18.10.2024
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Dokument-Nr. 30889

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Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Beschluss29.09.2021

Einzelhändlerin darf nicht von der Anwendung der 2G-Regelung ausgeschlossen werdenVereinbarkeit der CoSchuV-Regelungen mit dem Gleichheits­grundsatz zweifelhaft

Das Verwal­tungs­ge­richts Frankfurt am Main hat im einstweiligen Rechts­schutz­verfahren festgestellt, dass die Antragstellerin einstweilen berechtigt ist, ihre Verkaufsstelle nach Umsetzung des 2G-Zugangsmodells ohne zusätzliche Beschränkungen nach der Corona-Schutz­ver­ordnung zu betreiben.

Die Antragstellerin betreibt eine Verkaufsstelle zur Ausstellung und Vertrieb von Grills, Grillzubehör sowie Produkten in Zusammenhang mit dem Thema Grillen. Für den Betrieb der Verkaufsstätte hat die Antragstellerin ein umfassendes Hygienekonzept entwickelt, das den Anforderungen der Verordnung zum Schutz der Bevölkerung vor Infektionen mit dem Coronavirus SARS-CoV 2 (CoSchuV) des Landes Hessen vom 22. Juni 2021 in der seit dem 16. September 2021 gültigen Fassung entspricht. Sie möchte nun freiwillig und überob­li­ga­torisch in ihrer Filiale das 2G-Zugangsmodell einführen und damit nur noch vollständig geimpften und genesenen Personen den Besuch ihrer Verkaufsräume ermöglichen.

Einzelhändlerin will Vorteile der 2G-Regelung nutzen

Die Antragstellerin ist der Auffassung, dass es ihr im Rahmen ihrer unter­neh­me­rischen Freiheit möglich sein müsse, das 2G-Modell umzusetzen. Ein Unterschied zwischen dem Einzelhandel und den in § 26 a Corona-Schutz-Verordnung aufgeführten Betrieben, die über die Option verfügten, den Zugang ausschließlich für Genesene und Geimpfte zu ermöglichen, bestehe nicht. Für ihre Mitarbeiter entfiele dann die Verpflichtung zum Tragen einer medizinischen Maske und den Kunden und Kundinnen würden wieder normale Einkaufs- und Beratungs­mög­lich­keiten gewährt. Das angerufene VG Frankfurt am Main hat daraufhin eine einstwillige Anordnung erlassen, nach der auch die Antragstellerin als Einzelhändlerin vorläufig von der 2G-Regelung Gebrauch machen darf. Zur Zulässigkeit des Antrags hat das Gericht ausgeführt, dass die CoSchuV selbst­voll­ziehend sei und die Antragstellerin nicht erst einen darauf basierenden Verwaltungsakt abwarten müsse, um dagegen vorgehen zu können.

Keine Anordnung zur Umsetzung des 2G-Modells durch eine Behörde notwendig

Das Gericht hat die einstweilige Anordnung erlassen, weil es erhebliche rechtliche Bedenken gegen den Ausschluss von Verkaufsstätten und ähnlichen Einrichtungen von der sogenannten 2G-Regelung im Sinn des § 21 der Corona-Schutz-Verordnung hat. Der Verord­nungsgeber sei bei dem Erlass des § 26 a CoSchuV dem Begrün­dungs­er­for­dernis nach § 28 a Abs. 5 Satz 1 Infek­ti­o­ns­schutz­gesetz nicht hinreichend nachgekommen. Die sogenannte 2G-Regelung in § 26 a Corona-Virus- Schutz­ver­ordnung (CoSchuV) sieht vor, dass die Pflicht zum Tragen einer medizinischen Maske sowie die Notwendigkeit eines Abstands- und Hygienekonzepts sowie einer Kapazi­täts­be­grenzung entfällt, wenn bei Veranstaltungen und Angeboten ausschließlich Personen mit Negativ­nach­weisen oder Kinder unter 12 Jahren mit Negativ­nach­weisen zugegen sind. In der geltenden Fassung der CoSchuV ist der Einzelhandel ausdrücklich nicht berechtigt, das 2G-Zugangsmodell einzuführen.

Unbegründete Ungleich­be­handlung des Einzelhandels

Diese Ungleich­be­handlung des Einzelhandels zu anderen Angeboten und Veranstaltungen werde nicht hinreichend begründet. Der Verord­nungsgeber habe es versäumt, darzulegen, aus welchem Grund ausgerechnet und einzig Verkaufsstätten und ähnliche Einrichtungen von der 2G-Regelung ausgenommen werden sollten. Aufgrund dieses Begrün­dungs­de­fizits bestünden auch erhebliche Zweifel daran, dass die Regelung des § 26 a CoSchuV mit dem Gleich­heits­grundsatz folgend aus Artikel 3 Abs. 1 des Grundgesetzes zu vereinbaren sei. Danach sind dem Gesetzes- und Verord­nungsgeber nicht jegliche Diffe­ren­zie­rungen und damit mögliche Ungleich­be­hand­lungen verwehrt; allerdings bedarf es für ihre Rechtfertigung der Darlegung von Sachgründen, die die Zielsetzung der Differenzierung und die Verhält­nis­mä­ßigkeit der konkreten Maßnahmen nachvollziehbar machten. Unter Berück­sich­tigung dieser Prämissen sei nicht erkennbar, warum der Einzelhandel, der ausweislich der vorgelegten Einschätzung des Robert-Koch-Instituts nur auf sehr niedrigem Niveau das Infek­ti­o­ns­ge­schehen beeinflusse, von der Anwendung des 2GModells ausgeschlossen werden solle.

Quelle: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main, ra-online (pm/aw)

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