Verwaltungsgericht Berlin Urteil07.01.2016
Eltern haben kein Recht auf bestimmtes SchulbuchBerliner Schulgesetz verleiht keinen Anspruch auf Verwendung bestimmter Lehr- und Lernmittel
Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden, dass Eltern nicht verlangen können, dass in der Schule bestimmte Schulbücher verwendet werden.
Der Kläger des zugrunde liegenden Streitfalls ist Vater eines 17-jährigen Schülers, der eine Oberschule in Berlin-Kreuzberg besucht. Im Geschichtsunterricht des Sohnes kam ein Schulbuch zur Verwendung, in welchem die Landung der alliierten Truppen in Frankreich am 6. Juni 1944 als "Invasion" bezeichnet wird. Diese Darstellung hält der Kläger für unzutreffend, da die Alliierten nicht als "Invasoren" angesehen werden könnten. Die Darstellung verunglimpfe somit die gefallenen Soldaten. Zudem werde der Überfall der Wehrmacht auf seine westlichen Nachbarn im Jahr 1940 in dem Buch verharmlosend als "Offensive im Westen" bezeichnet. Im Unterricht wurden die kritisierten Formulierungen daraufhin mit den Schülern diskutiert. Dem Kläger reichte dies nicht. Er fordert von der Schulverwaltung die Verwendung eines anderen Geschichtswerks; das Berliner Schulgesetz verpflichte die Schule zu Stellungnahmen gegen die Gewaltherrschaft des NS-Regimes.
Formulierungen im Schulbuch verletzen nicht staatliches Neutralitätsgebot
Das Verwaltungsgericht Berlin wies die Klage bereits als unzulässig ab, weil der Kläger nicht klagebefugt sei. Er werde durch die Verwendung des Schulbuchs nicht in eigenen Rechten verletzt. Das Berliner Schulgesetz verleihe weder Eltern noch Schülern einen Anspruch auf Verwendung bestimmter Lehr- und Lernmittel. Auch sei der Kläger durch die Wahl des Schulbuchs nicht in seinem aus Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes folgenden Recht auf Erziehung beeinträchtigt. Insbesondere verletzten die konkreten Formulierungen nicht das staatliche Neutralitätsgebot. Sie seien in dem Buch Teil einer Schilderung militärischer Vorgehensweisen. Im Sinne einer kriegerischen Operation der Einnahme oder Rückeroberung eines vom Gegner besetzten Gebietes werde gerade auch in den Ländern der beteiligten Alliierten der Begriff "Invasion" für die Landung in der Normandie verwendet. Auf eine Verunglimpfung der alliierten Soldaten oder eine Verharmlosung der Angriffe der Wehrmacht deute in dem Schulbuch nichts hin.
© urteile.news (ra-online GmbH), Berlin 03.02.2016
Quelle: Verwaltungsgericht Berlin/ra-online