21.11.2024
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Verwaltungsgericht Freiburg Urteil20.06.2007

Baden-Württemberg: Musterklagen gegen Studiengebühren abgewiesenKeine verfas­sungs­recht­lichen Bedenken gegen Gebüh­re­n­er­hebung

Das Verwal­tungs­gericht Freiburg hat in drei Urteilen die Klagen von Studierenden gegen Studiengebühren abgewiesen. Die Studierenden hatten gegen Gebüh­ren­be­scheide der Universitäten Freiburg, Konstanz und der Pädagogischen Hochschule Freiburg geklagt, mit denen sie für die Dauer ihres Studiums erstmals ab dem Sommersemester 2007 zur Zahlung einer Studiengebühr von 500.-Euro je Semester herangezogen werden.

Das Gericht betonte, es habe wegen der Gewaltenteilung den Gestal­tungs­spielraum des demokratischen Gesetzgebers zu respektieren und dürfe sich nicht die Kontrolle anmaßen, ob dieser die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gewählt habe. Es könne nur kontrollieren, ob das Gesetz gegen die Verfassung verstoße. Wirklich durchgreifende verfas­sungs­rechtliche Bedenken ließen sich aber trotz intensiver Prüfung nicht finden.

Das Landes­hoch­schul­ge­büh­ren­gesetz verstoße weder gegen den UN-Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte noch gegen das Grundrecht auf Berufs­wahl­freiheit. Das dadurch verbürgte Recht auf diskri­mi­nie­rungs­freien Zugang zum Hochschul­un­terricht ohne Unterscheidung nach den wirtschaft­lichen Verhältnissen sei nicht verletzt. Eine Zugangshürde für Einkom­mens­schwache stellten die Gebühren nicht dar. Denn das vom Land für die Bezahlung der Gebühren zur Verfügung gestellte Darlehen ermögliche es bedürftigen Studierenden, die Gebühr zu zahlen, ohne dazu neben dem Studium jobben oder dazu die BAföG-Leistungen verwenden zu müssen, die ihnen der Bund allein für den Lebensunterhalt zur Verfügung stelle. Das Darlehensmodell sei so ausgestaltet, dass sich dadurch auch keine abschreckende Wirkung auf die Entscheidung einkom­mens­schwacher Studierwilliger für ein Studium bzw. für eine Weiterführung eines bereits begonnenen Studiums ergebe. Die Rückzah­lungs­pflicht treffe sie in der Regel erst zwei Jahre nach Abschluss des Studiums, wenn sie tatsächlich ein bestimmtes Minde­st­ein­kommen (ca. 1000 Euro netto bei einem Ledigen ohne Kinder) hätten und somit nicht mehr zum Kreis der Einkom­mens­schwachen zählten. Durch das Gesetz werde für BAföG-Empfänger die sich aus dem BAföG-Darlehen, dem Studien­ge­büh­ren­da­rlehen und den dafür aufgelaufenen Zinsen ergebende Schuldsumme auf maximal 15.000 Euro begrenzt, so dass das Studien­ge­büh­ren­da­rlehen für BAföG-Höchst­satz­emp­fänger nahezu zinslos gewährt werde.

Auch das Fehlen einer Befrei­ungs­re­gelung für Studierende mit Kindern über 8 Jahren bzw. einer Befreiung von Gebühren für zwei Semester für Studierende, die vor dem Studium ihren Wehrdienst/Zivildienst abgeleistet hätten, sei verfas­sungs­rechtlich nicht zu beanstanden.

Die Altersgrenze bei 8 Jahren anzusiedeln, sei im Rahmen des Gestal­tungs­spielraums des Gesetzgebers vertretbar, da ab diesem Alter erfahrungsgemäß eine größere Selbständigkeit der Kinder vorliege und damit der das gebüh­ren­pflichtige Studium verzögernde Betreuungs- und Zeitaufwand für die Kindererziehung geringer werde. Der Gesetzgeber sei auch nicht von Verfassungs wegen gehalten, jeden Nachteil auszugleichen, der Wehr- bzw. Zivil­dienst­pflichten aus der Ableistung ihres Dienstes im späteren Leben erwachse. Es könne nämlich nicht unberück­sichtigt bleiben, dass diese Dienstpflicht im Grundgesetz verfas­sungs­rechtlich verankert sei.

Die Urteile zu den Musterverfahren haben Bedeutung für die mehr als 500 Klageverfahren, die von anderen Studierenden beim Verwal­tungs­gericht Freiburg gegen Studien­ge­büh­ren­be­scheide erhoben wurden und die derzeit ruhen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung des VG Freiburg vom 21.06.2007

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