nicht zeitgleich mit der entsprechenden Mitteilung an die Mitglieder des Vereins „Justizpressekonferenz Karlsruhe e. V.“ ebenfalls die Presseerklärung zu überlassen, sei ebenfalls unzulässig. Denn die AfD habe beim Bundesverfassungsgericht schon gar keinen Antrag auf Überlassung der Pressemitteilung vor Verkündung des Urteils in dem von ihr angestrengten Organstreitverfahren gestellt. Im Übrigen sei eine rechtliche Grundlage für den Anspruch auf gleichzeitige Überlassung der Pressemitteilung vor der Verkündung nicht ersichtlich und eine Verletzung der Grundrechte der AfD nicht dargelegt.
§ 32 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesverfassungsgerichts lautet: „Amtliche Informationen über ergangene Entscheidungen bedürfen der Billigung des berichterstattenden Mitglieds des Senats und des oder der Vorsitzenden und dürfen erst veröffentlicht werden, wenn anzunehmen ist, dass die Entscheidung den Prozessbeteiligten zugegangen ist.“
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 13.09.2022
Quelle: Verwaltungsgericht Karlsruhe, ra-online (pm/pt)