21.11.2024
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Dokument-Nr. 32838

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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil02.03.2023

Entschädigung für Verdien­st­ausfall während Corona-Quarantäne auch ohne Covid 19-ImpfungCorona-Schutz­ver­ordnung sah Quarantäne unabhängig vom Impfstatus vor

Dem Anspruch auf Verdiens­tausfall­entschädigung für einen Arbeitnehmer, der sich im Dezember 2021 nach einer SARS-CoV-2-Infektion in Absonderung bzw. Quarantäne begeben musste, steht nicht entgegen, dass der Arbeitnehmer keine Covid 19-Impfung in Anspruch genommen hatte. Dies entschied das Verwal­tungs­gericht Freiburg.

Der Arbeitnehmer musste sich vom 09.12.2021 bis 24.12.2021 nach der damals geltenden Corona-Verordnung Absonderung aufgrund eines positiven SARS-CoV-2-Tests in Quarantäne begeben. Sein Arbeitgeber, der seinen Lohn in diesem Zeitraum fortgezahlt hatte, beantragte daraufhin bei der zuständigen Behörde, dem Regie­rungs­prä­sidium Freiburg, die Erstattung des Verdien­st­ausfalls und der entrichteten Sozia­l­ver­si­che­rungs­beiträge. Der Antrag bezog sich nur auf den Zeitraum 14.12.2021 bis 24.12.2021 und nicht auf die vorherigen Krankheitstage (09.12.2021 bis 13.12.2021), für die der Arbeitnehmer aufgrund des Entgelt­fort­zah­lungs­ge­setzes seinen Lohn weiter erhalten hatte. Das Regie­rungs­prä­sidium lehnte den Antrag mit der Begründung ab, der Arbeitnehmer hätte von der seit September 2021 bestehenden Impfmöglichkeit Gebrauch machen und dadurch die Absonderung vermeiden können.

Abson­de­rungs­pflicht unabhängig von Impfstatus

Dieser Argumentation ist das Verwal­tungs­gericht nicht gefolgt. Es gab der vom Arbeitgeber erhobenen Klage statt. Nach § 56 Abs. 1 Satz 4 des Infek­ti­o­ns­schutz­ge­setzes (IfSG) in der im Dezember 2021 maßgeblichen Fassung habe derjenige keine Entschädigung für den während einer Absonderung erlittenen Verdienstausfall erhalten, der durch Inanspruchnahme einer öffentlich empfohlenen Schutzimpfung die Absonderung hätte vermeiden können. Zwar habe in Baden-Württemberg eine Empfehlung für Covid 19-Impfungen vorgelegen. Durch eine solche Impfung hätte der Arbeitnehmer aber seine Absonderung nicht im Sinne des Gesetzes vermeiden können. Dies gelte zunächst mit Blick auf die damalige Corona-Verordnung Absonderung. Diese habe eine Abson­de­rungs­pflicht für infizierte Personen unabhängig von ihrem Impfstatus sowie von Krank­heits­sym­ptomen vorgesehen.

Absonderung nicht in vorwerfbarer Weise „verursacht“

Darüber hinaus hätte der Arbeitnehmer die Infektion durch die Impfung auch nicht mit hinreichender Wahrschein­lichkeit verhindern können. Zwar fordere das IfSG keinen 100 prozentigen Impfungsschutz. Der Gesetzgeber verlange aber, dass die Absonderung in vorwerfbarer Weise „verursacht“ worden sei. Die Impfempfehlung allein reiche hierfür nicht aus. Vielmehr sei zumindest Voraussetzung, dass die Impfung die - die Abson­de­rungs­pflicht bereits auslösende - Infektion mit weit überwiegender Wahrschein­lichkeit ausgeschlossen hätte. Davon sei aber hinsichtlich der Covid 19-Impfung bezogen auf den maßgeblichen Zeitraum Dezember 2021 (als die sogenannte Delta-Variante vorherrschend gewesen sei) nicht auszugehen. Das Regie­rungs­prä­sidium habe sich darauf gestützt, dass das Robert Koch-Institut damals hinsichtlich der maßgeblichen Altersgruppe (18-59 Jahre) eine 69 prozentige Impfef­fek­tivität festgestellt habe. Bei der Ermittlung dieses Wertes seien aber nur erkrankte Personen und nicht asymptomatisch Infizierte erfasst gewesen, welche ebenfalls von der Abson­de­rungs­pflicht erfasst gewesen seien. Rechne man dem Anteil der Impfdurchbrüche (Covid 19-Fälle mit Erkran­kungs­sym­ptomen) noch die asympto­ma­tischen Infektionen hinzu, dürfte sich der vom Regie­rungs­prä­sidium in Ansatz gebrachte Wert zur Impfef­fek­tivität von 67 % mit Blick auf die Möglichkeit der Verhinderung der Absonderung um weitere Prozentpunkte verringern. Von einer zumindest weit überwiegenden Wahrschein­lichkeit könne damit nicht ausgegangen werden. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Quelle: Verwaltungsgericht Freiburg, ra-online (pm/ab)

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