18.10.2024
18.10.2024  
Sie sehen eine Reihe mit gelben Aktenordnern, die mit Barcodes markiert sind.

Dokument-Nr. 29398

Drucken
Beschluss03.11.2020Verwaltungsgericht BerlinVG 14 L 508.20
ergänzende Informationen

Verwaltungsgericht Berlin Beschluss03.11.2020

Konzertverbot der SARS-CoV-2-Infek­ti­o­ns­schutz­verordnung des Landes Berlin einstweilen nicht zu beanstanden

Nach der zum 2. November 2020 in Kraft getretenen SARS-CoV-2-Infek­ti­o­ns­schutz­verordnung des Landes Berlin (VO) sind u.a. Konzerte verboten. Hiergegen wandten sich u.a. ein sechsjähriger Pianist und eine erwachsene Pianistin, die gemeinsam am Abend des 3. November 2020 zwei Konzerte im Apollo-Saal der Staatsoper Unter den Linden zu geben beabsichtigen.

Die 14. Kammer hat den Eilantrag zurückgewiesen. In dem Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sei nicht mit der erforderlichen sehr hohen Wahrschein­lichkeit davon auszugehen, dass sich das angegriffene Verbot in einem etwaigen Haupt­sa­che­ver­fahren als rechtswidrig erweisen werde. Vielmehr erscheine der Ausgang eines solchen Verfahrens als offen.

Die VO beruhe auf einer verfas­sungs­kon­formen Rechtsgrundlage und verstoße weder gegen den Parla­ments­vor­behalt bzw. das Wesent­lich­keits­prinzip noch gegen die verfas­sungs­recht­lichen Anforderungen an Verord­nungs­er­mäch­ti­gungen. Angesichts der dem Gericht zur Prüfung des Rechts­schutz­an­trages nur zur Verfügung stehenden, äußerst kurzen Zeitspanne sei vorerst nur eine grobe Prüfung der Sach- und Rechtslage möglich. Danach stelle sich der in Rede stehende Eingriff in die Kunstfreiheit als nicht offenkundig rechtswidrig dar.

Verbot dient legitimem Zweck

Das Verbot diene im Zusammenwirken mit anderen in der VO normierten Maßnahmen und Vorgaben dem legitimen Zweck, Neuinfektionen mit der Krankheit COVID-19 soweit als möglich vorzubeugen, deren Ausbrei­tungs­ge­schwin­digkeit zu verringern und damit die Funkti­o­ns­fä­higkeit des öffentlichen Gesund­heits­systems zu schützen. Hierzu erscheine das Verbot auch geeignet, denn es verhindere, dass Menschen – und zwar sowohl künstlerisch Tätige als auch Publikum – aus Anlass der in Rede stehenden Veranstaltungen in geschlossenen Räumen, im räumlichen Umfeld der Konzertstätte sowie auf den vor und nach dem Konzert zurück­zu­le­genden Wegen aufein­an­der­träfen.

Die Antragsteller hätten nicht dargetan, dass das Verbot nicht erforderlich sei. Auch die von den Antragstellern angeführte Untersuchung eines Live-Konzerts am 22. August 2020 in Leipzig belege nicht, dass von Konzerten keinerlei Infek­ti­o­ns­risiko ausgehen könne. Im Gegenteil deute die Untersuchung darauf hin, dass bei einer unzureichenden Raumlufttechnik bereits von einer einzigen infizierten Person selbst in einem sehr großen Veran­stal­tungsraum ein ganz erhebliches Infek­ti­o­ns­risiko ausgehen könne. Die mit der Kunstfreiheit kollidierenden Grundrechte Dritter und die sonstigen mit Verfassungsrang ausgestatteten Rechtsgüter habe der Verord­nungsgeber hier nicht in offenkundig rechtswidriger Weise miteinander in Ausgleich gebracht. Das Verbot diene dem Schutz der Gesundheit und des Lebens jedes/jeder Einzelnen wie auch dem Erhalt eines funkti­o­ns­fähigen Gesund­heits­wesens und damit Individual- und Gemein­schafts­gütern von höchstem verfas­sungs­recht­lichem Rang.

Verbot ist bis zum 30. November 2020 befristet und eine Überprüfung Mitte November geplant

Zudem sei es bis zum 30. November 2020 befristet, und eine Bewertung und ggf. Anpassung der aktuell ergriffenen Maßnahmen solle bereits Mitte November erfolgen. Den Antragstellern verbleibe zudem die Möglichkeit das Konzert – sei es „live“ oder als Aufzeichnung – in Ton und Bild auf elektronischem Wege sowie über geeignete Speichermedien dem interessierten Publikum zugänglich zu machen. Die Ungleich­be­handlung verbotener Konzert­ver­an­stal­tungen vor Publikum einerseits und den für das Publikum weiterhin geöffneten Betrieben und Einrichtungen, etwa des Einzelhandels, sei nicht offenkundig sachwidrig. Nachteilige wirtschaftliche Folgen würden schließlich durch von der öffentlichen Hand bereitgestellte finanzielle Hilfen möglichst weitgehend abgefedert.

Quelle: Verwaltungsgericht Berlin, ra-online (pm/pt)

Urteile sind im Originaltext meist sehr umfangreich und kompliziert formuliert. Damit sie auch für Nichtjuristen verständlich werden, fasst urteile.news alle Entscheidungen auf die wesentlichen Kernaussagen zusammen. Wenn Sie den vollständigen Urteilstext benötigen, können Sie diesen beim jeweiligen Gericht anfordern.

Wenn Sie einen Link auf diese Entscheidung setzen möchten, empfehlen wir Ihnen folgende Adresse zu verwenden: https://urteile.news/Beschluss29398

Bitte beachten Sie, dass im Gegensatz zum Verlinken für das Kopieren einzelner Inhalte eine explizite Genehmigung der ra-online GmbH erforderlich ist.

Die Redaktion von urteile.news arbeitet mit größter Sorgfalt bei der Zusammenstellung von interessanten Urteilsmeldungen. Dennoch kann keine Gewähr für Richtigkeit und Vollständigkeit der über uns verbreiteten Inhalte gegeben werden. Insbesondere kann urteile.news nicht die Rechtsberatung durch eine Rechtsanwältin oder einen Rechtsanwalt in einem konkreten Fall ersetzen.

Bei technischen Problemen kontaktieren Sie uns bitte über dieses Formular.

VILI