21.11.2024
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Verwaltungsgericht Gießen Urteil29.04.2013

Apotheke darf Kunden bei Rezepteinlösung keine Rabatte auf verschrei­bungs­pflichtige Medikamente gewährenGericht rügt Verstoß gegen die Vorschriften der Arznei­mit­tel­preis­bindung

Das Berufsgericht für Heilberufe bei dem Verwal­tungs­gericht Gießen hat eine Apothekerin wegen Verstoßes gegen die Vorschriften der Arznei­mit­tel­preis­bindung zu einer Geldbuße von 750 Euro verurteilt. Das Gericht hielt die von der Apothekerin für ihre Kunden ausgelobten Vergünstigungen bei Einlösung von Rezepten für unzulässig.

Die beschuldigte Apothekerin des zugrunde liegenden Falls hatte im Zeitraum ab November 2010 Zeitungs­an­noncen und Flyer im Einzugsbereich ihrer Apotheke geschaltet bzw. in Haushalten verteilen lassen, die folgenden Inhalt aufwiesen:

"easyRezept-Prämie bis 3,00 EUR geschenkt!

Für die Einlösung eines Rezeptes bekommen Sie pro verschrei­bungs­pflichtigem Arzneimittel einen 1,00 EURO Einkaufs­gut­schein geschenkt – sofort einlösbar!

Pro Rezept erhalten Sie für maximal drei Arzneimittel einen Einkaufs­gut­schein. Einkaufs­gut­scheine können nur beim Kauf von nicht-rezept­pflichtigen Artikeln eingelöst werden. Eine Barauszahlung des Gutschein­betrags und eine Auszahlung von Restbeträgen ist nicht möglich."

Vergünstigungen für Kunden dienen Umgehung der strikten Preisbindung für apotheken- bzw. verschrei­bungs­pflichtige Arzneimittel

Die Landes­a­po­the­ker­kammer Hessen ist der Auffassung, dass diese Auslobung eine Vergünstigung für Kunden der Apotheke darstelle, die der Umgehung der strikten Preisbindung für apotheken- bzw. verschrei­bungs­pflichtige Arzneimittel nach dem Arznei­mit­tel­gesetz (§ 78) und der Arzneimittelpreisverordnung (§ 3) dienen soll.

Beschuldigte hält Werbemaßnahmen zur Kundenbindung für rechtlich möglich

Die Beschuldigte meint dem gegenüber, sie habe ihre Apotheke, eine Zweigstelle ihrer Hauptapotheke, damals neu eröffnet und Werbemaßnahmen zur Kundenbindung müssten ihr zur Erreichung eines auskömmlichen Betrie­bs­er­geb­nisses rechtlich möglich sein. Ein Preiswettbewerb unter Apothekern sei im Hinblick auf die im Grundgesetz verankerte Freiheit der Berufsausübung zuzulassen. Ob dies zur Gefährdung der von der Kammer gewünschten Sicherung einer flächen­de­ckenden Versorgung der Bevölkerung mit Apotheken führe, sei zweifelhaft.

BGH: Gering­fü­gig­keits­schwelle wird bei Auslobung von 1 Euro-Gutscheinen pro Medikament nicht überschritten

Die vorliegende Rechtsfrage stellt sich bundesweit nach zwei Entscheidungen des Bundes­ge­richtshofs auf der Grundlage des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG), der in § 3 Abs.1 unlautere geschäftliche Handlungen (nur dann) für unzulässig erklärt, wenn sie geeignet sind, die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Markt­teil­nehmern "spürbar" zu beeinträchtigen. Es wird teilweise die Auffassung vertreten, im Hinblick auf das Postulat der "Einheit der Rechtsordnung" oder den Verhält­nis­mä­ßig­keits­grundsatz müsse diese "Spürba­r­keits­schwelle" auch im öffentlichen Recht (z.B. Unter­sa­gungs­ver­fü­gungen) oder im diszi­pli­na­r­ähn­lichen Berufsrecht (wie vorliegend) zur Anwendung gelangen. Bei der Auslobung von 1 Euro pro Medikament (sowie der Begrenzung auf 3 Euro pro Rezept) sei diese Gering­fü­gig­keits­schwelle nicht überschritten (vgl. Bundes­ge­richtshof, Urteil v. 09.09.2010 - I ZR 193/07 u.a.).

Gericht verhängt Geldbuße in Höhe von 750 Euro gegen Apothekerin

Das entscheidende hessische Berufsgericht folgt dieser Auffassung - jedenfalls für die Rechtslage in Hessen - nicht. Daher wurde der Beschuldigten unter Erteilung eines Verweises eine Geldbuße von 750 Euro auferlegt.

Quelle: Verwaltungsgericht Gießen/ra-online

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