Dokument-Nr. 6767
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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Beschluss29.09.2008
Streit um Nachttanzdemo "Deutschland den Schlaf rauben! - die Verhältnisse zum Tanzen bringen!"VG Frankfurt ändert Auflagen für die sog. Nachttanzdemo am 02./03.10.2008
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat die mit Verfügung der Stadt Frankfurt am Main vom 28.08.2008 angeordneten Auflagen für eine vom ASTA der Fachhochschule Frankfurt am Main am 02./03.10.2008 geplante Veranstaltung teilweise abgeändert.
Nach Anhörung des ASTA der Fachhochschule Frankfurt am Main, Antragsteller, erließ die Oberbürgermeisterin der Stadt Frankfurt am Main, Antragsgegnerin, am 28.08.2008 eine Auflagenverfügung zu der für den 02./03.10.2008 angemeldeten Veranstaltung: „Deutschland den Schlaf rauben!“ - die Verhältnisse zum Tanzen bringen!“. Die angemeldete Demonstrationsroute wird in Nr. 1 b der Verfügung wie folgt festgelegt: Diesterwegplatz - Elisabethenstraße - Mainkai - Untermainkai - Elbestraße (Zwischenkundgebung Ecke Kaiserstraße) - Friedrich-Ebert-Anlage - Bockenheimer Landstraße (Abschlusskundgebung vor der Universitätsbibliothek). In Nr. 1 c der vorgenannten Verfügung ist das Veranstaltungsende auf 1.00 Uhr festgesetzt. Der Antragsteller haben am 23.09.2008 Widerspruch u.a. gegen Nr. 1 b und c der Verfügung eingelegt und gerichtlichen Eilrechtsschutz beantragt. Die Antragsgegnerin ist dem Antrag entgegengetreten.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen die Verfügung der Antragsgegnerin hinsichtlich Nr. 1 b (Wegstrecke) wiederhergestellt und den Antrag im Übrigen abgelehnt. Zur Begründung hat die für das Versammlungsrecht zuständige 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main ausgeführt, dass sich der Antragsteller auf das Grundrecht der Versammlungsfreiheit berufen könne. Zwar sei es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht ausreichend, wenn bei Gelegenheit einer Musik- und Tanzveranstaltung auch eine Meinungskundgabe erfolge. Abzustellen sei darauf, ob eine Veranstaltung nach ihrem Gesamtgepräge eine Versammlung sei oder ob Spaß-, Tanz- und Unterhaltungszweck im Vordergrund stünden. Blieben Zweifel so bewirke der hohe Rang der Versammlungsfreiheit, dass die Veranstaltung - wie vorliegend - wie eine Versammlung zu behandeln sei. Hierfür spreche, dass drei Kundgebungen beabsichtigt seien und der Aufruf zu der Veranstaltung auch Elemente enthalte, die auf eine Kundgabe der Meinung mit dem Ziel der Teilhabe an der öffentlichen Meinungsbildung zielten. So enthalte der Aufruf kulturpolitische Forderungen und richte sich gegen Nationalismus und Deutschtümmelei.
Veranstalter legt grundsätzlich die Aufzugsroute fest
Die in der Auflage Nr. 1 b festgelegte Route des Aufzugs verletze das sich aus dem Versammlungsgrundrecht (Art. 8 GG) ergebende Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters über den Ort der Veranstaltung. Hiernach sei es Sache des Veranstalters, die Route eines Aufzuges zu wählen. Eingeschränkt werde dieses Versammlungsrecht nur durch kollidierende Rechte Dritter oder gewichtige öffentliche Sicherheitsbelange. Auf solche gewichtigen Gründe könne die Abänderung der beantragten Route aber nicht gestützt werden. Im Streit stehe lediglich der Streckenverlauf nach Überquerung des Mains bis zur Gutleutstraße. Während der Antragsteller über die Kurt-Schumacher-Straße, Battonstraße und die Berliner Straße durch den Theatertunnel marschieren wolle, setzte die Auflage Nr. 1 b die Route über den Mainkai und Untermainkai fest. Die für diese Änderung der Route in der Verfügung genannten Gründe sei es nicht von einem solchen Gewicht, dass dahinter das Selbstbestimmungsrecht des Veranstalters zurücktreten müsse. Soweit Sicherheitsbedenken geltend gemacht würden, fehle jede nähere Erläuterung, welche konkreten Gefahren gemeint seien und warum sie im Theatertunnel durch die Einsatzkräfte der Polizei nicht beherrschbar sein sollten. Der Tunnel solle nur zügig durchquert werden und sei nach der Renovierung sicherheitstechnisch auf dem neuesten Stand. Befürchtete Sachbeschädigungen oder Schmierereien an dem frischrenovierten Tunnel könnten die Auflage nicht rechtfertigen. Es sei bereits nicht ersichtlich, warum der Tunnel gegenüber derartigen Handlungen schutzwürdiger sein solle als andere Gebäude oder Anlagen, die z. B. unter Denkmalschutz stünden und an denen der Aufzug auch vorbeiführe, die Gebäude des Hauptbahnhofes, der Senckenberganlage oder der Bockenheimer Warte. Im Übrigen sei der Tunnel videoüberwacht. Berechtigte Lärmbeschwerden der Anwohner der Berliner Straße aus den vergangenen Jahren rechtfertigten ebenfalls keine andere Betrachtung. Die Anwohner der Bereichs Untermainkai seien nicht weniger schutzwürdig. Zudem sei zu berücksichtigen, dass auch am Untermainkai diverse öffentliche Veranstaltungen stattfänden, die die Anwohner in ihrer Nachtruhe störten.
Versammlung muss spätestens um 1.00 Uhr enden
Soweit der Antragsteller die Festsetzung des Endes der Veranstaltung auf 1.00 Uhr in Auflage Nr. 1 c angreife, habe der Antrag keinen Erfolg. Dem Versammlungsrecht komme grundsätzlich kein Vorrang vor der schutzwürdigen Nachtruhe der Anwohner zu. Lasse die Antragsgegnerin zugunsten des Antragstellers eine Lautstärke von 70 dB (A) zu, dürfe jedenfalls das Ende dieser erheblichen Störung der Nachtruhe nicht länger als 1.00 Uhr hinausgeschoben werden. Jede weitere Verlagerung dieses Zeitpunkts in die Nacht hinein könne nicht mehr als vertretbarer Ausgleich der betroffenen Grundrechte betrachtet werden.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 29.09.2008
Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 20/08 des VG Frankfurt am Main vom 29.09.2008
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