21.11.2024
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Dokument-Nr. 31868

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Verwaltungsgericht Braunschweig Beschluss02.06.2022

Tätig­keits­verbot für Luftfracht-KontrolleurinEinmalige schwerwiegenden Sorgfalts­verstoß begründet Tätig­keits­verbot

Für Kontrolleure von Luftfracht, also von Frachtsendungen, die auf Flugzeuge verladen werden sollen, gelten strenge Sorgfalts­anforderungen. Schon bei einem einmaligen schwerwiegenden Sorgfalts­verstoß bei der Kontrolle darf das Luftfahrt-Bundesamt (LBA) ihnen verbieten, weiter als Kontrolleur tätig zu sein. Dies hat das Verwal­tungs­gericht Braunschweig in einem Eilverfahren entschieden. Das VG hat damit den Eilantrag einer Kontrolleurin abgelehnt, die eine Frachtsendung als sicher eingestuft hatte, ohne sie vorher selbst überprüft zu haben.

Die 29 Jahre alte Antragstellerin war als zertifizierte Kontrollkraft in Düsseldorf bei einem Unternehmen beschäftigt, das behördlich als "reglementierter Beauftragter" zugelassen ist. Das Unternehmen darf damit Sicher­heits­kon­trollen an Luftfracht-Sendungen durchführen, bevor diese auf ein Flugzeug verladen werden. Im Februar 2022 führten Mitarbeiter des LBA bei dem Unternehmen eine Sicher­heits­über­prüfung durch. Dabei fiel ihnen eine Sendung auf, die aus 8 Kisten mit Zahnrädern aus Stahl bestand, ein Gesamtgewicht von fast 10 Tonnen hatte und für einen Flug von Düsseldorf nach Tianjin in China vorgesehen war. Die Mitarbeiter stellten fest, dass die Kontrollkraft die Sendung im Air Waybill (Luftfrachtbrief) als "sicher" für Flugzeuge (einschließlich Passa­gier­flugzeuge) eingestuft hatte, obwohl sie die Kontrolle gar nicht selbst durchgeführt hatte. Eine andere Kontrollkraft hatte die Kisten per Röntgengerät geprüft und dabei keine Beanstandung erhoben, obwohl auf dem Röntgenschirm große schwarze Flächen zu erkennen waren. Die Antragstellerin machte geltend, sie habe den Luftfrachtbrief versehentlich gestempelt und unterschrieben. Das LBA untersagte ihr die Tätigkeit als Kontrollkraft, weil ihr Verhalten den Luftverkehr gefährde. Der Arbeitgeber kündigte daraufhin das Arbeits­ver­hältnis mit der Antragstellerin. Auch der anderen Kontrollkraft untersagte das LBA die Tätigkeit; ein Verfahren vor der Kammer gibt es dazu bislang nicht.

Besonders strenge Anforderungen an Sicher­heits­kon­trollen

Das Verwal­tungs­gericht lehnte den Eilantrag ab. Zur Begründung führte die Kammer unter anderem aus: Kontrollkräfte für Fracht und Post hätten eine besonders wichtige Funktion in der "sicheren Lieferkette", die die europa­recht­lichen Regeln zur Luftsicherheit vorsehen. Diese Regeln wollten eine lückenlose Sicher­heits­kon­trolle von Fracht und Post bis zur Verladung in das Flugzeug gewährleisten, um auszuschließen, dass sich in der Ladung Sprengsätze oder andere verbotene Gegenstände befinden, die für einen Terrorakt verwendet werden können. An Sicher­heits­kon­trollen seien daher besonders strenge Anforderungen zu stellen. Diese habe die Antragstellerin verletzt. Sie habe den Sicher­heits­status ohne eigene Kontrolle, also "blind" vergeben. Darin liege ein schwerwiegender Sorgfalts­verstoß, der grundlegende Zweifel an der Verlässlichkeit der Kontrollkraft begründe. Dass sich dieses Verhalten wiederhole, sei nicht mit der erforderlichen Sicherheit auszuschließen. Der einmalige schwere Sorgfalts­verstoß genüge für das Tätigkeitsverbot.

Bereits eingetretener Schaden für Tätig­keits­un­ter­sagung nicht erforderlich

Es sei auch nicht erforderlich, dass bereits ein Schaden eingetreten sei. Im Rahmen der Sicher­heits­kon­trollen von Fracht- und Postsendungen, die in ein Flugzeug verladen werden sollen, müssten versehentliche Fehler wegen der drohenden schweren Folgen für eine Vielzahl von Menschen jederzeit ausgeschlossen sein. Die Tätig­keits­un­ter­sagung sei auch mit dem Grundsatz der Verhält­nis­mä­ßigkeit vereinbar und verletze daher nicht das Grundrecht der Antragstellerin auf Berufsfreiheit. Aus ihrem Fehlverhalten ergebe sich gegenwärtig die konkrete Gefahr, dass bei ihrer Weiter­be­schäf­tigung als Kontrollkraft verbotene Gegenstände an Bord eines Flugzeugs gelangen und so gravierende Schäden insbesondere für Leib und Leben von Fluggästen, Crew und Flugha­fen­personal entstehen. Ein sofortiges Einschreiten sei daher zwingend geboten gewesen. Rechtlich zu beanstanden sei auch nicht, dass das LBA die Tätig­keits­un­ter­sagung nicht von vornherein befristet habe. Wenn sich irgendwann Änderungen ergäben, die eine andere Gefah­ren­prognose rechtfertigen könnten, könne die Antragstellerin einen Antrag beim LBA auf Aufhebung des Tätig­keits­verbots stellen; das LBA habe dann zu prüfen, ob die konkrete Gefahr noch bestehe. Die Antragstellerin kann gegen den Beschluss des Verwal­tungs­ge­richts Beschwerde beim Oberver­wal­tungs­gericht in Lüneburg einlegen.

Quelle: Verwaltungsgericht Braunschweig, ra-online (pm/ab)

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