15.11.2024
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Dokument-Nr. 5923

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Beschluss02.04.2008Verwaltungsgericht BerlinVG 35 A 52.08
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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss02.04.2008

Private Sportwetten im Land Berlin vorerst weiter zulässig

Nach einer Eilentscheidung des Verwal­tungs­ge­richts Berlin darf ein privater Unternehmer vorläufig weiter Sportwetten im Land Berlin anbieten. Das Gericht ordnete jetzt die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen eine durch das Berliner Landesamt für Bürger- und Ordnungs­an­ge­le­gen­heiten erlassene Unter­sa­gungs­ver­fügung an.

Hintergrund des Beschlusses ist das grundlegende Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts vom 28. März 2006, mit dem es die damalige Ausgestaltung des staatlichen Sport­wet­ten­mo­nopols trotz ihrer Unvereinbarkeit mit dem Grundrecht der Berufsfreiheit für eine Übergangszeit weiterhin für anwendbar erklärt und den Gesetzgeber aufgefordert hatte, bis zum 31. Dezember 2007 die Veranstaltung und Vermittlung von Sportwetten neu zu regeln. In einer Vielzahl von Fällen vor Ablauf dieser Übergangsfrist hatten das Verwal­tungs­gericht Berlin und das Oberver­wal­tungs­gericht Berlin-Brandenburg entschieden, dass im Land Berlin die für die Übergangszeit geforderten tatsächlichen Minde­st­an­for­de­rungen erfüllt würden.

Nach Ansicht der 35. Kammer des Gerichts stellt sich die Rechtslage nach Ablauf der Übergangsfrist nunmehr anders dar. Es bestünden erhebliche Zweifel daran, ob der am 1. Januar 2008 in Kraft getretene Glückss­piel­staats­vertrag der Länder und das Berliner Glückss­piel­gesetz mit der verfas­sungs­recht­lichen Berufsfreiheit vereinbar seien. Es sei fraglich, ob die neue rechtliche Ausgestaltung des staatlichen Sport­wet­ten­mo­nopols mit dem grundsätzlichen Ausschluss privater Anbieter konsequent am Ziel der Begrenzung der Wettlei­den­schaft und der Bekämpfung der Wettsucht ausgerichtet sei, wie es die strengen Vorgaben des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts erforderten.

(1) So werde die Entscheidung über Art und Zuschnitt der Sportwetten im Wesentlichen nicht im Gesetz selbst getroffen, sondern der Innenverwaltung in einem künftigen Erlaub­nis­ver­fahren überlassen.

(2) Auch sei nicht ersichtlich, dass der Gesetzgeber gestaltend auf den Vertrieb der Sportwetten durch die Deutsche Klassenlotterie Berlin (DKLB) als dem staatlichen Monopolisten eingewirkt habe. Vielmehr werde trotz der Kritik des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts an dem breit gefächerten Netz von Annahmestellen festgehalten, so dass die Möglichkeit zum Wetten auf Sportereignisse ein allerorts verfügbares Gut des täglichen Lebens bleibe. In Berlin bestehe weiterhin eine größere Dichte von Annahmestellen als diejenige, die vom Bundes­ver­fas­sungs­gericht beanstandet worden sei.

(3) Weiterhin fehle es an ausreichenden strukturellen Vorgaben zu einer Begrenzung der Werbung für die staat­li­cherseits angebotenen Sportwetten. So bleibe eine beträchtliche Zahl von Werbeträgern wie Zeitschriften und Rundfunk weiterhin zulässig, und es werde keine Abhilfe dagegen geschaffen, dass Sportwetten in der Werbung als positiv bewertete Unterhaltung dargestellt werde.

(4) Ferner bestünden erhebliche Zweifel, ob die verfas­sungs­recht­lichen Vorgaben zum Spielerschutz ausreichend beachtet worden seien. So habe man zwar einige Maßnahmen zur Abwehr von Suchtgefahren vorgesehen, beispielsweise Aufklä­rungs­pflichten und Spielersperren. Gleichwohl fehle es weiterhin insbesondere an einer gesetzlich bestimmten wöchentlichen oder monatlichen Höchst­ei­n­satz­grenze.

(5) Schließlich habe der Gesetzgeber mit der Aufrecht­er­haltung des staatlichen Monopols neben der allein erlaubten Zielsetzung von Bekämpfung und Kanalisierung der Spielsucht offenbar - wie u.a. die Debatte im Abgeord­ne­tenhaus gezeigt habe - auch das vom Verfas­sungs­gericht als unzulässig erachtete Hauptziel finanzieller Einnahmen verfolgt, um der DKLB die weitere Erfüllung ihre gemeinnützigen Aufgaben zu ermöglichen.

Einer Vorlage an das Bundes­ver­fas­sungs­gericht bedurfte es im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes nicht, vielmehr bleibt diese ggf. dem Haupt­sa­che­ver­fahren vorbehalten, in dem voraussichtlich zu klären sein wird, welche Maßnahmen das Land Berlin zur Bekämpfung der Spiel­lei­den­schaft in Bereichen mit besonderem Gefähr­dungs­po­tential (wie bei Glückss­piel­au­tomaten und Casinospielen) ergriffen hat.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 16/08 des VG Berlin vom 16.04.2008

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