18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Freiburg Urteil29.01.2014

Endkorrektor einer Abiturarbeit darf sich nicht über Bewertung des Erst- und Zweitkorrektors hinwegsetzenSelbstständige Benotung durch Endkorrektor nur bei rechtswidriger Beurteilung von Erst- und Zweitkorrektor zulässig

Das Verwal­tungs­gericht Freiburg hat entschieden, dass sich der Endkorrektor einer Abiturarbeit über die Bewertung des Erst- und Zweitkorrektors nur hinwegsetzen darf, wenn diese Bewertung rechtswidrig war. Hingegen gibt es keine rechtliche Grundlage für die langjährige Prüfungspraxis der Schul­aufsichts­behörde, die den Endkorrektor zu einer von der Vorkorrektur unabhängigen eigenen Neubewertung schon dann ermächtigte, wenn er aufgrund von Stichproben den Eindruck hatte, dass die Bewertungen der beiden Vorprüfer „nicht angemessen“ waren.

Im zugrunde liegenden Fall klagte der Schüler einer Waldorfschule gegen die Bewertung seiner Deutscharbeit in der Abiturprüfung vom Frühjahr 2012. Die Fachlehrerin hatte die Arbeit mit 9 Punkten bewertet, die Zweit­kor­rektorin mit acht Punkten. Der Endkorrektor hingegen hatte die Arbeit mit endgültig 4 Punkten bewertet, nachdem ihn das Regie­rungs­prä­sidium Freiburg als obere Schul­auf­sicht­behörde mit der Endbeurteilung der Arbeiten des gesamten Deutschkurses des Klägers beauftragt hatte.

Bewertung

Bewertung der Arbeit des Klägers ermächtigt'> Das Verwal­tungs­gericht Freiburg gab der Klage des Schüler statt. Zur Begründung führte das Gericht aus, dass der Kläger Anspruch auf eine Bewertung seiner schriftlichen Prüfungsarbeit im Fach Deutsch mit neun (statt mit bislang vier) Punkten habe, wodurch sich die Durch­schnittsnote in der Abiturprüfung wohl von 1,7 auf 1,6 verbessern werde. Der Endkorrektor sei nicht ermächtigt gewesen, die Arbeit des Klägers selbständig zu bewerten. Nach der auch im Fall des Klägers maßgeblichen Abitur­ver­ordnung Gymnasien der Normalform - NGVO - werde jede schriftliche Arbeit in der Abiturprüfung von der Fachlehrkraft des Schülers und von einer Fachlehrkraft eines anderen von der Schul­auf­sichts­behörde bestimmten Gymnasiums korrigiert und bewertet. Wichen die Bewertungen um einen Punkt voneinander ab, gelte grundsätzlich die höhere Punktzahl. Die Möglichkeit der Überprüfung und eigenständigen Noten­fest­setzung durch einen Endkorrektor sehe die Abitur­ver­ordnung nur vor, wenn eine der beiden Vorkorrekturen einen rechtlich erheblichen Fehler aufweise. Das sei etwa der Fall, wenn eine vertretbare Lösung als falsch bewertet worden sei, wenn der Prüfer bei seiner Bewertung von falschen Tatsachen ausgegangen sei, wenn er ihr sachfremde Erwägungen zugrunde gelegt habe oder aber wenn er objektiv festgelegte Bewer­tungs­maßstäbe (z.B. eine vorgegebene Punkte­ver­teilung zu einzelnen Aufgaben) nicht beachtet habe. Ein solcher festgestellter Korrekturfehler des Vorprüfers müsse zudem für seine Bewertung im Ergebnis erheblich gewesen sein. Weise die Bewertung hingegen keinen Fehler auf, der ihre Rechts­wid­rigkeit zur Folge habe, sondern komme der Endkorrektor allein zu dem Ergebnis, dass diese aus seiner Sicht „nicht (mehr) angemessen“ sei, könne die Bindungswirkung der Ergebnisse der Erst- und der Zweitkorrektur für die Ermittlung der Endnote nicht entfallen.

Verwal­tungs­interne Vorschrift können Regelungen der Abitur­ver­ordnung nicht abändern oder ersetzen

Die darüber hinausgehende „Arbeits­an­weisung des Regie­rungs­prä­sidiums Freiburg für die Endbeurteilung“, die eine Neubewertung durch den Endkorrektor schon für den Fall vorsehe, dass aufgrund von Stichproben die „Punkte­ver­teilung des Erst- und Zweitkorrektors nicht akzeptiert werden kann“, könne hingegen als rein verwal­tungs­interne Vorschrift die Regelungen der Abitur­ver­ordnung (NGVO) ebenso wenig abändern oder ersetzen wie die entsprechenden Arbeits­an­wei­sungen der übrigen Regie­rungs­prä­sidien. Zudem knüpfe sie die Verpflichtung zur Nachkorrektur an die subjektiv wertende Überprüfung von Stichproben und führe damit zu zufälligen Ergebnissen. Schließlich seien die tatbe­stand­lichen Voraussetzungen für eine Nachkorrektur in den jeweiligen Arbeits­an­wei­sungen der vier Regie­rungs­prä­sidien im Land so unterschiedlich gefasst, dass nicht einmal eine landes­ein­heitliche Praxis der Nachkorrektur sichergestellt sei.

Weder Fachlehrerin noch Zweit­kor­rektorin ist rechtlich relevanter Beurtei­lungs­fehler unterlaufen

Im Fall des Klägers sei weder seiner Fachlehrerin noch der Zweit­kor­rektorin ein rechtlich relevanter Beurtei­lungs­fehler unterlaufen. Daher sei der Endbeurteiler rechtlich daran gehindert gewesen, bei der Ermittlung der Endnote eine eigenständige Bewertung der Leistung vorzunehmen.

Quelle: Verwaltungsgericht Freiburg/ra-online

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Urteil17838

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI