23.11.2024
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Dokument-Nr. 30008

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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Beschluss16.03.2021

Erfolgreicher Antrag einer Gewer­be­trei­benden gegen zusätzliche Beschränkungen nach der Corona-Kontakt-Betrie­bs­be­schränkungs­verordnungCoKoBev verstößt gegen europäisches Recht und Gleich­behandlungs­grundsatz

Das Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main hat mir Beschluss festgestellt, dass die Antragstellerin einstweilen berechtigt ist, ihre Verkaufsstelle ohne zusätzliche Beschränkungen nach § 3 a Abs. 1 Satz 1 Nummer 22 der Corona- Kontakt-Betrie­bs­be­schränkungs­verordnung des Landes Hessen zu betreiben.

Die Antragstellerin betreibt eine Verkaufsstelle zur Ausstellung und Vertrieb von Grills, Grillzubehör sowie Produkten im Zusammenhang mit dem Thema Grillen. Die Antragstellerin verfügt über ein umfassendes Hygienekonzept für ihre ca. 280 m² große Verkaufsfläche. In unmittelbarer Nähe befindet sich ein Garten-/Bau-/Heimwerkermarkt. Die Antragstellerin sieht sich jetzt durch die besonderen Beschränkungen nach § 3 a Abs. 1 Satz 2 Nummer 22 der Corona-Kontakt-und Betrie­bs­be­schrän­kungs­ver­ordnung (im Folgenden: CoKoBeV) in einem erheblichen Wettbe­wer­bs­nachteil gegenüber den Garten-Bau- und Heimwer­ker­märkten, zu denen die Kunden ohne das sogenannte click and meet Verfahren und ohne die strengere Quadrat­me­ter­re­gelung Zugang hätten. Die Antragstellerin hat den Erlass einer einstweiligen Anordnung sowohl gegenüber dem zuständigen Kreis als auch gegenüber der Gemeinde, in deren Gebiet sich die Verkaufsstelle befindet, beantragt.

Verstoß gegen Europarecht und Gleich­be­hand­lungs­grundsatz

Das Verwal­tungs­gericht hat daraufhin festgestellt, dass die Antragstellerin ihre Filiale ohne zusätzliche Betrie­bs­be­schrän­kungen betreiben darf. Gegen die zusätzlichen Betrie­bs­be­schrän­kungen nach § 3 a Abs. 1 Satz 2 Nummer 22 der CoKoBev bestünden erhebliche rechtliche Bedenken. Zur Zulässigkeit des Antrags wird ausgeführt, dass die CoKoBev selbst­voll­ziehend sei und die Antragstellerin nicht erst einen Verwaltungsakt abwarten müsse, um dagegen vorzugehen. Auch sei es ihr nicht zuzumuten, eventuell erst ein Bußgeld abzuwarten, um dann in einem Ordnungs­wid­rig­keits­ver­fahren eine Überprüfung der Regelung zu erreichen. Das Gericht hat festgestellt, dass der Normbefehl in § 3 a Abs.1. Satz 1 Nummer 22 CoKoBev sowohl gegen Vorgaben des Europarechts wie auch gegen den Gleich­be­hand­lungs­grundsatz nach Art. 3 des Grundgesetzes verstoße und auch nicht geltungs­er­haltend ausgelegt werden könne.

Differenzierung zwischen Verkaufsstätten ungerecht­fertigt

Durch die Erklärung der Nicht­an­wend­barkeit von Normen der Datenschutz- Grundverordnung werde gegen europa­rechtliche Vorgaben, wie sie in der Datenschutz- Grundverordnung ihren Niederschlag gefunden haben, verstoßen. Unter keinen erdenklichen Gesichtspunkten sei die Hessische Landesregierung ermächtigt, Akte der europäischen Gesetzgebung pauschal für nicht anwendbar zu erklären. Es sei auch die Differenzierung der gebildeten Gruppen von Verkaufsstellen in § 3 a Abs. 1.Ziffer 18, 20 und 21 CoKoBev einerseits und in § 3 a Abs.1 Satz 2 Nummer 22 andererseits nicht nachvollziehbar. In der allgemeinen Begründung heißt es dazu, dass Bau- und Heimwer­ker­märkte nunmehr dem offenstehenden Einzelhandel zugerechnet würden und damit dem erweiterten Versor­gungs­bedarf der Bevölkerung angesichts der nunmehr bereits zweiein­halb­mo­natigen Schließung des Einzelhandels dienten. Die 5. Kammer hat dazu ausgeführt, dass diese Argumentation keinen infek­ti­o­ns­schutz­recht­lichen Bezug aufweise und daher eine Differenzierung im Hinblick auf die unter­schied­lichen Verkaufsstätten nicht rechtfertigen könne. Es komme zu Wettbe­wer­bs­ver­zer­rungen, da identische Produkte unter unter­schied­lichen Konditionen angeboten würden. Im vorliegenden Fall sei die Unterscheidung von Garten-und Baumärkten einerseits und der Verkaufsstelle der Antragstellerin mit dem Grillsortiment andererseits nicht nachvollziehbar. Die Unterscheidung zwischen diesen Betriebsstätten mit unter­schied­lichen Auswirkungen auf die Möglichkeiten, die Verkaufsstellen zu betreten, sei nicht rechtsstaatlich begründbar.

Zweifel an Sinnhaftigkeit von "Click and Meet"

In Bezug auf die „aktuelle epide­mi­o­lo­gische Situation“ lasse sich auch nicht einmal ansatzweise erkennen, warum bei Gartenmärkten, Blumenläden, Bau- und Heimwer­ker­märkten einerseits die Regelung gelte, dass „…auf die ersten 800 m² Verkaufsfläche höchstens 1 Person je angefangener Verkaufsfläche von 10 m² und auf die folgenden 800 m² höchstens 1 Person je angefangenen 20 m² …“eingelassen werden dürfe, die Antragstellerin andererseits aber höchstens einer Person je angefangener Verkaufsfläche von 40 m² Zutritt gewähren dürfe. Das Argument der bereits zweiein­halb­mo­natigen Schließung des Einzelhandels habe keinen infek­ti­o­ns­schutz­recht­lichen Bezug und sei daher für die getroffenen Diffe­ren­zie­rungen sachfremd. Zweifel hat das Gericht auch an der Sinnhaftigkeit des Verfahrens „click and meet“, zumal eine Anmeldung direkt vor Ort nicht ausgeschlossen sei. Auch sei nicht nachvollziehbar, warum die nach § 3 CoKoBev in jedem Fall erforderlichen Hygieneregeln in infek­ti­o­ns­schutz­recht­licher Hinsicht nicht ausreichend seien.

Quelle: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/aw)

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