15.11.2024
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Dokument-Nr. 2876

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Verwaltungsgericht Berlin Beschluss17.08.2006

Verbot der privaten Veranstaltung von Sportwetten erneut bestätigtVG Berlin bestätigt Verbot in vorläufigem Rechts­schutz­ver­fahren

Der Antragsteller betreibt in Berlin eine Annahmestelle für Sportwetten. Dort vermittelt er seit dem 1. Oktober 2004 Sportwetten für die in Gibraltar ansässige Firma D. Limited. Der Antragsteller besitzt für seine Vermitt­lung­s­tä­tigkeit keine auf das Land Berlin bezogene Erlaubnis. Die Firma D. Limited besitzt eine Konzession des Government of Gibraltar zur Veranstaltung von Sportwetten im Ausland ("off-shore bookmaking").

Mit Bescheid vom 21. April 2005 untersagte das Landesamt für Bürger- und Ordnungs­an­ge­le­gen­heiten dem Antragsteller - sofort vollziehbar, also mit sofortiger Wirkung - jegliche Vermittlung von Sportwetten. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Tätigkeit des Antragstellers, das Vermitteln von Sportwetten, sei die "öffentliche Veranstaltung eines Glücksspiels bzw. das Bereitstellen von Einrichtungen hierzu" im Sinne des § 284 StGB. Derartige Glücksspiele seien ohne - die dem Antragsteller fehlende - behördliche Erlaubnis verboten.

Hiergegen erhob der Antragsteller Widerspruch und beantragte beim Verwal­tungs­gericht Berlin, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wieder­her­zu­stellen, also ihn bis zur endgültigen Entscheidung über seinen Widerspruch von der Verpflichtung freizustellen, den Bescheid vom 21. April 2005 zu befolgen. Zur Begründung führte er aus, eine Sportwette sei bereits kein "Glücksspiel" im Sinne des § 284 StGB. Auch sei die Vermittlung einer solchen Sportwette kein "Veranstalten" eines Glücksspiels im Sinne des § 284 StGB. Nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts sei der Ausschluss Privater von der Veranstaltung von Glücksspielen (staatliches Wettmonopol) nur dann gerechtfertigt, wenn die staatlichen Glückss­pie­l­an­gebote am Ziel der Bekämpfung der Wettsucht und der Begrenzung der Wettlei­den­schaft ausgerichtet seien. Das sei derzeit nicht erkennbar. Schließlich verstoße die Untersagung gegen europäisches Recht. Die Firma D. Limited dürfe ihre Sportwetten im Rahmen der ihr europarechtlich eingeräumten Dienstleistungsfreiheit im gesamten Gebiet der Europäischen Union anbieten.

Das Verwal­tungs­gericht hat den Antrag mit Beschluss vom 17. August 2006 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die gegenüber dem Antragsteller ausgesprochene Untersagung seiner Vermitt­lung­s­tä­tigkeit für Sportwetten werde im Haupt­sa­che­ver­fahren voraussichtlich Bestand haben. Sie sei bei summarischer Prüfung rechtmäßig.

Die Vermittlung von Sportwetten ohne staatliche Erlaubnis verstoße gegen § 284 StGB. Die im Büro des Antragstellers vermittelten "Oddset-Wetten" seien Glücksspiele im Sinne des § 284 StGB. Ein Glücksspiel liege dann vor, wenn der Erfolg im Spiel alleine oder überwiegend vom Zufall abhänge. Zwar sei das Ergebnis einer Sportwette in gewissem Maße auch von den Fachkenntnissen des Teilnehmers abhängig. Dem gegenüber träten aber die Zufallselemente deutlich in den Vordergrund.

Indem der Antragsteller Unterlagen zum Abschluss von Sportwetten bereithalte, stelle er zumindest Einrichtungen für ein Glücksspiel im Sinne des § 284 StGB bereit.

Der Antragsteller habe auch keine Erlaubnis zur Veranstaltung von Sportwetten in Berlin. Er könne sich auch nicht auf die der D. Limited in Gibraltar erteilte Konzession berufen. Diese gelte auch unter Berück­sich­tigung der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes nicht in Berlin. Für die Annahme, eine in einem Mitgliedsstaat der Europäischen Union erteilte Erlaubnis könnte ohne weiteres auch in jedem anderen Mitgliedsstaat Geltung beanspruchen, gebe es keine Grundlage in den Verträgen über die Europäische Union.

Der Antragsteller sei auch nicht in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG (Berufsfreiheit) verletzt. Auch nach dem Urteil des Bundes­ver­fas­sungs­ge­richts zum Sport­wet­ten­monopol dürften die geltenden Beschränkungen für die Veranstaltung von Sportwetten zunächst weiter angewendet werden, sofern unverzüglich ein Mindestmaß an Konsistenz zwischen dem Ziel der Begrenzung der Wettlei­den­schaft und der Bekämpfung der Wettsucht einerseits und der tatsächlichen Ausübung des staatlichen Wettmonopols andererseits hergestellt werde.

Nach Ansicht des Gerichts werden diese bundes­ver­fas­sungs­ge­richt­lichen Anforderungen an das staatliche Wettverhalten in Berlin zwischen­zeitlich gewahrt. Die für Berlin zuständigen staatlichen Stellen hätten durch eine ganze Reihe von Maßnahmen die Umsetzung der genannten Anforderungen eingeleitet. Dies betreffe insbesondere die Beschränkung der Werbung, den Schutz der Spieler, die Beachtung des Geldwä­sche­ge­setzes und die Verhinderung von Begleit­kri­mi­nalität bei der staatlichen Organisation von Sportwetten sowie die Aufklärung über Suchtgefahren.

Eine andere Einschätzung könne für die Zukunft aber dann geboten sein, wenn es in der nächsten Zeit nicht zu weiteren Einschränkungen der Werbe­ak­ti­vitäten der Deutschen Klassenlotterie Berlin oder deren Werbepartner komme oder wenn übermäßige Werbeaktivität, wie während der Fußball-Weltmeis­ter­schaft 2006, zu verzeichnen sei.

Schließlich könne der Antragsteller sich auch nicht auf die europarechtlich garantierte Dienst- oder Niederlassungsfreiheit berufen. Denn die Gründe, die derzeit noch die Beschränkung der Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) des Antragstellers rechtfertigen würden, würden auch die Einschränkung der Dienstleistungs- bzw. Nieder­las­sungs­freiheit tragen.

Quelle: ra-online, Pressemitteilung Nr. 15/06 des VG Berlin vom 21.08.2006

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