24.11.2024
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Dokument-Nr. 29902

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Verwaltungsgericht Düsseldorf Urteil24.02.2021

Landesverband der AfD darf nicht öffentlich als "Prüffall" bezeichnet werdenÖffentliche Bezeichnung der AfD als "Prüffall" rechtswidrig

Die öffentlichen Äußerungen des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen sowie des Leiters des Landes­verfassungs­schutzes im Januar bzw. Juli 2019, dass der Verfas­sungs­schutz den Landesverband der AfD als Prüffall bearbeite, waren rechtswidrig. Das hat das Verwal­tungs­gericht Düsseldorf mit Urteil vom 24.02.2021 ohne mündliche Verhandlung entschieden. Es hat damit der auf Feststellung der Rechts­wid­rigkeit dieser Äußerungen gerichteten Klage des Landesverbandes der Partei „Alternative für Deutschland“ stattgegeben.

Mitte Januar 2019 hatte der Minister des Innern des Landes Nordrhein-Westfalen gegenüber Presse­ver­tretern geäußert: Unser nordrhein-westfälischer Verfas­sungs­schutz bearbeitet den NRW-Landesverband der AfD in Zukunft ebenfalls als Prüffall. Dem war eine Erklärung des Präsidenten des Bundesamtes für Verfas­sungs­schutz vorausgegangen, die Bundespartei AfD werde als Prüffall bearbeitet. Anlässlich der Vorstellung des Verfas­sungs­schutz­be­richtes NRW bestätigte der Leiter des Verfas­sungs­schutzes am 3. Juli 2019 auf die Frage eines Journalisten, dass der Landesverband der AfD als Prüffall bearbeitet werde. Mit seiner Klage vertritt der Landesverband der Partei die Auffassung, diese Äußerungen seien mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig; insbesondere werde er in seinem Recht als politische Partei aus Art. 21 des Grundgesetzes verletzt. Die Klage, die die Frage des Bestehens einer Rechtsgrundlage zum Gegenstand hatte, hat nun zum Erfolg geführt.

Berich­t­er­stattung nur unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen erlaubt

Das VG hat zur Urteils­be­gündung ausgeführt, mit den Äußerungen hätten die beiden Hoheitsträger in das Recht der AfD, als politische Partei gleich­be­rechtigt am politischen Wettbewerb teilzunehmen (Art. 21 Abs. 1 GG), eingegriffen. Sie seien geeignet gewesen, die Mitwirkung der Partei an der politischen Willensbildung des Volkes und ihre Chancen­gleichheit im Wettbewerb der Parteien negativ zu beeinflussen. Für diesen Eingriff habe es einer gesetzlichen Grundlage bedurft, an der es fehle. Insbesondere könne das Recht, eine politische Partei in der Öffentlichkeit als „Prüffall“ zu bezeichnen, nicht aus dem Verfas­sungs­schutz­gesetz NRW hergeleitet werden. Soweit dieses in §§ 5 Abs. 7, 3 Abs. 3 Bestimmungen über die Veröf­fent­lichung von Informationen enthalte, setzten diese voraus, dass tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht verfas­sungs­feind­licher Bestrebungen vorlägen, die nach höchst­rich­ter­licher Rechtsprechung zudem hinreichend gewichtig sein müssten. Während über einen sog. „Verdachtsfall“ – der hier nicht in Rede stehe – unter bestimmten gesetzlichen Voraussetzungen öffentlich berichtet werden dürfe, enthalte das Verfas­sungs­schutz­gesetz NRW keine Befugnis, bereits über das Stadium des sog. „Prüffalls“ zu informieren.

Neutra­li­tätsgebot verletzt

Die Prüfung diene erst der Klärung der Frage, ob sich aus allgemein zugänglichem Material ausreichende Anhaltspunkte für verfas­sungs­feindliche Bestrebungen ergäben, die zur Einstufung als Verdachtsfall führten. Angesichts der Notwendigkeit einer gesetzlichen Grundlage könnten die Äußerungen des Innenministers sowie des Leiters des Verfas­sungs­schutzes auch nicht auf das allgemeine (gesetzlich nicht verbriefte) Recht zu staatlichem Infor­ma­ti­o­ns­handeln gestützt werden. Dieses setze überdies die strikte Einhaltung des Neutra­li­täts­gebotes voraus, das beide Hoheitsträger verletzt hätten. Der presse­rechtliche Auskunfts­an­spruch berechtige angesichts des entge­gen­ste­henden Partei­en­grund­rechts ebenso wenig zu den streit­be­fangenen öffentlichen Erklärungen. Das Gericht hat mit dem Urteil lediglich die Frage der Rechtsgrundlage für die Bekanntgabe eines „Prüffalls“ geklärt. Damit war keine rechtliche Bewertung verbunden, ob der NRW-Landesverband der AfD als Prüffall bearbeitet werden darf oder nicht.

Quelle: Verwaltungsgericht Düsseldorf, ra-online (pm/aw)

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