18.10.2024
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Dokument-Nr. 21622

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Urteil09.09.2015Verwaltungsgericht Frankfurt am Main7 K 3025/14.F
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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Urteil09.09.2015

Möglichkeiten der Bargeld­aus­zahlung nach Zahlung konsumierter Waren mit EC-Karte in Spielstätte zulässigGeldgeschäfte unterliegen nicht den Vorschriften des Zahlungs­dienste­aufsichts­gesetz

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat entschieden, dass Bargeld­aus­zah­lungen an Kunden, die in einem Restaurant verbunden mit einer Spielstätte im Wege von Elektronik-Cash-Transaktionen mit PIN-Eingabe den Konsum ihrer Waren bezahlen, nicht den Vorschriften des Zahlungs­dienste­aufsichts­gesetz unterfallen.

Die Klägerin des zugrunde liegenden Verfahrens betreibt ein Restaurant, dem eine Spielstätte mit insgesamt fünf Spielräumen räumlich angeschlossen ist. In dem Restaurant können die Kunden für ihren Verzehr mit Bargeld oder mittels EC-Karte und der dazugehörigen Pin-Eingabe bezahlen. Ebenso können sie in der Spielstätte für den Erwerb von Snacks, Getränken oder Tabakwaren mittels EC-Karte und PIN-Eingabe bezahlen. Auf Wunsch der Kunden gegenüber den jeweiligen Mitarbeitern können diese Bargeld ausgezahlt erhalten. Dies ist sowohl im Restaurant als auch in der Spielstätte möglich. Voraussetzung ist lediglich der Konsum von Waren im Wert von mindestens fünf Euro.

Ordnungs­be­hörden zweifeln an Erlaub­nis­freiheit der Geldgeschäfte

Nachdem die zuständigen Ordnungs­be­hörden Zweifel daran hatten, dass diese Geldgeschäfte erlaubnisfrei seien und mehrmals angedeutet hatte, dass unter Umständen eine Verfügung unter Androhung von Zwangsgeld die Fortführung diese Auszah­lungs­ge­schäfts untersagen könnte, versuchte die Klägerin zunächst einen rechts­mit­tel­fähigen Bescheid von den zuständigen Behörden zu erlangen. Nachdem dies über einen Zeitraum von mehreren Monaten nicht erfolgt war, hat die Klägerin die hier zu entscheidende Klage erhoben, mit der sie festgestellt haben möchte, dass die Auszahlungen von Bargeld im Rahmen ihres Geschäfts­modells nicht den Vorschriften des Zahlungs­diens­teauf­sichts­gesetz vom 25. Juni 2009 in der Fassung vom August 2013 (ZAG) unterliegen.

Beklagte sieht durch Bargeld­aus­zahlung Spiel­lei­den­schaft gefördert

Die Beklagte ist diesem Begehren entge­gen­ge­treten und äußert zunächst Zweifel an der Zulässigkeit der Klage. Weiterhin verweist sie darauf, dass die Bereitstellung von Bargeld allein das Ziel habe, den Betrieb von Spielautomaten zu fördern. Durch diesen einfach zu erlangenden finanziellen Nachschub - die Spieler müssten die Räumlichkeiten nicht mehr verlassen, um an Bargeld zu gelangen - werde die Spiel­lei­den­schaft weiter gefördert. Das Geschäftsmodell der Klägerin sei nicht mit den Möglichkeiten der Bargeld­aus­zahlung in großen Super­ma­rkt­ketten zu vergleichen. In dem geschäftlichen Verhalten der Klägerin sei auch ein Verstoß gegen die Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinn­mög­lich­keiten zu sehen. Die Spielsucht werde durch dieses Verhalten gefördert.

Möglichkeit der Bargeld­aus­zah­lungen nach Zahlung mit EC-Karte erfüllt Ausnah­me­tat­bestand

Das Verwal­tungs­gericht Frankfurt am Main hat jedoch entschieden, dass das Geschäftsmodell der Klägerin - nämlich die Auszahlung von Bargeld in ihrem Restaurant und der Spielstätte - nicht den Vorschriften des ZAG unterliege. Dies sei deshalb in Form eines sogenannten Negativtestats auszusprechen gewesen. Die Möglichkeit der Bargeld­aus­zah­lungen auch in der Spielstätte nach Bezahlung zuvor konsumierter Waren mittels EC-Karte und Eingabe der PIN Nummer erfülle den Ausnah­me­tat­bestand des § 1 Abs. 10 Nr. 4 ZAG. Nach dieser Vorschrift sind solche Dienste keine Zahlungsdienste im Sinn des ZAG, bei denen der Zahlungs­emp­fänger dem Zahler Bargeld im Rahmen eines Zahlungs­vorgangs aushändigt, nachdem ihn der Zahlungs­dienst­nutzer kurz vor der Auszahlung des Zahlungs­vorgangs zum Erwerb von Waren oder Dienst­leis­tungen ausdrücklich hierum gebeten hat.

Europa­rechtliche Vorgaben stehen Möglichkeit der Bargeld­aus­zahlung nicht entgegen

Diesen Tatbestand erfülle die Klägerin. Denn sie leiste nur dann Bargeld­aus­zah­lungen, wenn die Kunden zuvor Speisen oder Getränke oder weitere Waren mit einem Mindestwert von fünf Euro erworben hätten und die Kunden ausdrücklich um die Barauszahlungen bäten. Die Klägerin trete zu keinem Zeitpunkt als ein potentieller Darlehensgeber auf. Die Bargeld­aus­zahlung erfolgten durch ihre Mitarbeiter, die das Geld entweder aus der Barkasse oder dem Kassentresor entnähmen. Da die Klägerin in ihrem Restaurant sowie in der Spielstätte in nicht lediglich unerheblichen Umfang Speisen und Getränke zum Erwerb anbiete, sei sie auch als Händlerin zu verstehen. Auch europa­rechtliche Vorgaben stünden dem nicht entgegen. Nach der anzuwendenden Richtlinie und den Geset­zes­ma­te­rialien soll die Möglichkeit der Barauszahlung beim Erwerb von Waren nicht allein auf Supermärkte, Groß- und Einzelhändler beschränkt werden. Hätten der Gesetzgeber oder die europäischen Richtlinien eine Beschränkung von reversen Bargeld­aus­zahlung ausschließlich auf Supermärkte beschränken wollen, so hätten sie dies ausdrücklich regeln müssen. Dies ist nicht geschehen. Der Gesetzgeber habe auch nicht darauf abgestellt, wann und für welche Zwecke das abgehobene Geld verbraucht werde. Die Mittel­ver­wendung sei für die Qualifizierung der Bargeld­aus­zahlung als Zahlungsdienst ohne jegliche Bedeutung. Das ZAG stelle darüber hinaus keine sozia­l­po­li­tische Lenkungsnorm dar, die bestimmte Auszah­lungs­vorgänge als erwünscht, andere hingegen als unerwünscht ansehen lasse. Die rechtlichen Möglichkeiten, die das ZAG für die Aufsicht über Finanz­dienst­leis­tungen gewähre, unterlägen keinen speziellen oder allgemeinen ordnungs­recht­lichen Erwägungen.

Das Gericht musste der Frage, ob Bargeld­aus­zah­lungen durch die Klägerin im Hinblick auf die Regelungen von Glückspielen in der Spiele­ver­ordnung in ordnungs­recht­licher Hinsicht rechtswidrig seien, vorliegend nicht entscheiden. Diese stellten keine rechtlichen Maßstäbe für die Aufsicht über Finanz­dienst­leis­tungen dar.

Quelle: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main/ra-online

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